Halloween Countdown 5 - Rückkehr in die Finsternis

4 - Ablösung

Hallo da draußen,

hier kommt eine weitere Geschichte von mir,  Nosferajul. Über unerklärliche Schmerzen und deren düstere Hintergründe. Ich hoffe, ihr gruselt euch ein wenig und wünsche euch eine dunkle Nacht!

Kein Wunder, dass es im Wartezimmer so überfüllt gewesen war. Ich hatte zuerst angenommen, dass es einfach nur am schlechten Wetter und einer Erkältungswelle liegen musste, aber nun bemerkte ich, dass dieser Arzt auch unglaublich langsam und träge war. Die Art, wie er jeden seiner fünf oder sechs Kugelschreiber auf einem Notizzettelchen ausprobierte, bevor er schließlich den richtigen fand um etwas in seinen Akten zu notieren, war fast lächerlich langsam. Oder vielleicht war ich auch einfach nur schlecht gelaunt und übermäßig ungeduldig. Es war einfach nicht mein Tag. Oder besser gesagt, meine Jahreszeit.

„Also, mit ihrem Hautarzt haben Sie schon geredet, Herr Ult?", fragte mich Doktor Braun, und rückte seine Lesebrille zurecht. Sie schien ihm in einer Tour von den Schläfen zu rutschen.

„Ja, schon mehrfach."

„Und das Problem ist Ihnen nicht neu?"

„Nein, das hier kommt jedes Jahr wieder."

„Immer zur etwa gleichen Zeit?"

„Ja, ungefähr."

Das war eine Lüge. Nicht nur ungefähr zur gleichen Zeit, sondern exakt zur gleichen Zeit. Aber ich hatte schon vor längerem gelernt, dieses Detail besser für mich zu behalten, weil es einfach bescheuert klang. Niemand nimmt einen mehr Ernst, wenn man solche unglaubwürdigen, unrealistischen Fakten raus haut. Nicht, dass mich sonst irgendwer richtig ernst zu nehmen schien. In dieser Sache fühlte ich mich immer so richtig allein.

Doktor Braun kratzte sich am Kopf, worraufhin die Lesebrille auf seiner Stirn erneut runter auf seine Nasenspitze rutschte. Er räusperte sich.

„Nun, es ist wirklich seltsam, dass es keine äußerlichen Anzeichen auf der Haut zu sehen gibt, Ihre Reflexe aber tadellos sind und es nicht den Anschein einer inneren Verletzung gibt."

„Ich war letztes Jahr bereits in der Notaufnahme.", warf ich ein. „Meine Mutter dachte auch, ich könnte mir vielleicht was verstaucht haben, oder so. Aber da war nichts."

„Tut mir leid, aber wenn Sie wirklich meinen, dass es sich um einen Hautausschlag oder etwas Ähnliches handelt, dann kann ich mir wirklich nicht erklären, dass die Haut so unbetroffen scheint. Keinerlei Rötung, keine Stiche oder Narbengewebe, kein Ausschlag... Sie waren deswegen schon bei mehreren Ärzten, sehe ich hier?"

„Ja, bei... sieben oder acht glaube ich.", antwortete ich, frustriert. „Manchmal sind die Schmerzen wirklich schlimm, ich hab noch nie etwas gefunden, dass wirklich geholfen hat. Nur die Schlaftabletten letztes Jahr haben es etwas erleichtert."

Doktor Braun lehnte sich ein wenig in seinem Drehstuhl zurück, und musterte mich von seiner Seite des Schreibtisches aus.

„Junger Mann, bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber die Symptome die Sie hier beschreiben, sind äußerst merkwürdig. Enorme Schmerzen in beiden Beinen, die jede Nacht auftreten, aber nur in bestimmten Wochen im Jahr, und ohne jegliche äußerliche Anzeichen oder triftigen Grund? Das scheint mir alles sehr ungewöhnlich."

Ich seufzte. Na toll, noch ein Arzt, der mich nicht richtig Ernst nahm. Als wäre es nicht schon genug, dass meine beiden Eltern die Schmerzen für erfunden oder übertrieben hielten, und glaubten, es handele sich um bloße Wachstumsschmerzen – obwohl ich schon seit ungefähr drei Jahren keinen Wachstumsschub mehr gehabt hatte. (Ich war jetzt 16, und während ich mit dreizehn Jahren einer der größten Jungs in unserer Klasse gewesen war, gehörte ich mittlerweile zu den eher kleineren.)