Kapitel 11

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Die nächsten zwei Stunden bis zur Mittagspause verbrachte ich wie in Trance. Erst das Auftauchen der Larkins, dann die Nachricht, sie hätten einen ganzen Zirkel abgeschlachtet und zum Schluss die Geschichtsstunde bei Mrs. Fergisson hatten mich total aus der Bahn geworfen. Ich wusste weder was ich denken, fühlen oder tun sollte. Eigentlich wollte ich mich nur noch verkriechen und vor der ganzen Welt verstecken. Keine Schule. Keine sozialen Verpflichtungen. Ich wollte im Moment einfach gar nichts mehr! Ich war wieder in meiner Blase gefangen. Die Welt und alles andere zog an mir vorbei, doch es interessierte mich nicht. Ich blieb stumm. Reagierte nicht, wenn mich einer der anderen ansprach und selbst als ich ganz am Rande Astors Stimme vernahm, war es mir egal. Und selbst als es zur Mittagspause klingelte, schulterte ich nur still meine Tasche und lief neben den anderen zur Mensa. Normalerweise beschwerte ich mich immer, über die völlig überfüllte und ohrenbetäubend laute Mensa, aber ich war in meiner Blase. Nichts interessierte mich, nichts konnte an mich heran. Ich war einfach nur noch anwesend. Meine Gedanken fuhren Achterbahn, meine Gefühle waren wie betäubt und physisch fühlte ich mich, als wäre ich bei einem Demolition Derby gewesen - nur ohne Auto.

Ich ließ mich zusammen mit den anderen an unserem gewohnten Tisch nieder und Schloss für einen Moment die Augen. Irgendjemand stellte ein Tablett mit Essen vor mir auf dem Tisch, doch ich bekam keinen Bissen herunter.
"Shaye! Shaye hörst du mich?", fragte Mirabella besorgt und rüttelte an meinem Arm. "Hallo!" Ich brauchte kurz, um zu realisieren, dass langsam wieder die Realität zu mir durchdrang. Meine Blase löste sich langsam auf. Die Gespäche nahm ich um mich herum wieder klar wahr und der Geruch von warmer Lasagne drang zu mir. Ich blinzelte ei paar mal und drehte den Kopf dann zu der Naturhexe, die mich besorgt musterte.
"Entschuldige, was hast du gesagt?"
"Ob wir schonmal nach Hause fahren sollen?", wiederholte sie. "Unsere letzten Stunden fallen tatsächlich aus und uns wurde zur Wahl gestellt, die Aufgaben in der Schule oder zu Hause zu erledigen."
"Achso. Ähm klar, aber ich hab noch kurz etwas zu erledigen.", warf ich ein und sah mich in der Mensa nach Freya um. Ich entdeckte in einer ziemlich großen Masse die beiden Brüder, aber von dem Mädchen keine Spur. Ich stand auf und wollte gerade den Tisch verlassen, als Sage aufsprang und sich eine letzte Gabel voll Lasagne in den Mund schob.
"Du brauchst nicht mitkommen.", sagte ich, doch mir war mehr als bewusst, dass ich die Mensa nicht alleine verlassen würde.
"Du kennst die Regeln, Shaye.", meinte Eric und griff nach meinem Tablett. Er hatte seine riesige Portion schon gegessen. Manchmal fragte ich mich wirklich, wohin er die ganzen Kalorien schob.

"Ich darf doch oder?", fragte er und sah mich mit Welpenaugen an.
"Na nimm schon!", winkte ich ab und lief mit Sage im Schlepptau in Richtung Ausgang.
"Wo willst du eigentlich hin?", fragte sie und hielt mir die Tür auf. Auf dem Flur wahr niemand zu sehen und ich hielt kurz inne um zu entscheiden, wohin wir gehen sollten.
"Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich Freya was fragen will.", gestand und lief nach links.
"Ich hab sie, bevor wir essen gegangen sind, zur Bibliothek abbiegen sehen.", meinte Sage und ich nickte verstehend. Die Bibliothek lag im Ostflügel der Schule und beanspruchte zwei ganze Etagen für sich. Ich mochte diesen Ort. Er war ruhig, abgeschieden und hatte etwas... magisches an sich. Ich hatte am Anfang, als wir noch neu an der Schule gewesen waren, Stunden dort verbracht und nach Büchern geschaut, in denen etwas über die königliche Familie abgedruckt war. Zum Glück gab es nur sehr wenige und die meisten verfolgten die Geschichte der Hexenkönigin nur bis zur dritten Generation. Aber es gab ein einziges Buch, mit gerade einmal 168 Seiten, dass über den Tod der letzten Hexenkönigin Morwenna und der Erbin des Hexenthrons, Prinzessin Akira, berichtete. Und ich hatte es so gut wie möglich versteckt.

"Will ich wissen, worüber du mit ihr reden möchtest?", fragte Sage.
"Ich weiß es tatsächlich nicht einmal selbst, es ist nur, dass ich die ganze Zeit darüber nachdenke, von woher ich sie kenne."
Die Lykanerin öffnete die Tür zur Bibliothek lautlos und ließ mich hinein. Sofort staunte ich, wie so oft schon, wie klein man sich, im Vergleich zu den riesigen Regalen fühlte. Der Geruch von alten und neuen Büchern beruhigte mich sofort und ich verspürte den Drang, mit den Fingerspitzen, die Büchrücken entlang zu fahren. Es war niemand weiter hier. Noch nicht einmal die Bibliothekarin, aber Sage zeigte mit dem Finger auf die hinteren Reihen. Wir liefen lautlos den breiten Mittelgang entlang und ließen den Eingang hinter uns, sowie die Tische und Lernecken, im vorderen Teil. Links und rechts ragten die großen, aus dunklem Massivholz bestehenden Regale in die Höhe. Über ihnen waren rings um die gesamte Bibliothek die Empore angebracht, die man nur über vereinzelte, enge Wendeltreppen erreichen konnte. Sage packte mich plötzlich leicht am Arm und zeigte an mir vorbei, nach links. Freya war gerade eine der Leitern nach unten gestiegen und hielt ein altes Buch aufgeschlagen in den Händen. Sie bemerkte uns nicht. Ich machte einige Schritte auf sie zu, währen sich Sage hinter mir an eines der Regale lehnte und die Arme verschränkte.

"Freya.", sagte ich und beobachtete wie sie mit einem Mal erschrocken zusammen zuckte. Sie hatte das Buch mit einem lauten Knall geschlossen und panisch umgesehen.
"Du hast mich....", setzte sie nach Luft ringend an, doch dann entdeckte sie Sage hinter mir. "Ihr habt mich erschrocken."
"Tut mir leid, dass wollte ich nicht.",gab ich ehrlich zu und blieb knappe zwei Meter vor ihr stehen.
"Was wollt ihr?", fragte sie und man konnte hören, wie sehr sie sich bemühte genervt und distanziert zu klingen. Ich kniff die Augen leicht zusammen und musterte sie. Verdammt noch mal, ich würde einfach nicht schlau aus ihr.
"Woher kennst du den vollständigen Namen der ersten Hexenkönigin?" Ich hatte keine Ahnung gehabt, was ich sie eigentlich fragen wollte, also hielt ich diese Frage für einen guten Anfang. Und vielleicht würde ihre Antwort oder Reaktion meine Vermutung bestätigen. Sie sah mich an, schnaubte und griff nach ihrem Rucksack, der neben der Leiter auf dem Boden lag.
"Wieso willst du das wissen?", stellte sie die Gegenfrage und stopfte das Buch in die Tasche.
"Weil es nur sehr wenige Personen auf diesen Kontinent, vielleicht dieser Welt gibt, die den Namen kennen."
"Hör zu, jeder der sich etwas näher mit dem ganzen magischen Uhrsprungskrams auseinander setzt, findet früher oder später diesen Namen heraus.", antwortete sie und lief an uns vorbei. Ich drehte mich um und folgte ihr, während Sage uns nur stillschweigend beobachtete.

"Nur klang es bei weitem nicht so, als hättest du das in irgend einem Buch gelesen.", fühlte ich ihr weiter auf den Zahn. "Also verrate mir lieber, woher du das weißt." Sie stoppte und stöhnte genervt auf. Sie drehte sich um und in ihrem Blick lag etwas, dass ich nicht ganz genau deuten konnte. Schmerz. Wut. Trauer. Verlust. Es hätte alles davon sein können oder auch nichts.
"Ich hatte ein anderes Leben, bevor ich von den Larkins adoptiert wurde und da wurde es mir beigebracht. Die ganze Geschicht, vom Anfang bis zum Ende.", sagte sie und zuckte mit den Schultern. "So da hast du deine Antwort und ich würde jetzt gerne gehen, ohne dass ihr mir hinterher rennt."
Ich sah ihr einfach zu, wie sie die Tür aufstieß und nach draußen in den Flur verschwand. Sage trat neben mich und hatte noch immer die Arme vor der Brust verschränkt.
"Hast du gesehen, welches Buch sie mitgenommen hat?", fragte mich die Lykanerin und ich nickte.
"Ein Heilkundebuch über Hexenbrand.", beantwortete ich die Frage und mir war klar, dass Freya etwas zu verbergen versuchte, dass sie womöglich bald töten würde.
"Wirst du ihr helfen?"
"Nein.", sagte ich und sah Sage an. "Ich hab die Ahnung, dass sie weiß wer ich bin und deswegen warte ich, bis sie zu mir kommt. Und das wird sie früher oder später."
"Wird sie dich verraten?", wollte Sage wissen und sah mich besorgt an. Ich schüttelte den Kopf und setzte mich wieder in Bewegung.
"Das wird sie nicht. Nicht wenn sie meine Hilfe braucht."
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Hallo ihr Lieben☺

Ich wollte an dieser Stelle einfach Mal danke sagen, für die Stimmenabgaben und lieben Kommentare, die ihr hinterlässt. Und ich freue mich wirklich riesig, dass die meisten von euch, schon länger mit dabei sind wegen der Wolfsblutreihe.❤

Deswegen würde ich gerne einfach Mal wissen, wer von euch wirklich neu ist (also wer diese Geschichte von mir als erstes Buch von mir liest) und wer von euch "treuer Fan" ist und schon die Wolfsblut Bücher gelesen hat.🙈

Und vielleicht habt ihr Fragen an mich, ganz egal ob zu mir als Mensch oder Hobby-Autorin oder zu einem Thema das euch interessiert. Ich würde mich mega freuen, wenn ihr mir Fragen stellen würdet.☀️❤

Mit ganz lieben Grüßen

Jessy❤

Dark Blood - Band 1 (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt