XI

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James PoV

Der Morgen des ersten Hogsmeade Wochenendes brach kalt, nass und stürmisch an. Ich hatte mich für meine Verhältnisse warm angezogen (Mum würde mich umbringen, wenn sie mich so raus gehen sähe) und stand mit Fred, der mal wieder mit Stolz seine heißgeliebten, kamesinroten selbstgemachten Ohrenwärmer trug, vor dem Eingangsportal.

Unsere Zimmergenossen Linus und John waren schon verschwunden, vermutlich um die besten Plätze im drei Besen zu ergattern und wir warteten nur noch auf unseren Cousin Louis. Er war, wie ein echter Halbfranzose eben, zu spät.

Ich ließ meinen Blick schweifen und erblickte Roxanne und Andromeda. Meine Cousine, dick eingepackt und ebenfalls mit den Ohrenwärmern meiner Großmutter, war wie immer voller Energie und schien ganz aufgeregt, während sie Andromeda, deren Gesicht zur Hälfte in einem flauschigen blauen Schal versteckt war, zum Eingangsportal zog.

Was mich wunderte war, dass sie sich dann voneinander verabschiedeten. Man sah die beiden höchst selten getrennter Wege gehen. Roxy hakte sich bei Jonah, Gryffindors großem, blondem Jäger ein, der reihenweise Mädchen die Köpfe verdrehte und Andromeda sah sich suchend um, ehe sie sich zu Albus und Scorpius gesellte.

"Schau mal, ich glaube, deine Schwester hat ein Date.", murmelte ich Fred zu und stieß ihm in die Seite.

Sofort schoss Freds Kopf nach oben und er starrte mit zusammengekniffenen Augen auf die zwei Gestalten, die sich auf den Weg ins Dorf machten.

"Mhpf, was will sie denn mit dem? Großer, elendiger-"

"Oh schau, da kommt Louis!", unterbrach ich seine übliche Schimpferei über jeden Kerl, mit dem Roxanne ausging (und das waren schon ein paar, denn sie war ausgesprochen beliebt bei den Jungs) und deutete auf unseren Cousin, der gefolgt von anhimmelnden Blicken auf uns zukam.

"Sorry, dass ich zu spät bin.", sagte er, entschuldigend grinsend und ich zuckte nur mit den Schultern. Das Zuspätkommen war ich schon von Fleur und Victoire, seiner Mum und seiner älteren Schwester gewöhnt.

Wir machten uns auf den Weg, uns gegen den Wind stämmend und als wir das malerische Dorf erreichten, waren wir nass und durchgefroren.

Unsere übliche Tour, bestehend aus Zonkos, dem Honigtopf und dem neuen Klamottenladen, der auch Muggelsachen verkaufte, erledigten wir zügig und gegen Mittag beschlossen wir, ins drei Besen zu gehen.

Als wir die Tür öffneten und die vertraute Glocke klingelte, empfing uns sofort die wohltuende Wärme und wir schlängelten uns durch die vollbesetzten Tische hindurch zu unserem Stammplatz.

Es war ein Tisch ganz hinten und man konnte das ganze Lokal überblicken. Außerdem waren vier Namen in den Tisch geritzt: Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone. Wir saßen also am Tisch der legendären Rumtreiber.

Louis boxte sich zur Theke durch und bestellte eine Runde Butterbier. Als er wiederkam, stießen wir an und beobachteten entspannt das Treiben.

Die Tür öffnete sich mit einem Bimmeln erneut und herein kamen die Malfoy Geschwister, Albus und Rose. Die vier ließen sich nicht weit von uns nieder und ich bemerkte, wie Scorpius und Rose sich immer wieder verstohlene Blicke zuwarfen. Andromeda beobachtete das ganze mit ihrem typischen, sanften Lächeln, wohingegen mein Bruder aussah, als würde er gleich jemandem an die Gurgel springen. Interessant.

Auch Louis beobachtete den Tisch aufmerksam, aber sein Blick war auf nur auf eine Person fokussiert: Andromeda. Und irgendwie passte mir das nicht.

"James, du hängst doch in letzter Zeit oft mit dem Malfoy Mädchen ab. Meinst du, du könntest mich ihr mal vorstellen?", frage er dümmlich grinsend.

"Nenn sie nicht so. Sie heißt Andromeda, nicht Malfoy Mädchen.", brummte ich und erntete überraschte Blicke von Fred und Louis.

"Aber du hast sie doch immer so genannt. Seit wann nennst du sie denn bei ihrem Namen?"

"Seit kurzem eben. Und wenn du was von ihr willst, dann geh gefälligst selber hin.", fauchte ich gereizt.

Die Blicke, die sich meine Cousins zuwarfen, bemerkte ich gar nicht.

Dann sah ich, wie Louis sich zu Andromeda aufmachte und in meinem Gehirn schien irgendeine Sicherung durchzubrennen, wie die Muggel sagten.

Ich richtete meinen Zauberstab auf seine Schuhe und verknotete die Schnürsenkel. Es war ein simpler Zauber, den Mum mir mal beigebracht hatte. Im nächsten Moment fiel er der Länge nach hin, direkt vor Andromedas Füße. Perfekt.

Was ich nicht bedacht hatte war, dass Andromeda eine der liebsten Personen auf der Welt war. Sie stand auf und beugte sich zu ihrem Verehrer hinunter, um ihm aufzuhelfen. Dabei lächelte sie ihr ganz spezielles Lächeln und Louis grinste charmant zurück. Man merkte ihm die Peinlichkeit von gerade eben nicht an.

"Sag mal, seit wann ist Louis so clever und wirft sich direkt vor die Füße seiner Angebeteten?", fragte Fred lachend.

Doch von mir bekam er keine Antwort, denn ich verspürte auf einmal den Drang nach frischer Luft.

Heute war irgendwie nicht mein Tag, da ich vor dem drei Besen auf Albus traf, der auf einer Mauer hockte. Doch er sah mich nicht wie sonst mit blankem Hass an, sondern zog fragend die Augenbrauen nach oben.

"Das mit den Schnürsenkeln war eine kreative Idee, Bruderherz. Darf ich den Grund erfahren?", fragte er und seine grünen Augen schienen mich zu durchbohren.

Als Antwort zuckte ich nur mit den Schultern. Ich hatte die Aktion ja selbst nicht wirklich durchschaut.

"Und warum hast du ausgesehen, als würdest du gleich jemanden umbringen? Wiedert dich die Vorstellung von deiner Cousine und deinem besten Freund etwa so an?"

Bei meinen Worten wandte Albus seinen Kopf ab und ein unglaublich trauriger Blick stahl sich auf sein Gesicht.

"Davon verstehst du nichts, James.", murmelte er.

"Wieso nicht? Ich bin älter, ich habe automatisch mehr Ahnung als du.", erwiederte ich. Mir war klar, dass ich mich anhörte, wie ein trotziger vierjähriger.

Albus schloss die Augen, wie um sich selbst zu ermahnen, mich nicht anzubrüllen. Als er die Augen wieder öffnete, spigelte sich das Licht der Laternen in ihnen und mir wurde bewusst, dass ich meinen Bruder eigentlich gar nicht mehr kannte.

"Nein, davon verstehst du nichts. Denn du hast immer alles bekommen. Du bist ein stolzer Gryffindor, Quidditchkapitän, beliebt und alle finden dich klasse! Und wer bin ich? Albus Severus Potter, Slytherin, auf dem Besen eine Null. Ich bin der Streber, den man häufig übersieht."

"Glaubst du, mir geht es besser als dir? Sändig verlangt man von mir, so zu sein wie Dad! Ich will das nicht! Ganz nebenbei sind meine Noten beschissen, ich bekomme sogar Nachhilfe von einer Malfoy, verdammt noch mal!", erwiederte ich und wurde gegen Ende immer lauter.

"Ja James, das kann ich glauben. Und du hast wirklich keine Ahnung.", sagte mein Bruder kalt.

"Wovon, verdammt?", rief ich.

"Von Gefühlen. Und was es heißt, für etwas zu kämpfen.", war seine Antwort, ehe er durch den Regen davonstapfte.

𝐜𝐨𝐧𝐬𝐭𝐞𝐥𝐥𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬 | 𝐣𝐚𝐦𝐞𝐬 𝐬𝐢𝐫𝐢𝐮𝐬 𝐩𝐨𝐭𝐭𝐞𝐫Where stories live. Discover now