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[Jungkook]

„Was machst du gleich noch nach der Schule?", fragte Acelya mich in einem flüsternden Ton, da wir uns am Ende der letzten Unterrichtsstunde befanden und somit nicht laut miteinander reden konnten, auch wenn es unsere Lehrerin nicht wirklich gestört hätte.

„Wieso fragst du?", murmelte ich, weil ich nicht direkt erzählen wollte, dass ich zu Taehyung gehen würde, auch wenn ich davon ausging, dass sie das nicht auf falsche Gedanken kommen ließe. Außerdem kannte ich mich selbst gut genug, um zu wissen, dass ich mich sicherlich so darüber freuen würde, ihr zu erzählen, dass ich am Nachmittag zu unserem Lehrer Nachhause gehen würde, dass ich mich in irgendeiner Weise sicherlich auch selbst verrate.

„Als ich heute Morgen zur Schule gefahren bin, habe ich hier einen Bubble Tea Laden in der Nähe gesehen, der sehr interessant aussah, also dachte ich, wir könnten da vielleicht hingehen", meinte sie. „Wenn du heute keine Zeit hast, ist das nicht schlimm, wir können auch einfach morgen gehen!"

Es war das erste Mal, dass mich jemand fragte etwas zu unternehmen, weshalb ich ziemlich aufgeregt war und auch ein wenig traurig darüber, dass ich ihr nicht zusagen konnte. Morgen würde ich dann aber definitiv nichts anderes vorhaben, um mit ihr in die Stadt gehen zu können, da ich mir das nicht verspielen und endlich Freunde haben wollte. Zwar hatte ich hier und da eigentlich welche, jedoch waren das nur Bekanntschaften aus der Grundschule, die man kurz anlächelte, wenn man sie im Bus oder der Bahn sah, hin und wieder ein Wörtchen wechselte, es aber nie zu mehr kam.

„Wir können morgen gehen, ist ja immerhin dann Wochenende. Danach können wir auch zu mir und irgendwas machen", schlug ich lächelnd vor und Acelya nickte. Danach klingelte es auch schon und wir waren vom heutigen Schultag endlich erlöst, wobei ich gestehen musste, dass er mit jemandem an meiner Seite ziemlich erträglich war. Sonst blieb ich meiste Zeit nur alleine, aber heute hatte ich die ganze Zeit über einen Menschen bei mir, mit dem ich reden konnte, wir aßen zusammen, machten gemeinsam unsere Aufgaben und lachten ganz viel, obwohl wir uns kaum kannten. Ich war wirklich glücklich darüber, denn eigentlich hätte dieser Tag nicht besser laufen können, aber alles wurde umso besser, als ich mich direkt nach dem Unterricht auf den Weg zu der Liebe meines Lebens begab.

Während ich so durch die Straßen ging, leise die Musik summte, die ich hörte und dabei die auf meiner Haut wärmenden Sonnenstrahlen genoss, schaute ich einmal in den Himmel und erkannte eine große, bedrohlich dunkle Wolkenfront, aus der man es schon leise grummeln hören konnte. Mir war bewusst, dass es heute noch Donner würde, weil das in der Wettervorhersage stand, aber ich hatte nicht gerechnet, dass das so früh kommen würde. Aus diesem Grund legte ich in meinem Tempo zu, da Taehyung ein gutes Stückchen von mir entfernet wohnte und ich nachher ungern durch den Regen Nachhause laufen würde.

Zum Glück war es kein komplizierter Weg, den ich mir gestern gut eingeprägt hatte, als meine Mutter mich dorthin fuhr und so kam ich nach ungefähr einer halben Stunde bei ihm an. Schnell ging ich den Gebäudetrakt hoch bis ins dritte Stockwerk, wo ich vor der Tür stehen blieb, an der sein Nachname stand, klingelte und dann kurz wartete, bis sie letztendlich auf ging.

„Jungkook! Du bist ja schon da", entgegnete Taehyung überrascht und ich schaute in ein Gesicht voller Rasierschaum. „Ich war darauf eingestellt, dich erst am Abend hier zu haben. Tut mir leid, dass ich daher so vor dir auftrete, ich hätte nicht erwartet, dass du direkt nach dem Unterricht herkommst."

„Ich bin lieber jetzt schon gekommen, damit ich später nicht nochmal aus dem Haus muss", meinte ich nur und trat hinein, als er einen Schritt zur Seite machte, damit ich das tun konnte. Ich vermerkte einen Geruch von Essen, der mir so lieblich in der Nase lag, dass mir langsam das Wasser im Mund zusammenlief. Auch mein Magen ließ nicht lange auf sich warten und knurrte einmal richtig laut, was mir einfach nur peinlich war, sodass ich, wahrscheinlich, wieder einmal rot anlief, denn die Hitze stieg mir bereits zu Kopf.

„Wieso bleibst du nicht noch zum Essen hier? Ich habe ohnehin zu viel gemacht und werde den Großteil davon wegschmeißen müssen", schlug Taehyung vor und auch wenn ich wusste, dass es knapp werden würde mit den Bussen, die aufgrund des Wetter meist ausfielen, sagte ich sofort zu, denn diese Chance ließ ich mir natürlich nicht entgehen.

Während ich in seiner Küche schon am Esstisch Platz nehmen durfte, ging er sich noch zu Ende rasieren und kam ohne Schaum im Gesicht zurück, um das Essen aufzutischen, sodass wir damit dann beginnen konnten.

„Wie lief es in den Stunden, in denen ich nicht da war? Hat außer dir überhaupt irgendwer die Aufgaben gemacht und abgegeben?", fragte er mich und schaute mit vollen Wangen lediglich zu mir. Ohne lange sein Gesicht mustern zu müssen, erkannte ich sofort die tiefen Augenringe, die darauf hindeuteten, dass er wohl die ganze Nacht nicht geschlafen hatte, dazu waren seine Augen auch ziemlich rot. Taehyungs Haut war bleich wie Kreide, seine Haare hatten ebenfalls ihren Glanz verloren und man sah ihm an wie sehr er litt, denn er aß wenig und das bisschen, was er denn gegessen hatte, zwang er offensichtlich in sich hinein, damit er nicht auch noch an Kraft verlieren würde.

„Eigentlich ganz gut. Ich habe mit Acelya zusammengearbeitet, also der neuen Schülerin und wir haben sofort gemerkt, dass wir gute Freunde werden können. Sie hat mich auch verteidigt, als die anderen aus der Klasse anfingen dumme Kommentare darüber zu äußern, dass ich die Aufgaben von Ihnen bekommen hatte, um sie an die Klasse weiterzureichen", erzählte ich nur, während ich brav alles aß, was mir auf den Teller gelegt wurde. Ich musste feststellen, dass Taehyung auch noch verdammt gut kochen konnte und somit einfach der perfekte Ehemann wäre, zu schade nur, dass ich für ihn nur ein Schüler war.

Er räumte alles noch schnell auf, bevor wir dann zusammen in das Wohnzimmer gingen, wo wir uns auf das Sofa setzten. Ich hatte meine Beine eng aneinander gedrückt und meine Hände dazwischen geklemmt, meinen Blick dabei auch noch gesenkt und kein Wort mehr gesagt. Auch wenn ich im Allgemeinen schon ein wirklich sehr schüchterner Mensch war, verstand ich nicht, wieso es bei Taehyung noch einmal eine ganz andere Sache war. Ich hatte nicht mal einen Begriff den ich mir geben konnte für mein Verhalten, dass ich in seiner Gegenwart hatte.

„Haben sie wieder gesagt, du und ich hätten ein Verhältnis miteinander?", fragte er mich nach einiger Zeit und brach damit die Stille, die kurz herrschte.

Und ich nickte nur. Wie gern ich ihn einfach als Freund haben würde, das konnte nicht mehr normal sein.

„Und? Stimmt es? Dein Gefühle", fragte er wieder, aber ich verstand nicht, was er mir damit meinte und schaute ihn vorerst nur verwirrt an, bevor ich weiter nachhakte.

„Was meinen Sie damit?"

„Na, ob du mich liebst! Es scheint nämlich so", sagte er geradewegs heraus, als hätten diese Worte keinerlei Bedeutung.

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teacher's pet ᵛᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt