IV

882 62 16
                                    

Andromeda PoV

Dienstag Abend war ich nach langer Zeit mal wieder allein, denn ich war an der Reihe, nach Freddie zu sehen. So hatte ich mir nach dem Abendessen eine weite Jeans und einen großen waldgrünen Pullover, der Scorpius gehört hatte, angezogen, war in meine schwarzen Converse geschlüpft und hatte mich in die Ställe begeben.

Nun saß ich in Freddies Box im Stroh und Heu, die kleine Lampe über mir spendete warmes helles Licht, und war mit meinen Gedanken allein. Während ich dem Donnervogelbaby über sein Gefieder strich, musste ich wieder an Mom denken.

Es war jetzt schon zwei Monate her, dass sie gestorben war. Ich spürte einen Stich in meinem Herzen, als ich an sie dachte und ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn sie nicht krank geworden wäre.

Zwar war ich eher ein Dad-Kind, Scorpius war der, der immer an Mom gehangen hatte, aber wir beide hatten eben diese ganz besondere Mutter-Tochter Verbindung gehabt.

Sie hatte mir beigebracht, meine unzähmbaren Haarschopf einigermaßen gepflegt aussehen zulassen, die Bauchkrämpfe halbwegs zu überstehen und natürlich das Klavierspielen.

Als ich an das Klavier dachte, musste ich schmunzeln. Astoria Malfoy war eine begnadete Pianistin gewesen, auch wenn es ein Muggelinstrument war.

Und diese Leidenschaft hatte sie an mich weitergegeben. Schon im zarten Alter von vier Jahren hatte sie sich mit mir auf den Hocker gesetzt, um mir einfache Stücke beizubringen.

Mit der Zeit wurde ich immer besser und irgendwann konnte ich sämtliche Stücke von Bach, Chopin, Mozart und den ganzen anderen großen Muggelkomponisten spielen. Mom hatte sie vergöttert.

Als sie dann krank wurde und irgendwann zu schwach zum spielen war, hatte ich ihr stundenlang vorgespielt.

Traurig betrachtete ich meine Hände, die seit ihrem Tod keine einzige Taste auch nur berührt hatten. Sie waren klein, aber schlank und feingliedrig, die Hände eines Künstlers.

Ich wurde von dem Klappern der Stallbox gerissen und sah meinem Bruder vor mir stehen, die platinblonden Haare verstrubbelt.

Er lächelte sanft. „Roxanne hat mir gesagt, wo ich dich finde. Meiner Meinung nach sollten wir mal wieder eine Geschwisterprimetime einlegen, findest du nicht?", sagte er und setzte sich zu mir. Ich legte einen Arm um ihn, was von außen bestimmt lächerlich aussah, da er mich um ein paar Zentimeter überragte, doch ich war immerhin seine große Schwester. Ich musste ihn beschützen.

„Ich habe nichts dagegen.", antwortete ich.

Eine Weile schwiegen wir einfach, bis Scorpius die Stille durchbrach. „Jetzt sind schon zwei Monate vergangen. Und ich vermisse sie immer noch wie verrückt."

„Ich auch, Scorp. Und auch wenn es sich egoistisch anhört, ich wünsche mir, sie wäre nicht gestorben." „Das ist doch nicht egoistisch, Andy!" Ich seufzte und zog ihn enger an mich.

„Ich habe gerade ans Klavierspielen gedacht und wie sie mir immer gesagt hat, ich sei ein Naturtalent. Aber ich war und werde auch nie so gut sein wie sie."

Scorpius lachte. „Ich kann mich erinnern, wie sie es mir auch beibringen wollte, aber ich war ein hoffnungsloser Fall. Sie hat immer gesagt: ‚Scorpius Malfoy, das ist ein Klavier und kein Schlachtfeld! Und um Himmels Willen, das ist doch kein C!'"

Wir begannen haltlos zu lachen und als wir uns nach einer Weile mit schmerzenden Bäuchen wieder beruhigt hatten, fiel mir auf, dass ich mich zum ersten Mal an sie erinnert hatte, ohne traurig zu werden.

Als ich Scorpius darauf aufmerksam machte, lächelte er nur. „Die Zeit heilt alle Wunden, Andy. Wir dürfen sie nur nie in Vergessenheit geraten lassen." Mein Bruder überraschte mich immer wieder aufs neue mit seinen Weisheiten. Manchmal kam es mir so vor, als sei er innerlich viel älter als ich. Doch manchmal wiederum fragte ich mich, ob er geistig überhaupt jemals die Reife eines Sechsjährigen erreichen würde.

„Lass uns einen Brief an Dad schreiben!", schlug ich vor und er nickte zustimmend. Ich verabschiedete mich von Freddie, der nach der heutigen Streicheleinheit und seinem Lieblingssnack, Frettchen, sehr zufrieden schien und machte mich mit meinem Bruder zum Schloss auf.

Wir gingen zum Slytherin Gemeinschaftsraum, da er näher lag als meiner und Scorpius schlüpfte durch das Portraitloch um Feder und Pergament zu holen.

Während ich wartete, begegnete mir Albus, der anscheinend auch auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum war.

„Hey Andromeda.", begrüßte er mich freundlich. „Soll ich dir jemanden rausschicken oder wartest du auf Scorp?"

„Sehr freundlich, danke, aber ich warte tatsächlich auf meinen Bruder. Wir schreiben noch einen Brief an Dad."

„Na dann. Man sieht sich!", rief er und kletterte durch das Portrait. Ich mochte ihn, er war stets höflich und nicht so arrogant wie sein Bruder.

Kurze Zeit später kam Scorpius heraus und wir machten uns auf den Weg in die Eulerei, den Brief wollten wir dort schreiben.

Oben angekommen setzten wir uns vor der Tür auf den Boden und er schrieb, da meine Schrift schrecklich war.

Wir schrieben die üblichen Floskeln: wie es uns ergangen war, wie es ihm ging und dass wir ihn vermissten. Das taten wir wirklich, aber eher, da wir uns vorstellen wie er ganz allein in unserer Wohnung herumgeisterte und bei dem Gedanken daran zeriss es mir das Herz.

Wir setzten unsere Namen darunter und gingen in die Eulerei. Ich suchte Mo, meine Eule, die durch ihr schwarzes Gefieder und die silbrig schimmernden Augen besonders herausstach, und band ihm den Brief ans Bein. Er kniff mir zutraulich ins Ohr und Scorpius und ich verwöhnten ihn noch etwas mit Eulenkeksen, ehe ich ihn losschickte.

Wir machten uns wieder auf den Weg zu unseren jeweiligen Gemeinschaftsräume, da es schon spät war und verabschiedeten uns mit einer Umarmung, was wir eigentlich nie taten.

„Na dann bis morgen.", sagte Scorpius und ich gleichzeitig ehe wir zu grinsen begannen. „Man könnte meinen, wir wären Zwillinge, Schwesterchen.",meinte er.

„Ja, vorallem bei unserer großen Ähnlichkeit und dem identischen Charakter!", antwortete ich trocken und lachend trennten sich unsere Wege.

Als ich in den Schlafsaal kam, wurde ich erfreut von Roxy begrüßt. „Da bist du ja endlich!" Sie war anscheinend sehr einsam gewesen, da die Jungs aus unserem Jahrgang sie zur Weißglut trieben und wir die einzigen Gryffindor Mädchen in der fünften waren.

Sie klopfte neben sich aufs Bett und ich setzte mich, ehe sie einen Haufen Schokolade vor uns ausbreitete und schon bald waren wir so vertieft in Mädchengespräche, dass wir die Zeit komplett vergaßen.

𝐜𝐨𝐧𝐬𝐭𝐞𝐥𝐥𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬 | 𝐣𝐚𝐦𝐞𝐬 𝐬𝐢𝐫𝐢𝐮𝐬 𝐩𝐨𝐭𝐭𝐞𝐫Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang