„Du bist nicht allein"

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Ich griff zu meinem 3-D-Manöver und schwang mich in die Luft. Mein Herz schlug, es schlug und ich wusste, es könnten die letzten schnellen Schläge sein, die es machen würde. Aber ich war lebendig, ein letzte Mal bevor ich sterben könnte, war ich am Leben.
„Zieht euch zurück!", schrie ich den beiden anderen zu. Es waren meine Begleiter, die übrig geblieben sind.
„Aber Doktor!"
„Ihr behindert mich nur! Ich mach das hier!"
Ich lenkte dieses hässliche Titanenwesen ab und lockte es weg vom Versorgungswagen, weg von meinen Kameraden. Ich visierte die Achillessehne an. Zack durch waren sie mit diesen verflixten unhandlichen Schwertern. Jetzt musste ich schnell sein. Der Titan fiel und lag auf dem Bauch. Ich rannte über seinen Rücken hin zu seinem Nacken. Völlig im Rausch merkte ich nicht, dass der Rest des Aufklärungstrupps bei uns angekommen war. Ich zog meinen Dolch und rammte ihn mit einem Schrei in den Titanennacken. Fasst schon genüsslich zog ich die Klinge in einem Schnitt durch. Das Blut strömte mir in einer Fontäne entgegen und ich wurde in der heißen Flüssigkeit geduscht. Ich amtete schnell und mein Körper bebte. Irgendwie brachte ich es fertig, mir das Gesicht frei zu wischen und sah, dass mich die ganze Expedition etwas anstarrte. Ohne Worte stieg ich von den Resten, die vom Titan übrig geblieben sind runter zu meinem Pferd und dem Versorgungswagen. Den Umhang zog ich aus, er war komplett voll Blut, und schmiss ihn auf die Ladefläche.
„Kommandant", ich salutierte „Wir haben zwei Verluste zu melden. Eine Leiche können wir bergen."
„Gute Arbeit Doktor." Meint er das ironisch? Ich kam mir etwas verarscht vor, bis ich merkte, dass er wohl den Titanen meinte.
„Wir haben das Territorium soweit es geht weiter erkundet. Unsere Verluste waren dabei zu hoch, als das wir weiter reiten können. Wir reiten in der Formation zurück zu den Mauern", verkündete Erwin in die deutlich kleinere Runde. Es waren so viele einfach gestorben? Ich musste mich zusammenreißen. Ich hätte schreien können vor Wut, wieso konnte ich dagegen nichts machen?
„Dr. King vorerst haben wir Verletzte, die sie sich noch anschauen sollte, bevor es weiter geht. Hier scheinen wir vorerst sicher zu sein", damit deutet er in die Richtung eines kleinen Waldstücks.
Im Schutz der Bäume wurde ich zu den Verletzen geführt. Zuerst sah ich mir die Schwerverletzen an. Zwei waren schon längst tot. Ein weiterer Soldat wurde mir vor die Beine gelegt, er röchelte und fasste sich an den Bauch.
„Soldat, wie heißt du? Kannst du sprechen"
„Ich... es tut so weh...", er schluchzte.
„Sag mir deinen Namen"
„Ma... Mattis", sagte er schwach.
„Mattis, ich gebe dir zuerst etwas gegen die Schmerzen in Ordnung?" Er nickte kaum merklich. Aus meinem Arztkoffer nahm ich eine Dosis starkes Schmerzmittel und spritzte es ihm in den Arm. Dabei sah ich, dass meine Hände immer noch blutverkrustet waren. Doch das war nun egal, ich musste diesem armen Mann helfen.
„Es sollte gleich besser werden Mattis."
Plötzlich kniete Levi mir gegenüber auf der anderen Seite des Soldaten. Kurz trafen sich unsere Blick.
„Mattis, ich sehe mir jetzt deine Verletzung an", ich legte seine Hand von seinem Bauch und sah sofort, dass dieser junge Mann hier direkt vor mir sterben würde. Mit seiner Hand hatte er gerade noch seine Gedärme in sich gehalten. Ich konnte nichts tun. Ich legte seine Hand wieder zurück.
„Soldat, du hast tapfer gekämpft, aber ich muss dir sagen, dass du hier sterben wirst", ich nahm seine Hand, die neben ihm lag in meine.
„Nein Do.. Doktor. Ich hab .. hab ein Mädchen. Ich lie..liebe sie"
„Mattis, ich kann dir nur noch helfen, nicht mehr zu leiden. Denn sonst wird die letzte Stunde deines Lebens, die schmerzerfüllteste und schrecklichste, die du dir vorstellen kannst."
Mattis schluchzte und nickte mich nur an.
„Sie nur, sogar der Corporal ist hier. Du bist nicht allein Mattis. Du stirbst nicht in Schmerzen und nicht allein", sagte ich mit einer ruhigen sanften Stimme.
„Co.. Corporal Levi?"
„Ich bin hier Soldat, du warst ein großer Nutzen für die Menschheit", sagt Levi und fasste Mattis an der Schulter.
Ich bereitete noch eine Schmerzspritze vor.
„Mattis, ich gebe dir nun noch eine Spritze, denk an die schönsten Momente in deinem Leben. Stell dir dein Mädchen vor, wie sie lacht. Stell dir vor, wie sich durch umarmt, küsst und dich zurückliebt", ich redete weiter ruhig auf Mattis ein und sah, dass Levis Griff an Mattis' Schulter bei meinen Worten fester wurde. Ich spritze das Mittel und zog langsam meinen Dolch aus seinem Halfter. Ich konnte ihm keine höhere Dosis geben, wir brauchten noch Schmerzmittel für den Rückweg...
„Siehst du dein Mädchen Mattis?"
„Ja....", er schluchzte „sagt ihr, .. dass ich ... von Nutzen war", sagte er stark und kniff die Augen zusammen, denn er sah meinen Dolch.
„Du bist nicht allein Mattis", sagte ich und stieß den Dolch schnell und zielsicher in sein Herz. Er war sofort tot. Tief atmete ich ein und hörbar aus, dabei zog ich meine Waffe aus der Leiche raus und stand auf. Auch Levi richtete sich langsam wieder auf. Bevor er etwas sagen konnte, rief ich meiner Versorgungsgruppe zu:
„Hier ist noch ein Leichnam, auf den Wagen mit ihm!"
Ich drehte mich um und machte mich daran, die anderen Verletzten zu versorgen. Es waren zwei Brüche dabei und Wunden, bei denen ich vorerst nur die Blutung stoppen konnte. Sie musste innerhalb der Mauern wieder genäht werden -falls sie es bis dorthin zurück schaffen würden. Einige hatte auch schon ihre Wunden selbst, so gut es ging, verbunden.
„Kommandant, alle Verletzten sind mit dem nötigsten versorgt".
„Gut, dann machen wir uns auf den Rückweg"
Jemand packte mich am Arm.
„Du bist verletzt", sagte Levi und deutete auf meinen Oberarm. Wo hatte ich das denn her?
„Oh, das hab ich übersehen", es war eine ziemlich tiefe Wunde und sie blutete doch recht stark als ich es mir genauer ansah. Das müsste verbunden werden, aber die Materialien waren ausgeschöpft.
„Ist nicht so schlimm, ich hab es ja kaum gemerkt", versuchte ich Levi abzutun.
„Es ist kein Verbandszeug mehr da oder?" Verdammt! Ich kann jetzt wohl kaum zugeben, dass er indirekt irgendwie recht hatte, mit seiner Budgetverteilung. Statt zu antworten, versuchte ich seinem Blick verschämt auszuweichen und sah, dass die ersten Soldaten wieder auf ihre Pferde stiegen.
Kurzerhand riss sich Levi seine gefaltete Krawatte vom Hals und band sie mir um die Wunde.
„Das sollte aufhören zu bluten und ich jeder weiß, dass so eine Wunde nicht dreckig werden sollte...", sagte er etwas leise zu mir, als er mich verband.
„Da.. Danke..."
Er hatte es sehr geschickt verbunden und wollte schon zu seinem Pferd, blieb aber kurz neben mir stehen und flüsterte mit dem Blick geradeaus.
„Vergiss nicht, dass du nicht sterben sollst."

Der Corporal und die Ärztin 🍋Onde histórias criam vida. Descubra agora