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[Jungkook]

,,So können wir nicht in das Auto, such dir etwas aus deinem Koffer raus", meinte mein Lehrer, während er mit verschränkten Armen neben mir stand. Zwar sah man ihm an, dass er wirklich wütend auf mich war, jedoch schien er diese Wut gut zu unterdrücken und blieb daher sehr ruhig, was für mich aber umso schlimmer war. ,,Die anderen sind bereits in Seoul und werden das heutige Programm ohne uns beginnen, wir haben noch einen langen Weg vor uns."

Ich nickte nur leicht und kramte in meinem Koffer rum, in dem ich nur eine zweite Jeans fand, die aber zu eng war, um sie über die weitere Autofahrt zu tragen, weshalb ich eine Jogginghose nahm, die ich eigentlich zum Schlafen mitgenommen hatte. Weil wir nur wenige Tage in Seoul sein würden und unser Programm so festgelegt war, dass wir überwiegend schicke Kleidung tragen mussten, hatte ich dementsprechend fast nur Hemden mit.

,,Fuck", sagte ich leise und kramte weiterhin durch meine vorher so schön geordnete Kleidung, sodass ein einziges Chaos entstand. ,,Ich habe vergessen einen Pulli mit einzupacken", nuschelte ich leise vor mich hin und versuchte dabei schnell eine Lösung zu finden, weshalb ich ein Hemd rausnahm, welches nicht allzu schick, sondern eher alltagstauglich aussah. Scheinbar aber nur in meinen Augen. 

,,Macht dir nichts draus, du kannst einen von mir tragen", sagte der Ältere plötzlich und stellte sich dicht an mich. Er nahm das Hemd aus meiner Hand und packte es wieder in meinen Koffer, welchen er schloss und zur Seite schob, wobei er seinen an sich zog, diesen öffnete, Kleidung für sich raussuchte und auch einen Pullover für mich. ,,Der wird dir wahrscheinlich kaum passen, aber das ist das Beste, was ich dir gerade anbieten kann. Trag den die restlichen Tage, wenn ihr Freizeit habt und durch die Stadt geht, du solltest nicht immer in Hemden rumlaufen, dass wird komisch aussehen. Und das ist auch alles, was ich gerade für dich tun kann, nachdem du mir mit deinem kleinen Abstecher in den Wald die Lebenszeit um ungefähr zehn Jahre verkürzt hast."

Natürlich fühlte ich mich schlecht für das, was ich getan hatte, da ich aus reiner innerlicher Wut gegenüber mir selbst handelt, weil ich wirklich gedacht hatte, aus uns könne etwas werden. Dennoch war ich verwundert darüber, dass er mich noch mit in die Pläne für Seoul integrierte, schaute ihn daher verwirrt an. 

,,Freizeit? Schicken Sie mich nicht direkt Nachhause?", fragte ich leise und senkte meinen Blick sofort wieder, als er mich dann ebenfalls anschaute.

,,Ich mag vielleicht wirklich wütend sein, weil du mir einen Schrecken eingejagt hast und ich verstehe auch nicht, woher der plötzliche Fluchtversuch kam als würde ich hier versuchen dich zu entführen, aber ich bin nicht dumm und schicke meinen besten Schüler Nachhause von einer Fahrt, auf die er sich schon so lange gefreut hat und die ihm wirklich was bringen könnte", erklärte mir der Mann und presste die Lippen etwas aneinander. ,,Lass uns das also einfach vergessen, uns umziehen und dann losfahren", sagte er noch, bevor er seine Hand an meine Schulter legte und mich somit wieder in Richtung der Raststätte lotste, da er mir wohl keine Chance geben wollte, wieder auf eine dumme Idee zu kommen.

Nach dem, was ich getan hatte, konnte ich verstehen, dass er mich wahrscheinlich nicht mehr allein lassen würde und die ganze Zeit mit dem Gedanken spielte, ich könnte vielleicht wegrennen, so hatte ich das Gefühl, dass er mich ständig anschaute, auch wenn wir so dicht nebeneinander umhergingen. 

,,Nun geh schon rein", meinte er und hielt die Tür zur Kabine auf, aber ich weigerte mich, indem ich eifrig den Kopf schüttelte. Es war nicht, dass ich mich vor öffentlichen Toiletten oder Kabinen ekelte, jedoch hatte ich in der Vergangenheit keine schönen Erfahrungen mit solchen Orten gemacht, wodurch ich mehr oder weniger eine Phobie entwickelt hatte. ,,Jungkook, je länger du jetzt strotzt, desto wütender macht es mich, also geh rein jetzt!", entgegnete er schon, in einem so ungewohnten Ton mir gegenüber, dass ich Angst bekam, laut schluckte und sofort in die Kabine ging, dabei am ganzen Leib zitternd und mich an die Geschehnisse vor zwei Jahren erinnernd. 

Durch tiefe Atemzüge versuchte ich, mich zu beruhigen, aber es viel mir wirklich sehr schwer, nicht an die schlimmen Dinge zu denken, die mir passiert waren. Auch als ich den Türgriff in die Hand nahm, um die Tür zu schließen, schoss es mir wie ein Blitzlicht in den Sinn, weshalb ich einmal einen wirklich komischen Ton von mir gab, 

,,Was machst du da? Die Tür bleibt offen", meinte Herr Kim nur und schaute mich mit leicht gerunzelter Stirn an.

,,A-Aber wieso? Jemand kann mich noch sehen", murmelte ich und biss mir nervös auf die Unterlippe.

,,Ich passe schon darauf auf, dass keiner guckt, gleichzeitig muss ich aber auch darauf aufpassen, dass du mir nicht wieder abhaust, daher bleibt die Tür offen", sagte er und versuchte dabei ruhig zu bleiben, da er nicht wieder in einem so wütenden Ton zu mir sprechen wollte. Das wusste ich einfach. Langsam entwickelte sich in mir aber immer mehr Panik und Sorge, weshalb ich da einfach stand und mich nicht wirklich bewegen konnte, weshalb Taehyung letztendlich doch nachließ. 

Er seufzte genervt und trat plötzlich ebenfalls in die Kabine, schloss die Tür hinter sich. Wir standen somit also ganz dicht aneinander, unsere Blicke hatten sich getroffen und mir blieb der Atem wieder einmal weg. Vielleicht sollte ich mal zum Arzt oder so, weil ich allmählich das Gefühl bekam, ich hatte irgendwelche Atemprobleme.

,,Dann machen wir es eben so, wenn du die Tür lieber geschlossen lassen willst. Ich lasse dich die nächsten Tage nicht mehr aus den Augen, sei dir dabei sicher. Nun zieh dich um", meinte er und begann selbst, genanntes zu tun. Er öffnete einige der Knöpfe des lockeren Hemdes, welches er trug, wodurch seine trainierte Brust zum Vorschein kam. Ich zog sofort scharf die Luft ein und obwohl ich schon seit langer Zeit endlich meinen Lehrer ohne Kleidung sehen konnte, erinnerte es mich wieder an die Sache vor zwei Jahren, weshalb ich ohne es selbst zu entscheiden, anfing zu noch hektischer zu Atmen, weinend in die Knie fiel. 

,,Bitte nicht! Tu es nicht!", rief ich und hielt die Hände über meinen Kopf, dabei die Augen fest zusammenkneifend. ,,Mach es nicht, wir können doch darüber reden! Du musst das nicht tun!", schrie ich und schluchzte. 

Ich schaute auf die weißen Schuhe vor mir, die genau dieselben waren, wie vor zwei Jahren auch schon, aber der Mann in den Schuhen war nicht derselbe. Nicht einmal ansatzweise.

,,Jungkook? Was ist los?", hörte ich die tiefe Stimme meines Lehrers sagen. ,,Worüber denkst du nach? Ich bin hier", sagte er wieder und beugte sich zu mir runter, legte seine Hände an meine Schultern, weshalb ich aufschaute und er mir ins verheulte Gesicht schaute.

Ich realisierte, dass all das hier nicht das sein würde, was damals passierte. Ich sah Taehyung, einen herzensguten Menschen. Er würde sowas niemals tun, da war ich mir mehr als nur sicher, denn er war nicht so einer. 

So warf ich mich in einer instinktiven Reaktion mehr oder weniger einfach an ihn, schlang meine Arme um seinen Nacken und umarmte ihn somit, was ihn sicherlich verwirrte, aber er zögerte nicht, meine Umarmung, die ich brauchte, in dieser Situation auch zu erwidern. 

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teacher's pet ᵛᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt