Kapitel 12

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SAMARA

Dumm.

Sie war einfach nur dumm gewesen.

Wieso hatte sie den Menschen mitgenommen? Wieso hatte sie ihm den Ort gezeigt, der ihr mit am meisten bedeutete?

Samara wusste es selbst nicht und genau diese Tatsache ärgerte sie mehr, als alles andere momentan.

Das sie nun den Körper von Njal an ihrem Rücken spürte, machte es nicht besser. Ganz im Gegenteil. Es verwirrte sie nur noch mehr.

Cryder spürte ihre Gefühlslage und flog auf direktem Weg zurück zum Unterschlupf. Er landete sogar ein wenig ruppiger, als sonst, um Njal zu ärgern. Wortlos rutschte sie von dem Rücken ihres Wyvern und achtete nicht darauf, ob und wie Njal von dem Tier herunterkam.

„Samara." Rief Njal, doch sie wandte ihm nur den Rücken zu und strich Cryder über die lederne Haut. Das beruhigte sie meistens und auch jetzt beruhigte die Anwesenheit ihres besten Freundes ihren Herzschlag.

Samara roch sein näherkommen eher, als dass sie seine Körperwärme spürte. Wieso konnten Menschen so warm werden? Wurde er krank? War sie krank?

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht, von dem Samara wusste, dass es die meisten Menschen in die Flucht schlagen konnte, drehte sie sich zu Njal um und schaute in himmelblaue Augen.

„Was möchtest du, Menschlein?" fragte sie ihn ruhig.

Samara wurde von Geburt an zu einer Waffe und einem Monster erzogen. Sie wusste, wie sie anderen Angst machen konnte und wie man dann diese Angst gegen den Gegner einsetzen konnte.
Von Njal strömte ebenfalls der süßliche Duft der Angst, doch da war noch mehr. Samaras Sinne erfassten jedes Detail.

Die blonden Haare, die ein wenig schief geschnitten waren, als ob der Valg oder der Prinz ihm die Haare geschnitten hatten. Die breite Schulter und die Brust, die sich in regelmäßigen Zügen hob und senkte. Die rechte Hand, die am Gürtel lag, wo sein kleiner Dolch versteckt hing.

Das alles bemerkte Samara, ohne wirklich hinschauen zu müssen. Ihr Geruchssinn verriet ihr noch mehr.

Njal hatte Angst aber von ihm strömte auch Trauer und Wut und etwas, was Samara noch nicht ganz zuordnen konnte. Es roch so bitter, wie Eifersucht aber auch so lieblich, wie die Liebe. War Njal etwa unglücklich verliebt? War er eifersüchtig auf jemanden, der ihm seine Liebhaberin streitig machte?

Samara legte den Kopf ganz minimal schief. Die Bewegung war zu klein, um vom menschlichen Auge erkannt zu werden.

Njal nahm einen tiefen Atemzug, als ob er sich vor dem, was er nun sagen wollte, wappnen musste. „Ich wollte dich nicht beleidigen oder kränken, Samara. Es tut mir leid."

„Du hast mir ein Kompliment gemacht, Menschlein. Das war alles andere als eine Kränkung." Samara hasste ihre eigene Stimme ein wenig. Diese Stimme nutzte sie normalerweise immer dann, wenn sie kurz davor war jemanden zu töten. Diesen Menschen vor ihr wollte sie jedoch nicht töten.

„Wenn das so ist. Wieso bist du dann so abrupt aufgebrochen?"
Samara machte eine Handbewegung, die die gesamte Landschaft einfing. „Weil es gedämmert hatte und man im Dunkeln nicht draußen sein sollte. Lernt man in Rifthold sowas nicht?"
„Rifthold ist eine Stadt. Eine ziemlich große dazu. Da leben keine Kreaturen."

Samara hätte am liebsten aufgelacht. In Rifthold lebten Kreaturen. Zumindest vor zwanzig Jahren war es der Fall gewesen. Sie war schon seit Jahren nicht mehr in der Stadt gewesen, weswegen sie nicht wusste, wie es heute dort aussah. Wie Dorian Havilliard die Stadt verändert hatte. Er und Manon...

Throne of Glass- Herrscherin der FinsternisWhere stories live. Discover now