❇️Step 26❇️

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Ryujin

Yeji und ich hatten über die letzten Wochen eine Freundschaft aufgebaut, die mich faszinierte. Ich hatte viele Facetten dieser jungen Frau kennenlernen können, erfuhr viel über ihren Hintergrund und ihre Erlebnisse mit Felix zusammen und glaubte manchmal, alles über sie zu wissen. Auch wenn ich innerlich wusste, dass das nicht der Wahrheit entsprach, lag zwischen uns eine Vertrautheit und eine Verbundenheit, die mich überraschte und neugierig machte.

Ich musste gestehen, selbst wenn ich gelegentlich den Gedanken gehegt hatte, war mir nie in den Sinn gekommen, eine Frau lieben zu können. Meine Vorstellungskraft hatte schlicht und ergreifend nicht dafür ausgereicht, es erschien mir mehr wie ein Wunder zu sein, dass ich ausgerechnet jetzt anfing, darüber nachzudenken. Zumal Yeji selbst zugegeben hatte, dass sie nicht wusste, was Liebe war, sie hatte dieses Gefühl nie empfunden und glaubte nicht einmal so wirklich daran.

Ich hingegen schon, aber trotzdem... war es irgendwie merkwürdig.

Woran es genau lag, dass ich manchmal ein sehr jungenhaftes Verhalten an den Tag legte, konnte ich nicht genau sagen. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass ich viele männliche Freunde gehabt hatte, seit ich ein kleines Mädchen war, oder vielleicht war es auch nur eine Eigenschaft, die mich ausmachte. Im ersten Moment kam man ohnehin nicht darauf, meine rosafarbenen Haaren und die Tatsache, dass ich gelegentlich einen Rock trug, verdeutlichten allen, dass ich sehr wohl eine weibliche Seite hatte. Und doch mochte ich es, Yeji das niedliche Kichern zu überlassen und meine eigene zärtliche Seite einzustellen.

Gerade bei Yeji.

Ich wusste nicht, wie sie das machte, aber dank dieser Frau war es mir gelungen, mehr Seiten an mir selbst wiederzufinden. Meine Unsicherheit und Schüchternheit wich meinem wahren Charakter, meine fröhliche und aufgedrehte Art kam häufiger hervor und tatsächlich gelang es mir mit dieser sogar, Yejis kühle Miene zu schmelzen und sie zum Lächeln zu bringen. Obwohl sie es oft versteckte und offensichtlich nicht wollte, dass Menschen sie ohne ihre harte Schale sahen, begann sie sich immer häufiger, mir gegenüber zu öffnen und sich... menschlicher zu verhalten. Es war, als wären wir die Medizin des jeweils anderen, damit dieser lernte, sich selbst treu zu bleiben. Und von Mal zu Mal wurde es lustiger.

Durch unsere vielen Gespräche hatte ich herausgefunden, dass Yeji es liebte, Klamotten kaufen zu gehen oder durch Läden zu schlendern, in denen es außergewöhnliche Dinge zu finden gab. Ihr zuliebe hatte ich mich auf eine Shoppingtour eingelassen, weshalb wir einen ganzen Tag lang durch die Stadt gelaufen waren und Dinge eingekauft hatten. Es hatte uns beiden eine Menge Spaß gemacht, wir hatten überraschend viel gelacht und heimlich Scherze gerissen, indem wir uns verschiedene Klamotten genommen und dann als jemand anderen ausgegeben hatten. Besonders unsere Imitationen von Felix und Changbin waren verdammt lustig gewesen und ich glaubte, nie zuvor so viel Spaß gehabt zu haben.

Es war, als hätte ich in Yeji eine beste Freundin gefunden. Nur irgendwie... anders.

Jedoch war mir vor allem während den letzten Tagen aufgefallen, wie oft Yeji zu Kaffee griff und langsam befürchtete ich, dass sie völlig übermüdet und überarbeitet war. Felix ging oftmals mit Changbin aus, sodass sie mehr arbeiten musste und kaum war es mir einigermaßen möglich, hatte ich angefangen, ihr in dem Club Besuche abzustatten. So konnte ich ihr zumindest mentale Unterstützung geben und ein Auge auf sie haben, sollte sie plötzlich zusammenbrechen, da ich auch mit ihr in den Backstage Bereich durfte. Dennoch machte ich mir Sorgen, denn wenn sie ihre Lebensart nicht bald änderte, könnte das böse enden... und das meinetwegen...

Leicht schüttelte ich meinen Kopf und versuchte mich auf das Lied zu konzentrieren, das ich gerade durch meine Kopfhörer anhörte. 'Twilight' hieß es und war von Oneus, einer noch recht neuen Gruppe, die Yeji - zurecht - wirklich liebte. Jedes Mal, wenn ein Lied von ihnen irgendwo zu hören war, konnte sie sich nicht mehr halten und begann, mitzutanzen. Inzwischen konnte ich ihr dabei zusehen und versuchte mir die Schritte einzuprägen, in der Hoffnung, irgendwann mit ihr tanzen zu können. Das wäre wirklich schön, wenngleich es vermutlich reines Wunschdenken bleiben würde.

Auf einmal war ich ziemlich aufgeregt und beschleunigte meine Schritte zu Changbin, mit dem ich an diesem Abend zusammen zu dem Club gehen würde. Dort würden wir Yeji und Felix antreffen und da ich es nicht hatte abwarten können, war ich früher losgegangen, damit ich so schnell wie möglich Yeji wiedersehen konnte. Mein Herz schlug bei dem Gedanken an die hübsche Brünette ein wenig schneller und lenkte mich so sehr ab, dass ich beinahe an Changbins Haus vorbei gelaufen wäre.

Jedoch kam ich zum Glück noch rechtzeitig zum Stehen und wollte gerade die Klingel drücken, als die Tür geöffnet wurde und ein dunkelhaariger, ziemlich großer, junger Mann aus der Tür trat. Überrascht ging ich einen Schritt zurück und musterte den verschwitzten Schönling, unter dessen einem Auge sich ein kleines Muttermal befand. Er zwinkerte mir einmal leicht zu, hatte ein zufriedenes Grinsen auf seinen Lippen und begrüßte mich sogar höflich, ehe er an mir vorbei ging und sich augenscheinlich leicht humpelnd auf den Heimweg machte. Doch ich sah ihm nur perplex und irritiert nach, hoffte ganz stark, dass meine Vermutung falsch war.

Changbin hatte nicht ehrlich mit diesem Typen geschlafen... oder?

Stripper ★ RyejiWhere stories live. Discover now