XIX

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Andromeda PoV

Die Wochen flogen nur so dahin und ehe ich es mich versah, war der erste Dezember angebrochen. Die Nacht war klirrend kalt gewesen und nun bedeckte eine dicke Raureifschicht den Boden, welche das Gelände von Hogwarts wie eine Kristalllandschaft aussehen ließ.

Trotz der reinen Schönheit, mit der uns die Natur beeindruckte, ging es mir... bescheiden.

Zwar ließen mich meine Freunde, vor allem Roxy, und Scorpius so gut wie nie aus den Augen und versuchen mit allen Mitteln, mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern (was ihnen immer öfter gelang), aber manchmal, in den erdrückend stillen Stunden der Nacht, schienen mich meine Sorgen nur so zu überrollen.

In meinem Kopf war es dann so laut, dass an Schlaf gar nicht mehr zu denken war und so war ich zu einer richtigen Nachtwandlerin mutiert. Mir half es ungemein, in tiefster Dunkelheit durch das Schloss zu geistern und an nichts bestimmtes zu denken. Ich hatte mich sogar mit Helena Ravenclaw, auch bekannt als die graue Dame angefreundet, die mich nach anfänglichem Misstrauen ihrerseits mit ihren Geschichten in eine andere Welt entführte.

Aber auch Roxys unermüdliche Aufmunterungsversuche, unsere langen Gespräche bei einer Tasse heißer Schokolade, das Klavierspielen oder alle anderen erdenklichen Dinge konnten die Leere in mir nicht ganz verschwinden lassen.

Denn James Potter hatte mich, eiskalt und ohne mit der Wimper zu zucken, belogen.

Seit Roxanne dies heraus gefunden hatte, ließ sie ihn nicht mehr in meine Nähe, sie war mein persönlicher Wachhund. Und dafür war ich ihr unglaublich dankbar, denn ich hatte keine Ahnung, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Gelegentlich wurde ich auch von Scorp, Al, Fred, Emilia oder meinen Teamkameraden begleitet. Auch sie hassten James nun abgrundtief.

Merkwürdig verhielt sich nur Linus. Nach meiner Auseinandersetzung mit dem ältesten der Potter-Kinder hatte er beschlossen, mein Freund zu werden (was mir nicht wirklich gefiel, er war mir einfach unsymphatisch).

Ein paar mal hatte James versucht mit mir zu reden, war dann aber wegen Roxys giftigen Blicken wieder abgedampft.

Meine Zaubertrankstunden mit ihm hatte ich beendet und den Posten an John weitergegeben, der sich ebenso wie ich für dieses Fach begeistern konnte und um Freddie kümmerten wir uns wieder abwechselnd.

Einzig und allein auf dem Quidditchfeld konnte ich ihm nicht aus dem Weg gehen. Und genau dahin waren wir nun auf dem Weg, genauer gesagt zu unserer Umkleide, denn das letzte Spiel vor Weihnachten, Gryffindor gegen Hufflepuff, stand uns bevor.

Unsere Gegner waren wirklich gut, ihre Hüterin Amanda Wood war erste Sahne und würde nach diesem Schuljahr für die Chudley Cannons spielen (sehr zum Unmut ihres Vaters, der bei Puddlemore United Karriere gemacht hatte).

Außerdem würden zu diesem Spiel sämtliche Eltern erscheinen, darunter natürlich auch Ron und Hermione Granger-Weasley, George und Angelina Weasley und natürlich Harry und Ginny Potter.

Alles in allem: gute Gesellschaft.

Und dann war da noch Dad. Er hatte lange mit sich gerungen, zum Spiel zu kommen, vor allem wegen der schiefen Blicken der anderen, die auch nach so vielen Jahren nicht hatten aufhören wollen. Und natürlich, weil Mom nicht dabei sein würde. Aber nach Scorps und meinem Betteln hatte er sich erweichen lassen.

"Nervös?", fragte mich Rose und versuchte, locker zu klingen. Allerdings war sie recht blass um die Nase.

"Ein bisschen.", gab ich zu, für mehr Worte flatterte meine Nerven zu sehr. Ich wollte gut spielen, für mich, für Dad und für Scorp und Al, die heute allen erzählen wollten, dass sie ein Paar waren.

Beim Hinausgehen schlug unser Captain mit jedem einml ein. Als ich an der Reihe war, zögerte er kurz, gab mir aber dann doch die Hand und schien sie einen Wimpernschlag länger festzuhalten. Er sah mir nicht in die Augen.

"Also dann Team, machen wir sie platt", brüllte James und euphorisch stimmten wir mit ein. Egal, was passiert war, auf dem Quidditchfeld war alles vergessen, denn es zählte nur das Spiel. Wir machten uns auf zum Feld, wo wir von tosendem Lärm empfangen wurden.

"Und es ist mir wie immer eine Freude, Gryffindors Mannschaft zu begrüßen!", rief Emilia, ihre glasklare Stimme durch das magische Megafon um ein vielfaches verstärkt und ich spürte Fred beim ihrem Klang förmlich noch eine Spur weiter grinsen.

"Der erstklassige Sucher Raphael O'Connor, die einzig wahre Hüterin Rose Granger-Weasley, die unschlagbaren Jäger Silas Hall, Jonah Anderson und Andromeda Malfoy und unsere wahnsinns Treiber Fred Weasley und der Captain James Potter."

Jubel und Buhrufe gleichermaßen erschallten von den Tribünen und meine Augen suchten die Menge nach Scorp und Dad ab. Ich konnte sie neben Ginny und Harry erblicken und sie winkten mir eifrig zu, was auch mich die Hand zum Gruß heben ließ.

"Uuund los gehts!", schrie Emilia begeißtert, als Madam Hooch das Spiel angepfiffen hatte und sogleich schnappte ich mir den Quaffle.

Ich zischte zwischen gelben Umhängen hindurch, warf schnelle Pässe zu Silas und Jonah und schließlich schmetterte ich den Ball mit aller mir gegebenen Kraft in den linken Ring.

Amanda, die Hüterin, war nicht leicht auszutricksen, also brauchte man Kraft. Und die schien ich gehabt zu haben, denn der Quaffle riss sie vom Besen und beide flogen durch den Ring.

"Sorry Amanda, altes Haus.", brüllte ich ihr zu und sie schüttelte nur den Kopf, wenn auch leicht amüsiert.

"Das nenn ich mal ein krasses erstes Tor! Hammer, Andy! Also Leute, wenn diese wahnsinns Braut mal sauer auf euch sein sollte, dann rennt, sonst habt ihr keine Chance! Ja James, ich sehe dich an."

Man hörte Gelächter, aber auch neugieriges Gemurmel. Super, jetzt durfte ich Dad von meiner kleinen Auseinandersetzung erzählen.

Ich warf einen Blick zu James, der düster zu Emilia schaute und mit solch einer Wucht auf den Klatscher eindrosch, dass es nicht nur Hufflepuffs Sucher vom Besen beförderte, sondern auch eine nichtsahnende Madam Hooch unten auf dem Rasen von den Füßen riss.

Die Dachse bekamen einen Freiwurf, den Rose aber gekonnt hielt, und das Spiel nahm seinen Lauf.

Es war ein schnelles, ziemlich verwegenes Match. Silas, Jonah und ich waren Hufflepuffs Jägern ebenbürtig und lieferten uns verbissene Kämpfe um den Quaffel, die Klatscher schienen überall zu sein und sowohl Rose als auch Amanda hatten alle Hände voll zu tun. Nur der Schnatz wollte ewig nicht auftauchen.

Ich rollte mich unter einem gegnerischen Jäger hindurch und passte zu Jonah, der den Ball gekonnt und mit voller Wucht durch den rechten Ring manövrierte.

"Und es steht neunzig zu siebzig für die Löwen nach einem tollen Wurf von Jonah, vorgelegt durch Andy. Und wieder stellt sich die Frage: wo bleibt der Schnatz? Oh halt, was seh ich da?!"

Ich wagte einen Blick hinauf zu Raphael und Caroline Chang, Hufflepuffs Sucherin, als ein Aufschrei durch die Menge ging.

Die beiden stürzte senkrecht dem Boden entgegen, die Hand nach einer kleinen goldenen Kugel ausgestreckt. Der Schnatz!

Mit rasender Geschwindigkeit kamen sie dem Boden näher, bis sich Raphael vorstürzte und im Salto seine Hand um den winzigen Ball schloss. Dann landete er mit einem dumpfen Geräusch.

Einen Moment hielt jeder den Atem an, da er sich nicht zu rühren schien, doch als er seine Hand ausstreckte und jeder das schwache Flattern der goldenen Flügel erkennen konnte, brach ohrenbetäubender Jubel aus, der sowohl Emilias Kommentare als auch das enttäuschte Stöhnen der anderen übertönte.

Wir hatten gewonnen!

𝐜𝐨𝐧𝐬𝐭𝐞𝐥𝐥𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬 | 𝐣𝐚𝐦𝐞𝐬 𝐬𝐢𝐫𝐢𝐮𝐬 𝐩𝐨𝐭𝐭𝐞𝐫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt