15.Kapitel

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>>Ich habe die Einladung zu Nils Hochzeit auf dem Wohnzimmertisch liegen sehen.<<, sagte Mama am nächsten Morgen, als ich gerade mit meinem Schulrucksack und völlig verweinten Augen das Haus verlassen wollte. Sobald sie das Wort Hochzeit erwähnte, blieb ich wie versteinert stehen und spürte wieder die unglaubliche Wut, die ich schon den ganzen Morgen zu unterdrücken versucht hatte.

>>Ich freue mich so für Nils.<<, redete Mama weiter und ich drehte mich mit einem gespielten und wahrscheinlich überhaupt nicht überzeugenden Lächeln zu ihr um.

>>Ja<<, stimmte ich ihr miesmutig zu, >>Ich mich auch.<<

>>Sag mal Kira, ist Nils eigentlich mehr als nur ein Freund für dich?<<

Ich schwieg und wich Mamas Blick aus, damit sie nicht sehen konnte, dass ich rot wurde. >>Nein<<, sagte ich nach einiger Zeit leise, >>Nein! Wir sind nur Freunde...<<

>>Du empfindest also nicht mehr als nur Freundschaft für ihn?<<, hakte Mama nach.

>>Nein, warum sollte ich?<<

>>Du hast immer so gute Laune, wenn er da ist.<< Mama streichelte mir durchs Haar. >>Und jetzt, wo er dir von seiner Hochzeit erzählt hat, siehst du verdammt traurig aus.<<

>>Da irrst du dich. Wir sind Freunde – mehr nicht. Und ich will auch gar nicht mehr.<<, log ich und schaute zu Boden. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Mama mir das glaubte, aber zum Glück fragte sie nicht weiter nach.

>>Dann ist ja gut!<<, sagte sie lächelnd, >>Er wäre sowieso zu alt für dich gewesen.<<

>>Ja, das wäre er.<<, nickte ich, drehte mich um, verließ das Haus und knallte die Tür hinter mir zu. Mit Tränen in den Augen machte ich mich auf den Weg zur Schule.

Dort begrüßte Milena mich sofort gut gelaunt mit einer Umarmung, doch dann bemerkte sie die verweinten Augen und den unglücklichen Gesichtsausdruck und ihre gute Laune schwang zu Besorgnis um.

>>Alles gut bei dir?<<, fragte sie und reichte mir ein Taschentuch. >>Hier, du siehst aus, als könntest du es gebrauchen...<<

>>Danke!<< Ich schnäuzte ins Taschentuch.

>>Was ist denn los?<<

>>Nils war gestern da...<<, sagte ich mit einem Seufzen und schluchzte noch einmal ins Taschentuch.

>>Hast du ihm endlich deine Liebe gestanden?<< Aufgeregt zog Milena mich übern Pausenhof.

>>Er hat mir seine gestanden.<<

>>Das ist doch super!<< Milena strahlte mich an. Ich antwortete nicht, sondern ging einfach nur schweigend neben ihr her. >>Aber warum weinst du dann?<<, fragte Milena nach einiger Zeit mit einem Stirnrunzeln.

>>Er hat mir seine Liebe zu einer anderen gestanden! Zu seiner Verlobten!<<

Milena schnappte nach Luft. >>Nicht dein Ernst!<< Sie blieb stehen und schaute mich mit großen Augen an.

>>Er hat mich zu seiner... Hochzeit eingeladen...<< Verzweifelt unterdrückte ich einen weiteren Heulanfall.

>>Was für ein Arschloch!<< Ungläubig schüttelte Milena den Kopf. >>Ich geh jetzt zu ihm und schlag ihm so hart ins Gesicht, dass er sich wünscht, er hätte dir einen Heiratsantrag gemacht. Ist das ein guter Plan oder ist das ein guter Plan?<<

>>Das ist nicht lustig.<<

>>Ich weiß. Tut mir leid!<< Milena nahm mich in ihre Arme und drückte mich so fest an sich, dass ich kaum noch Luft bekam. >>Bist du dir denn sicher, dass er wirklich jemand anderes heiratet? Vielleicht sollte das ja auch nur ein Scherz oder so sein oder...<<

>>Ich kenne ihn doch. Er macht über solche Sachen keine Scherze. Und selbst wenn, hätte er es mir gesagt, bevor er gegangen ist. Er hat mich sogar gefragt, ob ich auf seiner Hochzeit Liebeslieder vorspielen kann.<<

>>Ach, deswegen hat er dir die Lieder gegeben.<<

>>Ja<<, nickte ich frustriert, >>Und deswegen ist er auch letzte Woche extra zur Schule gefahren, um mir Unterricht zu geben: Er wollte schließlich keine Stunde verpassen, damit wir möglichst viel üben können und ich bei seiner... Hochzeit auch richtig schön spiele. Und seine gute Laune ist auch nicht wegen mir, sondern wegen seiner Hochzeit mit dieser blöden Mina!<<

>>Mina heißt die? Was für ein bescheuerter Name!<<

Ich lächelte ein wenig, besser gesagt, ich versuchte zu lächeln. Es gelang mir nicht wirklich. >>Nils und Mina. Klingt das nicht blöd?<<

>>Furchtbar!<<, stimmte Milena mir zu, >>Nils und Kira sollte es heißen!<<

Nickend wischte ich mir eine Träne von der Wange. >>Ich wünschte, es würde so heißen!<<

>>Es wird noch so heißen, glaub mir.<<

>>Aber wenn er Mina heiratet...<<

>>Du musst ihm vor der Hochzeit klarmachen, dass du die Richtige für ihn bist. Flirte mit ihm, beeindrucke ihn... mach ihn einfach irgendwie in dich verliebt! Ich bin mir sicher, ihm wird noch rechtzeitig auffallen, dass du der wundervollste Mensch auf der Welt und wie geschaffen für ihn bist! Und dann sagt er diese Hochzeit ab und heiratet stattdessen dich.<<

>>Aber... <<

>>Bestimmt ist diese Mina total hässlich, dumm und gefühlslos.<<, sprach Milena weiter, >>Du musst Nils nur von ihr befreien, indem du ihn dazu bringst, dich zu lieben.<<

>>Meinst du?<<, fragte ich schluchzend nach und nahm mir ein neues Taschentuch.

>>Ich bin mir ganz sicher!<<

>>Danke<<, lächelte ich und dieses Mal gelang mir das Lächeln sogar. >>Ich werde es versuchen...<<

>>Du wirst es nicht versuchen...<< Milena zwinkerte mir zu und erinnerte mich daran wieder an Nils und sein süßes Zwinkern. >>...du wirst es schaffen!<<

Der KlavierlehrerDonde viven las historias. Descúbrelo ahora