Kapitel¹¹

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➥ 𝗷𝗲𝗼𝗻𝗴𝗴𝘂𝗸

Vollkommen verwirrt und beinahe wie hypnotisiert starre ich auf meine Hand. Dabei bilde ich mir ein, dass sie noch immer ein wenig kribbelt, was allerdings Unsinn ist. Diese Auseinandersetzung mit Taehyung ist jetzt schon eine halbe Stunde her, aber noch immer komme ich nicht drauf klar, was da eigentlich zwischen uns passiert ist.
Natürlich, eigentlich wollte ich ihn nur ein wenig provozieren, weil ich Spaß daran habe. Er springt eben einfach so leicht darauf an und lässt sich aus der Ruhe bringen, sodass es tatsächlich irgendwie meinen Alltag erheitert.

Aber nie hat er mich so beeindruckt, wie in diesem Moment. Es gibt unter den Alphas noch Unterschiede. Je nachdem, wie viel adeliges Blut man in sich haben könnte - an unseren Vorfahren gemessen natürlich - fällt die Dominanz in uns unterschiedlich stark aus. Dabei steht es dann natürlich außer Frage, dass ich als Prinz eine Menge davon besitze. Das ist mir bewusst und darauf bin ich auch stolz, denn auch wenn Alphas dazu bestimmt sind, führende Positionen einzunehmen, kann es im Endeffekt nur ein Oberhaupt geben. Meine Familie hat diesen "Titel" schon seit mehreren Generationen inne und deshalb bin ich von Geburt aus einfach schon mächtig. Wenn ich will, kann ich sogar andere Alphas unterdrücken und mit ein wenig Übung könnte ich sie sogar dazu bringen, dass sie tun, was ich will. Aber auch der Erfolg dessen hängt im Endeffekt davon ab, wie mächtig oder eben nicht der andere Alpha dann ist.

Kim Taehyung war nie auffällig gewesen. Ich habe ihn immer als niederen Alpha eingestuft, vielleicht sogar als einen der besonders schwachen. Wie stark kann er schon sein, wenn er ständig mit einem Omega rumhängt? Und diesen dann ja auch nicht einmal flachlegt? Entweder färbt dieser Omega auf ihn ab oder aber er selbst besitzt nicht genug Alphagene in sich, damit diese seinen Instinkt übernehmen können.
Aber dieser Moment eben im Schulflur.. Ich bin weiß Gott nicht leicht zu beeindrucken und mit seinen dämlichen, verbalen Drohungen schafft er das auch nicht. Aber dieser Blick, den er mir zugeworfen hat, dieses grollende Knurren.. Das war das Verhalten eines mächtigen Alphas.

Ich schüttele über mich selbst den Kopf, bevor ich diesen dann an die Wand zurücklege und eine Weile in den Himmel starre. Meinen Arm stütze ich dabei entspannt auf meinem Knie ab, sodass meine Hand in der Luft hängt und noch immer kribbelt. Wenn ich andere Leute im Bett anfasse, dann passiert nie etwas. Ich spüre nicht einmal was, wenn ich jemanden küsse, obwohl man der Meinung sein könnte, dass man gerade dann etwas spürt. Ja, okay, natürlich macht es mich geil, sonst würde ich das ja nicht machen, aber diese Berührung mit Taehyung eben war auf einem anderen Level.

Es war die warme Art von Kribbeln, die früher meine Mutter in mir hervorgerufen hat, als ich noch ein kleiner Junge war. Nicht falsch verstehen, ich assoziiere den Spacken nicht mit meiner Mutter, aber wenn sie mir immer sanft durch die Haare gestrichen oder über meine Wange gestreichelt und mich gelobt hat, dann wurde mir damals immer ganz warm im Bauch. Solche Momente sind eine Ewigkeit her und ich kann mich gar nicht mehr richtig daran erinnern, wann sie aufgehört haben, aber trotzdem sind sie Teil meiner Kindheit.

Und genau diese kribbelnde Wärme hat Taehyung mit einer einzigen Berührung in mir hervorgerufen. Ich will jetzt ungern zugeben, dass es schön war, aber das war es gewesen. Irgendwie.. Auf eine paradoxe Weise, denn.. Er ist ein Alpha, wie ich. Dafür muss es eine logische Erklärung geben oder vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet.

»Ach, hier bist du.« Sofort zucke ich bei dem Klang der Stimme zusammen, entspanne mich aber sofort, als ich Hoseok im Türrahmen stehen sehe. 
»Es ist echt verrückt, dass du immer noch hierher kommst, wenn du nachdenken musst.« Als ich ihn schief angrinse, kommt er näher und setzt sich schließlich neben mich, sodass wir uns eine Weile anschweigen und einfach nur den sanften Wind in unseren Haaren spüren.

»Hab gehört, du und Kim hättet euch beinahe wieder geprügelt«, schmunzelt mein bester Freund mich irgendwann von der Seite an und als er Taehyung wieder erwähnt, zuckt meine Hand tatsächlich einmal auf. Genau die Hand, die vorhin Taehyungs gestreift hat. »Ach, der Idiot wollte sich doch nur wichtig machen«, grummele ich und wische meine Hand an meinem Shirt ab, als könnte ich so verhindern, dass sie allein bei dem Gedanken an diesen anderen Alpha wieder zu kribbeln beginnt.

»Guk, ich weiß, du liebst diese Provokation, aber du hast dein Ziel doch jetzt erreicht. Meinst du nicht, es ist an der Zeit, ihn und seinen Omegafreund in Ruhe zu lassen?« Wahrscheinlich hat Hoseok Recht und ich versuche mir auch in diesem Moment einzureden, dass seine Worte der Grund sind, warum ich schließlich nicke.

Niemals könnte es daran liegen, dass ich Angst davor habe, Taehyung erneut irgendwie zu berühren, denn das würde ja bedeuten, dass ich diesem Moment im Flur zu viel Bedeutung beimesse. Denn das tue ich nicht, das war nicht der Rede wert. Ich bilde mir dieses warme Kribbeln lediglich ein, weil ich es zugegeben vielleicht ein wenig vermisse. Meiner Mutter natürlich wegen - mit Taehyung hat das ganze überhaupt nichts zu tun.

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written by ᴷᶤˡˡᵘᵃ

Alpha² ༄ TαҽƙσσƙWo Geschichten leben. Entdecke jetzt