Betrunkenes Kuscheln

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Unter der heißen Dusche ließ ich mir nochmal die Worte von Levi durch den Kopf gehen. Tatsächlich empfand er wohl etwas für mich, so wie Hanji es auch gemeint hat. Was empfand ich? Ich fühlte mich wohl bei ihm und wenn ich mir einen Mann im Aufklärungstrupp aussuchen dürfte, wäre es definitiv Levi. Aber sicher könnte ich auch gut darauf verzichten. Ich war noch nie gut in großen Emotionen oder Gefühlen was die Liebe betraf, verstand auch nicht, wie sich manche Paare gegenseitig ergänzen und nicht mehr ohne den anderen Leben wollen. Gegen so einen Kitsch war ich schon fast allergisch. Aufgeheizt stieg ich aus der Dusche und schnappte mir ein Handtuch. Im Dampf des Bades kam ich zu einem Entschluss: Ich sollte die Dingen nehmen, wie sie kommen und es soweit wie möglich genießen. Wenn es ihn nicht störte, dass andere unsere Affäre mitbekommen, dann sollte es mir auch egal sein. Und ja, für mich blieb es nach wie vor eine Affäre, sollte er sich eben einen anderen Namen dafür ausdenken.

So vergingen die nächsten Tage und Wochen und immer wieder kam es zu heißen Treffen zwischen Levi und mir. Wir blieben trotzdem diskret, kein Händchen halten, Knutschen oder Fummeln in der Öffentlichkeit. Unsere „Sache" spielte sich stets hinter einer verschlossenen Tür ab oder zumindest da, wo es sonst niemand sehen konnte. Denn im Wald gab es ja schlecht Türen und hören... nun hören konnte man mich oder Levi sicher irgendwann schon. Direkt wurde ich nur von Hanji wieder angesprochen:
„Also was läuft da nun zwischen euch?"
„Wir schlafen miteinander", gab ich kurz angebunden von mir.
„Nur Sex?"
„Exakt"
„Nun... nur von deiner Seite wohl oder?"
„Wie meinst du das?"
„Denkst du nicht, dass es für ihn mehr ist?", fragte Hanji ernster. Ich war irritiert was ich zu überspielen versuchte und lachte etwas übertrieben.
„Ich bitte dich Hanji!" Nochmal ein gekünsteltes Lachen, „wir sprechen hier von Levi!"
Um nicht noch mehr damit konfrontiert zu werden, denn langsam machte sie mir ein schlechtes Gewissen, ließ ich Hanji mit ernster Miene stehen.
Eine andere Veränderung war, dass Mike sich von mir distanzierte. Er war wohl etwas beleidigt. Nach wie vor war er nett und höflich aber nicht mehr so herzlich wie vor ein paar Wochen.
Seitens des Kommandanten merkte ich nichts aber ich schätze, er wird schon ein ernstes Gespräch mit Levi gehabt haben, denn dieser betonte letztens nochmal, dass wir unsere Arbeit keinesfalls vernachlässigen und uns nicht von unserer Beziehung beeinflussen lassen dürfen. Und ja... er hat tatsächlich Beziehung gesagt, was mir wieder einen kleinen Stich ins Herz versetzte.
Alles hatte sich verändert und ich fragte mich immer wieder, ob ich es bereute, mich mit dem Corporal eingelassen zu haben. Aber tief in mir, war immer diese Wärme, die er bei mir zurückließ. Ich bereute es nicht. Außerdem muss sich alles auch irgendwann normalisieren. Zum Beispiel hatte Petra heute Geburtstag. Als eine der Elite-Soldaten im Aufklärungstrupp wurde ihr zu Ehren eine kleine Feier veranstaltet, die sich im Grunde als Saufgelage entpuppte. Irgendwer spielte dauernd eine dieser nervigen Fiedeln und ich betete, das irgendwann eine der Seiten reißt. Mein Glück war mir nicht hold, also schloss ich mich dem Trinkgelage an, um zumindest etwas von der Feier mitzunehmen. Und tatsächlich, nach ein paar Gläsern hörte sich das Gedudel gar nicht mehr so schlecht an. Alle waren freundlich und ein paar tanzten sogar im Kreis. Ich saß am Tisch, fühlte mich gut und horchte den Gesprächen um mich herum. Meistens ging es um irgendwelche Titanen die erlegt wurden, ausgedachte Heldengeschichten oder Weibergeschichten. Die weiblichen Soldaten waren nämlich fast alle am Fiedeltanzen, darunter Hanji, die mir immer wieder zuwinkte und mir zu verstehen gab, dass ich mitmachen sollte. Ich winkte dankend hab und goss mir noch ein Glas ein.
„Hast du Spaß", lallte Mike, der auf mich zukam und sich letztendlich auch neben mich setzte.
„Sehr", ich hickste kurz laut, „aber ich glaub langsam... langsam hab ich genug", sagte ich verzögert und merkte nun den Alkohol wirklich sehr.
„Sag mal..", fing Mike an und legte seinen Arm um meine Schulter, „wieso eigentlich Levi?"
Oh bitte nicht das Thema, dachte ich nur. Vor allem nicht, wenn ich so angetrunken war. Ich seufzte genervt.
„Wieso nicht? Mike..." Meine Zunge war so unglaublich schwer.
„Ja! Wieso nicht Mike? Wieso nicht den guten alten Mike statt Super-Levi?", sagte Mike der schon etwas sabberte aber dennoch eine Mischung Trauer und Wut in seinen Augen hatte.
„Mike", setzte ich an und legte seinen Arm von meiner Schulter weg, „ich bin betrunken und du auch, ich vergesse das jetzt einfach und.." ich versuchte aufzustehen, doch alles schwankte, so dass ich wieder auf die Bank niederplumpste, „und geh gleich."
Mike hatte verstanden, blieb aber neben mir sitzen und schaute traurig in sein Glas. Ich sammelte all meine Energie und konzentrierte mich, dass ich ohne zu arg zu wanken auf mein Zimmer kam.
Die Gänge waren wieder so verdammt dunkel, nur der Mondschein und sehr wenige Kerzen spendeten Licht. Ich hatte mich etwas verlaufen, sah aber bald, dass ich einfach in der falschen Etage war. Ich war in der Nähe des Kommandanten Büros. Unter dem Türspalt kam Licht heraus -natürlich! Erwin Smith ist genauso ein Arbeitstier wie Levi. Kein Wunder, dass die sich so gut verstehen. Ich wollte nicht stören also schlich ich mich am Zimmer vorbei, um zu den nächsten Treppen zu gelangen.
„Wieso an dieser Stelle der Formation? Letztens hat es doch gut geklappt mit dem medizinischen Versorgungswagen!", hörte man auf einmal aus dem Zimmer. Es war Levi!
„Der Wagen ist zu langsam! Ich will, dass nur Pferde unterwegs sind und sie wird diesmal primär als Soldat eingesetzt, der eben zufällig auch erste Hilfe leisten kann!" Das war nun Erwin.
Es ging um mich und die nächste Expedition. Mir stockte der Atem.
„Erwin! Gerade der Äußere Teil der Formation und dann auch noch soweit hinten! Du und ich, wir wissen, dass dort statistisch gesehen die meisten Soldaten sterben", sagte Levi eindringlich.
„Was habe ich dir letztens gesagt Levi? Egal was das zwischen euch ist, ich dulde nicht, dass es in irgendeiner Weise eure Tätigkeit als Soldat einschränkt!" Erwins Stimme war hart und streng. Ich konnte sichtlich sein Gesicht vor mir sehen, als ich diese Worte hörte.
„Habe ich mich klar ausgedrückt?", setzte er nach.
„Natürlich", kam es leiser und gedämpft von Levi.
Das Gespräch war wohl beendet. Bevor ich entdeckt wurde, machte ich mich so schnell wie möglich, und das mit einem ordentlichen Schwipps (!), auf den Weg in mein Zimmer.
Ich lag im Bett, alles drehte sich, das war einfach zu viel des guten und dann auch noch dieses Gespräch. Was bedrückte mich wohl am meisten? Das schlechte Gewissen wegen Mikes offensichtlichen Gefühlen, das Bewusstsein, dass ich bei der nächsten Expedition höchstwahrscheinlich draufgehen werden, dass Levi wegen mir Ärger mit Erwin hat oder einfach nur, dass ich viel zu viel getrunken hatte und es morgen Früh sehr bereuen würde?
Langsam dämmerte ich im Rausch vor mich hin und war kurz vorm Einschlafen als ich hörte, wie meine Tür klickte und aufging. Ich hatte vergessen abzusperren? Finger weg vom Alkohol, Dr. King!
Es war Levi, der sich langsam zu Tür reinschlich. Diesen Figur kannte ich mittlerweile schon so gut.
„Levi?", fragte ich trotzdem sicherheitshalber und wie immer bekam ich keine Antwort. Stattdessen zog er sein Hemd aus und machte Anstalten, auch seine Hose auszuziehen. Normalerweise freute ich mich über so einen kleinen Striptease sehr aber gerade jetzt? Nein, dazu war ich wirklich nicht in Stimmung.
„Levi, nicht heute, wirklich... ich bin betrunken und gar nicht in Stimmung", murmelte ich deshalb aus meinem Bett heraus.
„Schon gut", kam von Levi und er stieg über mich drüber und legte sich neben mich an die Wandseite des Bettes. Er hob meine Bettdecke, legte sich seitlich und wanderte mit seinem Arm über meinen Bauch.

Der Corporal und die Ärztin 🍋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt