Thinking 'bout Gukkie (─‿‿─)♡

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Geistesabwesend stapfte ich durch die Reihen des Kukuruzfelds und gab mir Mühe, mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Schön nach den Staubbeuteln mit den Pollen auf den Pflanzen Ausschau halten, schön den Kukuruz sterilisieren. Es war ja nicht schwierig. Man konnte die Staubbeutel gut erkennen, da sich das Blatt, in dem sie sich befanden, immer eindrehte als Schutz. Aber sie tauchten halt immer ziemlich random auf, manchmal kam eine nach drei Metern und die nächste erst nach 100. Da wir öfters durchgingen und es praktisch unmöglich war, alle zu finden und herauszureißen, musste man immer mit einer sogenannten Fahne rechnen. 

Nur konnte ich im Moment alles andere, als meine Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten. Die grelle Sonne blendete mich und meine Augen bettelten mich förmlich an, dass ich sie doch schließen möge. Ich war so müde. Es kostete mich enorme Anstrengung, allein meine Arme oben zu halten, damit mir die Blätter des Kukuruz nicht das Gesicht zerschnitten. Die Kanten waren nämlich wirklich scharf, ich hatte mal eine ins Auge bekommen und es hatte sich angefühlt, als würde mein Augapfel gespalten werden. 

"Taehyungie, du hast da eine vergessen", informierte mich meine Mutter zwei Reihen neben mir. Wir teilten es immer so auf, dass jeder zwei Reihen übernahm, eine links und eine rechts. So ging es schneller und man hatte immer noch einen guten Überblick. Vorausgesetzt man hatte nicht die komplette Nacht durchgemacht. Zum zweiten Mal. 

"Danke, ich bin heut ein bisschen verpeilt"

Ich machte ein paar Schritte zurück und riss die Fahne aus der Pflanze. Meine Mutter wusste eh, wie müde ich war. Beim Heimkommen vorher, war sie schon aufgewacht und war ganz verwirrt gewesen, wo ich auf einmal hergekommen war. Zum Glück war sie nicht sauer gewesen. 

"Kein Wunder, wenn du die ganze Zeit mit Jeonggukie abhängst", hörte ich sie von weiter vorne lachen. 

"Ja ja, ich geh eh nachher ins Bett"

"Na ge, wir wollten noch in die Schottergrube baden fahren"

Die Schottergrube war ein Badeteich mit vielleicht 200 mal 50 Metern gleich außerhalb des Dorfs. Ursprünglich war nur so eine Firma scharf auf den Schotter gewesen, aber jetzt hatten die Loibesbrunner den Teich für sich gewonnen und belagerten ihn von Mai bis September. Meine Oma war ungelogen jeden Tag dort. 

"Ich weiß nicht, bin schon sau müde"

"Ach komm, Theo und Mara kommen auch, haben sie mir gestern gesagt"

"Na gut", schnaubte ich. 

Es war lange her, dass ich mit den beiden in der Schottergrube war. Früher hatten wir ein Wetttauchen gemacht, wer tiefer runter konnte. Als Beweis musste man etwas Schlamm, der sich am Grund abgesetzt hatte, mitnehmen. Meistens hatte ich gewonnen, meine Lunge war ziemlich ausdauernd. Nur hatte ich früher wirklich Angst vor den Algen im Wasser gehabt. Man konnte sie nicht wirklich sehen, aber sie kitzelten einen überall. Bah, gruselig. Leider hatte Theo, der die Dinger nichts ausmachten, das gerne ausgenutzt und welche abgerissen und mich mit ihnen abgeworfen. Oder sie war unter mich getaucht, um selbst an meinem Bein zu ziehen. Durch und durch frech. Aber es war immer lustig gewesen. 

"Super, dann fahren wir gleich nach dem Mittagessen mit der Omi zur Schottergrube. Magst du vielleicht Jeonggukie fragen, ob er mitkommt?"

"Na, der pennt sicher"

Keine Ahnung, ob er wirklich schlief, aber mir war ehrlich gesagt nicht danach, Jeonggukie schon wieder zu sehen. Es war nicht so, dass ich ihn langweilig fand, never ever. Ich wollte nur etwas Abstand und mal die Dinge sickern lassen, die die vergangenen Stunden dieser Nacht hervorgebracht hatten. Jeonggukie, der seine Freunde und Wien so sehr vermisste. Felix, der ähnliche Fantasievorstellungen hatte wie ich. Elias, der die Boys in jeder Hinsicht unterstützen würde. Basti, der genauso gut Hilfe annehmen kann, wie er sie gibt. Jeonggukies funkelnde Augen im Sternenlicht. Dieses Bild hatte sich wirklich in mein Gedächtnis gebrannt. 

"Da hast schon wieder eins vergessen", riss mich meine Mutter aus meinen Tagträumen. 

"Oh Gott, ich muss mich echt zusammen reißen"

Etwas frustriert zog ich die Fahne aus der Pflanze und beförderte sie auf den Boden. Konzentration, Konzentration! Jeonggukies Gesicht konnte ich mir später noch oft genug vor meinem inneren Auge aufrufen. Starr richtete ich meinen Blick wieder auf die beiden Reihen links und rechts von mir und suchte die Pflanzen nach den verdächtigen eingedrehten Blättern ab. 

Ein paar Minuten später hatten wir das Ende des Feldes erreicht, wo mein Vater schon auf uns wartete. Er war immer viel schneller als wir, hatte wohl Adleraugen. Schweißflecken erstreckten sich wie Seen über sein kariertes Hemd, seine sonnengebräunte Haut glänzte nass. 

"Taehyungie, wie schaust du denn aus?", fragte er mich und musterte mich mit besorgtem Blick. 

Meine Mutter checkte meine Erscheinung auch kurz ab, schien aber keine Bedenken zu haben. 

"Wie schau ich denn aus?"

"Du bist ganz käsig im Gesicht. Dicke Augenringe hast auch", berichtete mein Vater alarmiert. 

"Ge bitte, er hat nur die Nacht mit Jeonggukie durchgemacht", beschwichtige meine Mutter ihn. 

Trotz der Erklärung wich die Sorge nicht aus den dunklen Augen meines Vaters. Es war immer so, sie spielte die Sachen runter, er kümmerte sich trotzdem. Ich mochte diese Eigenschaft an ihm, vor allem weil ich ja nicht so gern meine Probleme sonst ansprach. 

"Willst du nicht lieber heim? Nicht dass du mir noch umkippst hier am Feld"

"Nein, nein, es geht eh"

"Wirklich?"

"Ja, komm gehen wir weiter", überzeugte ich ihn schließlich und wir stürzten uns wieder in den Dschungel aus Kukuruz. 

Ich gab mir noch mehr Mühe als zuvor, meine Konzentration auf höchstem Niveau zu halten. Wenn ich zu viele übersah, konnten wir die Ernte vielleicht schmeißen. Das wollte ich wirklich nicht riskieren, nur weil ich ein bisschen müde war. 

Doch es war so unglaublich anstrengend, meine Gedanken zu zügeln. Immer wieder büxten sie aus, beschworen Jeonggukies Sternenaugen herauf und ließen mich den Fokus verlieren. Wie er mich voller Respekt ansah, kleine Pflänzchen auf meiner Hand sprießen ließ, oder die Kombination von schwarzen oversized Klamotten mit lila Crocs. 

Ganz ehrlich, Jeonggukie beeindruckte mich enorm. Die Energie, die um seine ganze Erscheinung knisterte wie die Blitze aus den Wangen von einem Pikachu, erfasste mich durch und durch, brachte mein Herz zum Vibrieren. Ich mochte das, denn ich brauchte meistens einen kleinen Stupser, bevor ich eine Sache wirklich in Angriff nahm. 

Und heute Nacht hatte ich eine weitere Facette seiner Selbst kennen gelernt. Anscheinend war er sehr sensibel, wenn er sich sogar als Heulsuse bezeichnet hatte. Dabei war Weinen ja eh was Nices, da wurde das ganze stressige Cortisol schön weggespült. Vielleicht war er ja deswegen so motiviert und heiter im Alltag. Er wurde seine Sorgen effektiv und schnell los. Ey, da bekam ich auch gleich Lust auf Heulen. 

"Taehyungie! Schaust du überhaupt noch?", maßregelte meine Mutter mich schelmisch und zupfte eine Fahne hinter mir heraus. Schon wieder abgeschweift!


TH in l-word

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Sandkastenfreunde || TaeGukWhere stories live. Discover now