7 - Heiliger

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Habt ihr euch in eurem Haus jemals nicht sicher gefühlt? Wenn ja, könnt ihr Jannis' ungutes Gefühl sicherlich nachvollziehen.
Ich wünsche euch ein gutes Gruseln!
Bloody Mally

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Sie schlang die Arme um meine Taille und erwiderte den Kuss mit sanftem Lächeln.

»Hey, weißt du«, sagte ich, als wir uns voneinander lösten. »Wenn du dir was von mir wünschen würdest - nichts Großes, aber schon irgendwie dringend - dann würde ich mich schon bemühen, dass du es bekommst.«

»Jannis«, sagte Lara und hob mit amüsiertem Lächeln eine Braue.

»Ich meine nur, es wäre ja recht einfach für mich, gar nichts Problematisches, bloß ...«

»Jannis!«

Ich betrachtete sie treuherzig. »Willst du nicht nochmal übernachten?«

Sie machte sich los. »Liebend gerne«, sagte sie, während sie nach ihrem Rucksack griff. »Aber du weißt, ich muss Oma beim Putzen helfen, und sie lässt sich nicht gerne versetzen. Und morgen früh habe ich nun mal diesen Zahnarzttermin, das würde sich doch gar nicht lohnen.«

Ich ließ den Kopf hängen. »Ist gut. Schon verstanden.«

Sie lächelte mich an und wuschelte durch meinen Haarschopf, richtete meine Sweatshirtjacke, ohne dass es nötig gewesen wäre. »Keine Sorge. Halt dich wacker. Und denk dran, noch die Mülltonne rauszustellen, gibt sonst Ärger von deinen Eltern.« Schelmisch zwinkerte sie mir zu, ehe sie die Arme durch die Rucksackträger schob und sich abwandte, um zu ihrem Auto zurückzugehen. Ich sah zu, wie sie einstieg, winkte und davonfuhr, winkte auch und kehrte dann ins Haus zurück. Stille umfing mich, als ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen ließ.

Es war nicht so, dass ich nicht gut alleine sein konnte. Eigentlich war ich ganz gerne alleine. Ich konnte kochen, was ich wollte, den ganzen Tag Netflix laufen lassen, ohne dass mich jemand zum Hausputz drängte, und konnte mich auch in den unteren Stockwerken aufhalten, ohne in langweilige Gespräche mit meinen Eltern verwickelt zu werden. Ja, eigentlich konnte ich ziemlich gut alleine sein. Aber in letzter Zeit war mir irgendwie Weise unwohl dabei. Wahrscheinlich lag es an diesem Brief, den ich gestern im Postkasten gefunden hatte. Er hatte sich in keinem Umschlag befunden, war ob des strömenden Regens nass und vollkommen unleserlich geworden. Sonst was hätte drinstehen können – ein Brief der kleinen Mädchen, die nebenan wohnten und irgendwas gespielt hatten, oder vielleicht eine Nachricht, die aus Versehen hier eingeworfen worden war. Womöglich ging meine Fantasie einfach mit mir durch – das Haus war nun mal ziemlich groß und dass es Geräusche machte, war nicht unbedingt eine Seltenheit. Womöglich lag es auch daran, dass die Tage langsam kürzer wurden, die Schatten zwischen den Baumwipfeln dunkler und irgendwie eher in der Lage, wie Gesichter auszusehen. Irgendwas gab mir ein ungutes Gefühl.

Ich hatte mich schon einige Male gefragt, ob es nicht besser gewesen wäre, Mama, Papa und Oskar in den Urlaub zu begleiten. Die drei waren für die Herbstferien in ein Resort im Schwarzwald aufgebrochen. Es gab einen Wellnessbereich für Mama, ein Schwimmbad mit Rutschen für Oskar. Und auch Papa, der überarbeiteter Personalleiter einer Lampenfabrik war und sich seinen Urlaub somit redlich verdient hatte, konnte sich dort endlich zurücklehnen. Gerade kurz vor Beginn seiner freien Tage hatte er noch einen Mitarbeiter rausschmeißen müssen und war völlig gestresst nach Hause gekommen – der Angestellte hatte wohl einen Riesenaufstand gemacht, leere Drohungen ausgesprochen und Dinge gesagt, über die Papa gar nicht hatte reden wollen. Er hatte irgendwas von scheiß verfluchten Agonistikern oder dergleichen gemurmelt, was ich nicht verstanden hatte und was Oskar nicht hatte zu Ohren bekommen dürfen. Letztlich waren wir uns alle einig gewesen, dass Papa diesen Urlaub gebrauchen konnte, keine Frage.

Halloween Countdown 5 - Rückkehr in die FinsternisWhere stories live. Discover now