3 - Kammerjäger

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Guten Morgen, meine Freunde,
fürchtet ihr euch vor Fahrstühlen? Ich habe definitiv ein ungutes Gefühl, wenn ich in einen einsteige. Vielleicht ist es ja manchmal tatsächlich nicht so dumm, einfach die Treppe zu nehmen xd
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und vielleicht eine Gänsehaut :3
Bloody Mally

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15, 16, 17 ... Ping! Die kleine Anzeigetafel über dem linken Aufzug sprang auf 18 und mit einem leisen Klingen öffneten sich die metallenen Türen. Ein leerer Raum tat sich vor Claudia auf, die mit klingenden Absätzen über die Schwelle trat. Rechts und links befanden sich Spiegel, in denen sie sich von allen Seiten betrachten konnte.

Leise Klaviermusik klang in ihren Ohren, während sie den Knopf mit dem eingestanzten EG drückte. Noch befand sie sich 18 Stockwerke über der Straße, auf der die Autos im morgendlichen Berufsverkehr fuhren, in welchen sie in Kürze auch eintauchen würde. Claudia stieß Luft aus, richtete ihren grauen Rock und die weiße, ordentlich gebügelte Bluse. Strich sich das blonde Haar hinter die Ohren. Überprüfte nochmals, ob sie alle Akten für das bevorstehende Treffen mit der Werbeagentur in ihre Tasche gepackt hatte.

Sie warf einen raschen Blick auf die Uhr, während sich ein weiterer Mann in den Aufzug schob. Ein dunkler Mantel hüllte den hochgewachsenen Körper ein, ein grauer Trilbyhut saß auf dem Kopf. Er drückte keine Zahl auf dem Armaturenbrett, wahrscheinlich wollte er ebenfalls ins Erdgeschoss fahren. 8:04. Um 8:30 begann das Treffen und es war nur um den Block, das hatte sie bereits nachgeschaut.

Die Aufzugtüren schlossen sich und wieder erklang ein leises Ping!, und für einen kurzen Augenblick spürte Claudia ein unerklärliches Unwohlsein in sich aufsteigen. Eine abstruse Erinnerung schlich sich in ihre Gedanken. Als kleines Mädchen hatte sie Aufzüge nicht gemocht. Wenn sie in ihnen so weit nach oben gefahren war, wie es heute der Fall war, hatte sich immer dieser unangenehme Druck auf ihre Ohren gelegt, der hatte ihr ein ungutes Gefühl bereitet. Manchmal hatte sie sich vorgestellt, dass der Aufzug ein gefräßiges Monster war - dass es sich bei den beiden Türen um die alles zermalmenden Kiefer handelte und sie direkt in seinen Rachen stieg, wenn sie den Aufzug betrat. Hätte sie nicht besser die Treppe nehmen sollen? Ach, Unsinn! Es gab überhaupt keine frei zugängliche Treppe, weil sie ohnehin niemand bis in den achtzehnten Stock benutzen würde, nur den Fluchtweg für Notfälle. Aufzug im Notfall nicht benutzen. Die Musik spielte und sie schüttelte die Gedanken mit einem leichten Augenverdrehen ab.

Der Fahrstuhl setzte sich ruckelnd in Bewegung und Claudia sah zu, wie die Zahl langsam abfiel. 18, 17, 16. Mit den Zähnen zog sie die Unterlippe ein, ehe sie sich erinnerte, dass sie Lippenstift trug, und sie rasch wieder losließ. Nochmals sah sie auf die Uhr und dann ...

Ein Rumpeln und dann drohte sie zu stolpern, musste sich am Geländer abstützen, während ihr ein überraschter Laut entwich und ihr Herz einen Satz machte. Die Lichter flackerten und dann, wie ein stöhnendes, altes Tier, erstarb der Aufzug. 14, sagte die Digitalanzeige über der Tür.

Claudia richtete sich auf, strich sich mit einem Stöhnen die Haare aus dem Gesicht. »Komm schon«, murmelte sie entnervt und drückte den EG-Knopf auf dem Armaturenbrett. »Nicht jetzt!« Sie drückte öfter und heftiger, ehe sie sich dem Notruf zuwandte.

Die Lichter flackerten.

Claudia betätigte den Notruf energischer, doch nichts tat sich. Unruhig stieß sie einen Fluch aus. Nicht heute, sie hatte doch nur noch ... 8:04, sagte die Uhr. Der Zeiger rührte sich nicht. Sie griff nach ihrem Smartphone, doch auch dort ... Stillstand.

Stillstand.

Stillstand.

»Hast du Angst, Claudia?«

Halloween Countdown 5 - Rückkehr in die FinsternisWhere stories live. Discover now