II

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James PoV

Als ich nach dem Festessen mit vollem Magen im Bett lag, ließ ich den Tag revue passieren. Es war eigentlich nichts großartiges passiert, ich hatte mich schnell von Mum, Dad und Teddy verabschiedet und war dann mit Fred und Louis in unser Stammabteil gegangen. Merlin sei Dank musste ich diese Zugfahrt nicht mit Malfoy verbringen.

Doch irgendetwas war heute nicht so wie sonst gewesen. Vielleicht lag es ja daran, dass ich jetzt Quidditchkapitän war ? Zwar war ich sehr stolz, und meine Eltern und Teddy waren vollkommen aus dem Häuschen gewesen, doch ich wurde das Gefühl nicht los, dass Professor Longbottom mich wegen Dad zum Kapitän ernannt hatte.

Er hatte ein langes, ernstes Gespräch mit mir geführt und durchsickern lassen, dass wenn meine Noten nicht besser werden würden, er jemand andernen zum Kapitän ernennen würde.

Professor Longbottom war die gerechteste und freundlichste Person die ich kannte und ich hatte die Befürchtung, dass er sogar jemanden wie Malfoy zum Kapitän ernennen würde.

Beim Gedanken an das Malfoy Mädchen bereitete sich das brennende Gefühl des Hasses in mir aus. Wie konnte sie es wagen, mich einfach so bloßzustellen! Und dabei wurde sie auch noch von der Hälfte ihrer Teamkameraden unterstützt!

Eigentlich wollte ich sie nur ein bisschen verärgern und eine kurze Kabbelei vom Zaun brechen, so wie wir es die letzten Jahre immer getan hatten, doch heute war etwas an ihr anders gewesen.

Irgendwas schien sich über den Sommer verändert zu haben, denn Andromeda Malfoy schienen meine Beleidigungen nicht wie sonst auf 180 zu bringen, sondern hatten sie vollkommen kalt gelassen. Außerdem wirkte sie reifer und kühler, aber erschöpfter, als wäre sie in den paar Wochen schlagartig erwachsen geworden, so seltsam es auch klingen mochte.

Sie hatte diesen melancholischen Ausdruck in ihren grauen Augen und ihr Gesicht war blasser und schmäler geworden. Irgendwie beunruhigte mich das.

Jetzt, wo ich so darüber nachdachte fiel mir ihr Bruder, der kleine Schlangenfreund von Albus, Scorpius Malfoy, wieder ein. Als ich die beiden heute kurz in der großen Halle gesehen hatte, war auch in Scorpius'Blick diese Traurigkeit und Erschöpftheit zu sehen gewesen.

Das machte mich neugierig. Vielleicht hatte ihnen ja Draco Malfoy etwas angetan. Obwohl meine Eltern behaupteten, er habe sich gebessert, konnte ich das nicht ganz glauben. Mich hatte es ja schon gewundert, dass Andromeda nach ihrer Einteilung nach Gryffindor nicht heulend zusammengebrochen war oder einen Heuler bekommen hatte.

Ich entschied mich dazu, der Sache auf den Grund zu gehen. Mit diesem Gedanken schlief ich ein.

Trotz der frühen Stunde summte die große Halle wie ein Bienenstock. Die verzauberte Decke zeigte einen wolkenlosen strahlend blauen Himmel.

Ich setzte mich mit Fred zu unseren Zimmerkameraden Linus, einem kleinen blonden Jungen mit stechend grünen Augen und John, dessen kastanienbrauner Lockenkopf immer wie gerade-erst-aufgewacht aussah, von denen wir mit einem gebrummten "Morgen" empfangen wurden. Die beiden waren absolute Morgenmuffel.

Ich ließ meinen Blick über den Tisch schweifen und sah einige meiner Cousins, bis auf einmal ein vertrauter roter Haaarschopf in mein Blickfeld sprang. Lily.

"Jamesieee! Guten Morgen! Ich soll dich im Auftrag von Rose fragen, wann du die Auswahlspiele ansetzt."

"Und warum fragt sie mich das nicht selbst?", schnaufte ich genervt.

"Weil die Wahrscheinlichkeit, dass du mir den Kopf abreißt, wenn ich vor acht mit dir rede, viel kleiner ist.", erklärte sie mir zuckersüß. Genervt fuhr ich mir mit der Hand durch meine eh schon verstrubbelten Haare.

"Dann sag ihr, dass ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht habe und jetzt zisch ab, ich will meine Ruhe!" Da zeigte Wirkung, denn sie trollte sich zu Hugo und Rose.

Ich wurde zum zweiten Mal an diesem Morgen von Professor Longbottom gestört, der mir meinen Stundenplan gab. "Denk dran, James. Dieses Jahr solltest du dich ein bisschen mehr anstrengen, denn die ZAGs sind selbst für einen Potter kein Zuckerschlecken.", machte er mir ernst klar und ging dann weiter.

Auf eimal war mir der Appetit vergangen, denn allein schon bei dem Gedanken, dieses Jahr wirklich lernen zu müssen, drehte sich mir der Magen um.

Der Blick auf meinen Stundenplan machte es auch nicht besser. Gleich in den ersten zwei Stunden hatte ich Pflege magischer Geschöpfe. Es waren nicht etwa Hagrid oder das Fach das Problem, sondern weil von den Gryffindors unseres Jahrgangs nur noch Andromeda das Fach gewählt hatte. Das bedeuete, ich war die Doppelstunde allein mit ihr, drei Slytherins, fünf Hufflepuffs und vier Ravenclaws.

Ich drehte mich zu Fred, John und Linus um mit ihnen die Stundenpläne zu vergleichen. Wir hatten später noch eine Stunde Wahrsagen (wo Malfoy nicht da war, denn sie hatte Muggelkunde), eine Doppelstunde Zaubertränke und Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Wahrsagen war zwar Schrott, aber Slughorn mochte mich und Mortimer Flintstone, der junge Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, war wirklich cool.

Mit wenig Elan machte ich mich also auf den Weg über die Ländereien zu Hagrids Hütte. Das Gras war noch nass von dem Unwetter gestern Abend und die Regen- und Tautropfen glitzerten im Sonnenlicht. Es war ein erstaunlich schöner Septembertag für Schottland.

Bei der kleinen, windschiefen Hütte des Wildhüters angekommen verkündte Hagrid uns begeistert, dass wir bis Weihnachten ein "kleines Projekt" machen würden. Wir sollten zusammen mit unserem Partner um ein Tierbaby kümmern, was vielen Mädchen ein begeistertes Quietschen entlockte, den Jungs nur ein eher zurückhaltender Blick.

"Ich werde jetzt die Teams und ihr jeweiliges Tier vorlesen:", erklärte Hagrid.
"Michael Fortescue und Jason Wright kümmern sich um einen Bowtruckle." Die aufgerufenen gingen zu einer Kiste und gingen mit ihm zu einem Plätzchen abseits von uns anderen.

So ging es immer weiter, bis ich Hagrid meinen Namen sagen hörte:" James Sirius Potter und Andromeda Malfoy kümmern sich um einen Donnervogel."

Ich stöhnte auf, das war zu viel. Auch Andromeda sah nicht wirklich begeistert aus, doch sie fügte sich ihrem Schicksal und zog mich mit sich zu einer kleinen Kiste, aus der uns ein Donnervogelbaby mit großen, bernsteinfarbenen Augen ansah. Sie nahm es heraus und wir setzten uns am Waldrand ins Gras.

Wir sahen eine weile zu, wie es tollpatschig auf seinen kurzen Beinen herumstakste und gelegentlich über seine Flügel stolperte. Irgendwie war es schon süß.

"Also Potter. Ich hab geauso wenig Lust auf dich wie du auf mich, aber ich habe mich wirklich auf das Projekt gefreut also mach ich dir ein Angebot: Waffenstillstand, solange wir hier sind oder uns um ihn kümmern. Abgemacht?"

"Abgemacht!", antwortete ich nach kurzem Zögern.

"Jetzt brauchen wir nur noch einen Namen. Hagrid hat mir gesagt, es ist ein er.", sagte Andromeda und sah mich fragend an.

Ich überlegte kurz. "Was hältst du von Freddie?", fragte ich schließlich. Sie sah mich erstaund an.

"Wie Freddie Mercury?", fragte sie grinsend und ich nickte.

"Na dann, Freddie. Wir sind deine Tante Andromeda und dein Onkel James."

𝐜𝐨𝐧𝐬𝐭𝐞𝐥𝐥𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬 | 𝐣𝐚𝐦𝐞𝐬 𝐬𝐢𝐫𝐢𝐮𝐬 𝐩𝐨𝐭𝐭𝐞𝐫Donde viven las historias. Descúbrelo ahora