Anas Achtes Gebot

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Als Sahra aufwachte, war es stockfinster. Sie lag auf der Couch, noch immer in ihren Tagesklamotten. Durch das Fenster viel ganz sanft Mondlicht in ihr Zimmer, welches den Raum allerdings kaum erhellte. Sie konnte gerade noch so die Umrisse ihres Bettes und der Schänke ausmachen, doch zu mehr waren ihre Augen nicht in der Lage. Sie stützte sich auf die Arme und richtete sich auf. An ihrer Hüfte fühlte sie ihr Handy ihr in die Seite piksen und zog es aus der Hosentasche. Die schaltete es ein und kniff die Augen vor dem hellen Display zusammen. Schnell überprüfte sie die Zeit, ehe sie es wieder ausschaltete. Es war 1:42 Uhr. Sie musste wohl eingeschlafen sein. Kurz schmunzelte sie bei dem Gedanken, dass sie offensichtlich an Anas Schulter eingedöst war. Dabei war sie dann wohl auch zur Seite gekippt. Noch immer sehr müde aktivierte sie die Handy Taschenlampe und erhob sich. Leise schlich sie aus ihrem Zimmer, den Flur entlang, ins Bad. Sie wollte aus ihren Klamotten raus. Zum Schlafen waren diese wirklich nicht geeignet. Sie fühlten sich irgendwie unangenehm an. Sie betätigte den Lichtschalter und begann sich auszuziehen. Im Spiegel betrachtete sie ihr Gesicht. Ihre Augenlider waren halb geschlossen und an ihrer Wange war ein Abdruck von der Kontur des Couch-Stoffes zu sehen, der sich sehr rot bis zur Schläfe hinzog. Die schlüpfte in ihren Schlafanzug und trottete leise in ihr Zimmer zurück. Sie wollte sich gerade in ihr wunderbar weiches Bett sinken lassen, als sich eine Stimme in ihr meldete.
„Erinnerst du dich?" Sahra hielt inne.
„Woran erinnern?", fragte sie in sich hinein. Anas Stimme antwortete: „Na das, was du gestern noch machen solltest, bevor du eingeschlafen bist. Du hattest zu viel gegessen und da wolltest du was tun?" Resigniert ließ sie die Schultern hängen. Sport. Sie sollte doch Sport machen, da sie ihre Kaloriengrenze überschritten hatte. Doch das war ihr gestern nicht mehr möglich gewesen, da sie ja eingeschlafen war.
„Du willst doch nicht ernsthaft, dass ich jetzt, jetzt Sport mache?", fragte sie leicht empört.
„Na ja", sagte die Stimme, mit langem „a", „besser du machst es jetzt, als gar nicht. Danach kannst du doch immer noch schlafen." Sie seufzte. Sie hatte absolut gar keine Lust jetzt Sport zu machen. „Nein, wirklich nicht", dachte sie unmotiviert und setzte sich auf die Matratze. Noch nie war sie ihr bequemer vorgekommen als jetzt gerade. Auch ihre Decke schien um das hundertfache weicher zu sein, als jemals zuvor, als sie diese um sich wickelte. Sie kuschelte sich ein und schloss die Augen. Doch Anas Stimme gab noch keine Ruhe. „Faulpelz", sagte diese missmutig. „Mit dieser Einstellung wirst du nie an dein Ziel kommen! Komm schon, mach wenigstens ein bisschen was." Aber Sahra drückte ihr Gesicht nur in ihr Kissen und genoss die Wärme.
„Ich werde jetzt keinen Sport machen", dachte sie müde und beschloss die Stimme ab jetzt einfach zu ignorieren. Sie wollte einfach nur noch schlafen.
„Du wirst jetzt aber nicht schlafen." Ana klang sehr bestimmt. „Komm, wir machen einen Kompromiss: du machst Einhundert Sit Ups und danach lasse ich dich in Ruhe. Wenn nicht, werde ich dich die gesamte Nacht über Nerven, sodass du heute kein Auge mehr zu tun kannst." Sahra schlug die Augen wieder auf. Sie wusste, hätte sie Ana in diesem Moment gerade vor sich gesehen, hätte dieses jetzt hinterhältige gegrinst. Aus ignorieren wurde jetzt wohl nichts mehr. „Okay", seufzte sie und schlug wehmütig die Decke zurück. 100 Sit Ups... das war verdammt viel. Doch wenn Sie heute noch schlafen wollte, dann musste sie da jetzt durch. So begann sie mit Zwanzig Sit Ups. Zwanzig waren relativ leicht gemacht.
Dann eine Pause.
Und noch mal Zwanzig Stück.
Pause.
Ihre Atmung beschleunigt sich.
Noch mal Zwanzig.
Sie begann zu schwitzen.
Weitere Zwanzig.
Ihr Bauch begann weh zu tun.
Die letzten Zwanzig.
Erschöpft ließ sie sich nach hinten fallen. Ihr war heiß. Der Schweiß hatte sich über ihre Haut gelegt und ließ den Schlafanzug an ihr kleben. Sie richtete sich erneut auf und zog den Schlafanzug aus. So war es um einiges angenehmer. Kurz ließ sie ihre Haut noch von der Zimmerluft kühlen, ehe sie die Decke über sich zog. Sie kuschelt sich wieder ein und schloss die Augen.
„Na bitte", meldete sich die Stimme wieder, „geht doch."
„Ja, ja", nörgelte Sahra. „Aber jetzt hör auf zu nerven und lass mich endlich schlafen." Anas Stimme schwierig.
„Danke." Sie ließ sich in die Dunkelheit gleiten.

Einmal Ana, immer Ana.Where stories live. Discover now