Loverboy

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"Magst du den letzten Bissen noch?", bot Jeonggukie mir sein Würstel an. 

"Nein, iss ruhig"

"Okay"

Mit einem Happen verschlang er das Stück und nickte zufrieden. Er wischte sich die Hände an einer Papierserviette ab und stellte den Pappteller neben sich auf die Weinbank. Ich schaute ihm gern beim Schmausen zu, da wirkte er so glücklich. 

"Hast du ein Lieblingsessen?", fragte ich ihn mit neugierigen Augen. 

"Hm, mir schmeckt viel. Steak ist nice. Und Süßigkeiten"

"Wilde Mischung", kicherte ich. 

Er lächelte mir auch mit funkelnden Augen zu und seine süßen Hasenzähnchen zeigten sich. Vielleicht konnte ich ihm ja mal was Süßes mitnehmen, wenn ich wieder aus dem Dorf kam. Obwohl, es gab ja eh so einen kleinen Süßigkeitenautomat beim Wirthaus. Wäre schön, wenn ich ihm mal eine Freude bereiten konnte. 

"Und deins?", retournierte er meine Frage. 

"Kennst du gegrillten Spargel?"

"Nein, könnt mich nicht erinnern"

"Der ist echt gut. Kannst ja vorbeikommen, wenn's den mal wieder bei uns daheim gibt. Also wenn du willst halt"

"Klar, ich komm gern", versicherte Jeonggukie mir und lehnte sich kurz zu mir, um mir ein Bussi auf die Stelle zu geben, wo mein Ohr meiner Wange entsprang. Seine Lippen streichelten meine Haut, es fühlte sich an, als würde ein zerbrechlicher Schmetterling auf mir landen. Dann war er auch schon wieder vom nächsten Luftzug davongetragen. 

"Übrigens hab ich gesehen", begann Jeonggukie beiläufig und schaute ins lodernde Feuer, "Dass es auch Kuchen gibt. Hättest du vielleicht mehr auf den Lust? Vom Würstel warst du ja nicht so begeistert"

"Es hat eh ok geschmeckt"

"Hast aber nicht sehr viel davon gegessen"

Er unterzog mich einem prüfendem Blick, dem ich nicht lange standhalten konnte. Seine Augen bohrten sich in meinen Schädel wie Korkenzieher, als wollten sie den Wein meiner Gedanken abzapfen. Da war es wieder, das altbekannte Unwohlsein wann immer die geballte Aufmerksamkeit auf mir lag. Meine Brust fühlte sich an, als wäre in ihr ein durch und durch verheddertes Wollknäuel, an dessen beiden Enden jemand zog und die Knoten damit nur noch verfestigte. 

"Wollt's dir nicht wegessen", murmelte ich nervös und umklammerte die Colaflasche zwischen meinen Händen stärker. 

"Fuck, ich bin schon wieder aufdringlich oder?", ärgerte Jeonggukie sich über sich selbst und löste augenblicklich seine Augen von mir. 

Er schwang seine Beine über die Bank nach hinten und stand auf, während ich stumm und überfordert mein Getränk anstarrte. Auch wenn ich ihn nicht sehen konnte, spürte ich seine Präsenz hinter mir. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass er jetzt keinen Bock mehr auf mich und meine Pingeligkeit haben würde und sich verpissen würde, doch das tat er nicht. Wie bei unserem ersten Date nach dem Fußballmatch am Mühlbach fing er mich mit seinen Armen ein und drückte meinen Rücken gegen seine Brust. Seinen Wuschelkopf legte er auf meine Schulter, das Kinn stützte sich am Schlüsselbein ab und seine langen Haarsträhnen kitzelten mein Ohr. 

Die Knoten in meiner Herzgegend - nein, ich hatte keinen Brustkrebs - lockerten sich etwas unter der umfassenden Wärme, die Jeonggukie auf mich übertrug. Nicht im Sinne von Körperwärme, sondern Seelenwärme. Manchmal kam es mir nämlich so vor, als würde ich mir nur selber das Leben oft schwerer machen als nötig. Zum Beispiel letztens als ich den Schlüssel für die Schottergrube vergessen hatte. Ich hätte mich am liebsten geschlagen in diesem Moment, aber Jeonggukie hatte mir sein liebevollstes Lächeln geschenkt. 

Sandkastenfreunde || TaeGukWo Geschichten leben. Entdecke jetzt