❇️Step 30❇️

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Ryujin

"Du bist ja lustig. Es hat sich einfach in dem Moment richtig angefühlt?", wiederholte Yeji meine Worte und legte fragend ihren Kopf schief. Ihr war anzusehen, dass ihr diese Antwort nicht genügte, weshalb ich meinen Blick abwandte und automatisch zu grinsen begann. Irgendwie mochte ich es, sie ein wenig zu ärgern, aber da ich nicht so gemein sein wollte, überlegte ich, was ich noch dazu sagen konnte. Schließlich musste ich sie irgendwie zufrieden stellen, bevor es unangenehm werden würde.

"Ja, das hat es. Ich habe noch nie zuvor eine Frau geküsst und mein letzter Kuss ist schon eine Weile her. Gerade hatte ich einfach den Drang dazu, deine Lippen zu spüren und... nun, ich bereue es nicht. Es hat sich eben richtig angefühlt und meine Neugier gestillt, die in den letzten Wochen langsam aufgekeimt ist. Dich zu küssen hat sich einfach... schön angefühlt", erklärte ich meine Gedanken und lehnte mich mehr an die Wand hinter mir. Die Ältere tat es mir gleich und beobachtete mich einen Moment schweigend, schien zu überlegen, was sie antworten sollte. Anscheinend hatte sie nicht mit solchen Worten gerechnet.

"Hat er dir denn auch gefallen?", wollte ich nun zaghaft wissen, weil ich nicht ganz wusste, was ich von ihrer Reaktion halten sollte. Gedankenlesen zählte leider nicht zu meinen Stärken und je länger sie schwieg, desto unsicherer wurde ich. "Ja", meinte sie dann auf einmal und sofort richtete ich meinen Blick wieder auf sie.

"Ich muss gestehen, es war einen Moment komisch, weil ich auch lange niemanden mehr geküsst habe. Aber es war auch schön. Verwirrend schön. Dir gelingt es zu sehr, mich aus der Bahn zu werfen und das gefällt mir nicht", seufzte sie leise und erwiderte meinen Blick. Tatsächlich bildete sich ein kleines, sanftes Lächeln auf ihren Lippen und sie betrachtete mich einige Sekunden lang wortlos. Dann hob sie ihre Hand an und strich eine meiner Haarsträhnen hinter mein Ohr, ehe sie erneut leise seufzen musste.

"Ich kenne mich mit Gefühlen nicht gut aus, aber ich spüre dir gegenüber eine Bindung, die ich irgendwie mag", fügte sie nun hinzu. Wieder tauchte dieses kleine, verspielte Lächeln auf und sie lehnte sich ebenfalls an die Wand, wirkte erleichtert darüber, gesagt zu haben, was sie dachte. Es war ehrlich gesagt wirklich niedlich, wie unsicher sie war, sobald es um Gefühle und Empfindungen ging und es machte mich glücklich, zu hören, dass ihr gefiel, was zwischen uns war. Es bestärkte mich und vor allem dieses aufkeimende Gefühl der Liebe in mir. Denn ja, so langsam musste ich mir eingestehen, dass ich mehr für sie übrig hatte, als ich jemals gedacht hatte. Und ich wünschte mir wirklich, dass unsere Beziehung zueinander in Zukunft stärker und vor allem enger werden würde.

"Unnie? Darf ich dir etwas erzählen?", fragte ich deshalb und sah sie mit einem vertrauten Blick an. Ohne zu zögern nickte sie zustimmend und musterte mich neugierig, ließ ihre katzenförmigen Augen größer werden und interessiert glitzern. Gott, wieso musste sie nur so hübsch sein? Das war einfach nur ungerecht.

"Damals, als ich noch mit meinem Ex-Freund zusammen war, habe ich viel getanzt. Auch er hat sehr gerne getanzt und wir haben uns zusammen Choreographien ausgedacht, die meistens sehr schwer waren. Ein anderer Freund von uns beiden wollte eine dieser Choreos erlernen und um ihn zu unterstützen, habe ich ihm angeboten, sie ihm beizubringen", fing ich an zu erzählen, doch an dieser Stelle musste ich kurz unterbrechen. Für viele war es nicht verständlich, aber mir ging das Ereignis von damals sehr nahe und deswegen fiel es mir schwer, wirklich darüber zu reden. Allerdings war es mir wichtig, Yeji dieses Erlebnis anzuvertrauen, also redete ich tapfer weiter.

"Dieser Freund ist ein wirklich sehr guter und talentierter Tänzer, jedoch ist er beim Training schnell übermütig geworden. Eines Tages hat er mich während einem schwierigen Schritt gerammt, wodurch ich nicht einmal die Chance hatte, mich abzufangen oder anderweitig zu schützen... geendet hat es damit, dass ich eine schwere Verletzung an meinem Knie hatte... Dank dieser Verletzung konnte ich einige Monate nicht laufen und als ich es schließlich wieder konnte, habe ich versucht, wieder leichte Tänze zu tanzen, um meine Muskeln zu trainieren. Dadurch habe ich mir allerdings nur weitere Verletzungen hinzugezogen, deren Heilung immer länger gebraucht hat. Jedes Mal, wenn ich angefangen habe zu tanzen, hat es mit Schmerzen geendet und so ist meine Leidenschaft, mein Traum, zu einem Albtraum geworden, der mich verfolgt hat und von innen aufgefressen..."

Ich wusste nicht, wie leise ich mittlerweile geworden war. Meine Stimme brach leicht unter dem Schmerz, der in meinen Worten mitschwang und mein Hals schnürte sich wie von selbst zu, nahm mir die Luft zu atmen. Ich hatte das Gefühl, ein tonnenschweres Gewicht auf meinem Brustkorb liegen zu haben und musste deshalb kurz meine Augen schließen. Die verletzenden Erinnungen in meinem Kopf hingen mir grauenhaft schwer vor Augen und verschleierten meine Sicht mit Dunkelheit. Doch dann spürte ich auf einmal, wie Yeji nach meiner Hand griff und diese sanft drückte, was mir überraschend viel Kraft schenkte. Allgemein hatte diese Frau eine faszinierende Wirkung auf mich.

Und so gelang es mir tatsächlich, meine Augen wieder zu öffnen und sie schwach lächelnd anzuschauen.

"Durch dieses Erlebnis und die vielen Schmerzen habe ich immer mehr Angst und Panik vor dem Tanzen bekommen, habe stets befürchtet, das alles erneut durchmachen zu müssen und diesen Teufelskreis nie wieder zu entkommen. Aber dank dir und deiner Hilfe fange ich an, das Tanzen wieder lieben zu lernen und mich danach zu sehnen.

Nur deinetwegen finde ich inzwischen wieder die Kraft, es erneut zu versuchen und mich endlich meiner Angst zu stellen. Und dafür danke ich dir, Unnie."

Stripper ★ RyejiWhere stories live. Discover now