Ein Titanen-Rudel

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Die ersten Sonnenstrahlen wagten sich hervor als wir bereits auf unseren Pferden in Richtung Mauer unterwegs waren. Der vergangene Tag war eine Mischung aus Aufregung und Angst, meine Hände waren ständig kalt-schweißig und eine innere Kälte setzte sich in meinen Knochen fest. Ich hoffte darauf, dass das Adrenalin einsetzen würde, wenn wir die Mauern hinter uns gelassen haben. Levi hatte mich noch in der Nacht ausgiebig verwöhnt und flüsterte mir die wildesten Sachen in mein Ohr. Diese Nacht hätte niemals enden dürfen, dachte ich wehmütig als ich Levi vorne neben Erwin reiten sah. Ich hatte diesem Soldaten versprochen, dass ich nicht sterben würde. Aber mehr als versprechen kann ich es auch nicht.
Ich machte mir allerdings auch Sorgen um meine ganzen Kameraden. Zwar war jeder wieder mit den medizinischen Notfallsachen ausgerüstet aber wer von ihnen wusste schon, was man bei einem offenen Bruch machen konnte oder einem abgerissenen Arm? Obwohl es in dieser Expedition sowieso egal war, dachte ich sofort niedergeschlagen. Wie konnte Erwin das nur verantworten? Einfach jeden zurück lassen, der nicht mehr reiten kann... Wieso mussten wir unbedingt so schnell sein? Levi meinte, dass der Kommandant um jeden Preis eine Burg einnehmen will, damit der Aufklärungstrupp einen Fixpunkt und Rückzugsort für die Zukunft hat. Diese Burg wäre nur mit einem schnell ausgeführten Plan wieder zu erobern. Es stand mir sicher nicht zu, den Kommandant in Frage zu stellen, aber sicher hatte ich meine Zweifel. Noch dazu konnten wir uns nicht einmal vorbereiten. War das auch beabsichtigt? Psychologisch würde es sogar Sinn machen, somit konnten wir uns nicht Tage vorher um den Schlaf bringen, überlegte ich.
Wir erreichten den Schatten der Mauern und ich verwarf meine Gedanken über den Sinn dieser Expedition. Das Tor hob sich und Levi warf mir einen letzten Blick zu, „vergiss nicht, was du mir versprochen hast", sprachen diese Augen. Danach waren alle Soldaten vollkommen fokussiert und nahmen ihren Platz in der Formation ein. Mila und John waren in meiner Gruppe, erst gestern hatte ich sie kennengelernt, jetzt mussten wir uns schon blind vertrauen können. In meinen Augen schienen sie fähige Soldaten zu sein und ich war bereit, es mit jedem Titan aufzunehmen, der sich uns in den Weg stellen sollte.
Es verging vielleicht eine Stunde und wir hatten immer noch Glück, uns erreichte keiner der Titanen. Vereinzelt erkannten wir an den Farbraketen, dass die anderen Gruppen Zwischenfälle hatten, doch bei uns blieb es ruhig. Auch von der Richtung in der Levi ungefähr ritt, sah man ein paar Raketen, doch zum sorgen blieb nun keine Zeit, ich musste konzentriert bleiben.
„Wir scheinen Glück zu haben!", rief uns Mila zu, die rechts von mir ritt.
„Abwarten", antwortete ich und versuchte etwas mahnend zu klingen, sie sollte sich nicht zu sehr in Sicherheit wiegen.
Kaum hatte ich gesprochen, erkannten wir vor uns Figuren, die verdammt an Titanen Silhouetten erinnerten. Aber so viele auf einem Haufen? Keiner von uns sagte etwas, denn wir hatten Angst es auszusprechen. John schien etwas naiver zu sein als wir Frauen und sagte nach einer Zeit scherzend
„Seht ihr die Schatten da vorne? Das sieht ja fast aus wie ein Rudel Titanen", bis wir immer näher ran kamen und merkten, dass er Recht hatte. Es waren zehn Titanen die auf einem Haufen standen und dumm vor sich hin grinsten. Alle in der zehn Meter Klasse.
„Scheiße" kam es jetzt nur noch von John. „Scheiße, scheiße, scheiße!!!", er schien emotional total überfordert und nah dran die Nerven zu verlieren.
„Reiss dich zusammen, John!", zischte ich ihn an. Noch hatten die Titanen uns nicht bemerkt. Mila war völlig verstummt, sie war kalkweiß im Gesicht.
„Das sind zu viele! Das schaffen wir nicht!" kam es panisch von John.
„Wir müssen die Formation halten und diese Bastarde von den anderen Soldaten fern halten! Das ist unsere Aufgabe oder habt ihr beiden das vergessen?", versuchte ich sie zu Recht zu weisen. Doch sie schienen immer noch geängstigt.
„Ich habe auch Angst aber das ist gut! Spürt ihr, wie euer Blut in euch fließt? Wir leben und wir kämpfen dafür, dass wir weiterleben. Wir, unsere Kameraden und die restliche Menschheit!"
John schien sich beruhigt zu haben und sein Blick wurde ernster und auf die Titanen gerichtet, die uns letztendlich entdeckt hatten. Auch Mila nahm all ihren Mut zusammen und ballte ihre Fäuste um die Zügel ihres Pferdes. Langsam näherten sich die Menschenfressenden Monster.
„Mila, du versuchst den ganz außen rechts. John, geb ihr Deckung! Ich werde gleich den daneben aufschlitzen", ich hatte das Gefühl sie hatten Anweisungen nötig und tatsächlich schienen sie erleichtert, endlich einen Plan zu haben.
Wir spornten unsere Pferde an und gingen zum Frontalangriff über. Ich schlug meine Befestigungen in den Titanen und angelte mich langsam hoch zu seinem Nacken hoch. Immer wieder griff er nach mir und auch die anderen Titanen streckten ihre Hände nach mir aus. Mila versuchte eher den Händen auszuweichen als sich dem Nacken ihres Titanen zu nähern, wie ich aus den Augenwinkeln sah. John half ihr und schwang sich ebenfalls in die Luft. Endlich hatte ich es geschafft auf der Schulter meines Monsters zu landen und Richtung Nacken zu rennen. Mit voller Wucht rammte ich die Klinge ins Fleisch. Der Titan war erledigt, ebenso wie die Klinge. Diese Schwerter waren wirklich nutzlos, dachte ich und war froh, dass ich wieder meinen Dolch bei mir hatte. Ein Schrei riss mich wieder ins Hier und Jetzt. Mila war von ihrem Titanen gepackt worden und drohte gefressen zu werden. Zum Glück hackte John noch rechtzeitig die Hand hab, doch Mila fiel zu Boden. Statt den Titanen endgültig zu erledigen, flog John Mila hinterher und barg sie. Ich kümmerte mich um den Titanen. Zweiter Titan erledigt und auch die zweite Klinge. Ich muss wirklich behutsamer mit den Dingern umgehen! Ich sah, wie John Mila auf ihr Pferd setzte und selbst am Ende seiner Kräfte war.
„Reitet vor und warnt die anderen! Ich halte die Viecher hier im Schach!", schrie ich schon wieder in der Luft und im Anflug auf den nächsten Titanen. John wollte Widerworte geben, öffnete den Mund, ließ es jedoch und nickte stattdessen nur. Als ich meinen dritten Titanen erledigte sah ich noch aus der Höhe, wie sich die zwei Reiter entfernten. Wenn ich bei jedem Titan eine Klinge verschwende wird es eng, dachte ich und wurde wieder von einer Titanenhand verscheucht.

Der Corporal und die Ärztin 🍋Where stories live. Discover now