XII

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James PoV

Wenn es etwas gab, das ich überhaupt nicht mochte, dann war es der endlos scheinende Berg an Hausaufgaben. Wir, sprich der gesamte fünfte Jahrgang aus Gryffindor, hatten uns an diesem verregneten Sonntagabend im Gemeinschaftsraum versammelt und schrieben unsere Aufsätze zusammen, denn: geteiltes Leid war halbes Leid, oder irgendwie so.

Das Feuer prasselte im Kamin und übertönte so das Heulen des Windes und den Regen, der an das Fenster peitschte. Die anderen Gryffindors saßen zusammen und spielten Zauberschnippschnapp, lasen ein Buch oder unterhielten sich. Ich hätte liebend gern mit einem von ihnen getauscht.

Da saßen wir also, sechs verzweifelte Teenager und brachten mit Mühe und Not den letzten Aufsatz fertig, Verwandlung. Manchmal wünschte ich, Gonni wäre nicht so versessen auf ihren Job und hätte eine neue Lehrkraft für ihr Fach eingestellt, die vielleicht nicht ganz so streng war.

"Und Ende!", seufzte John und setzte demonstrativ einen Punkt hinter seinen letzten Satz. Nach und nach wurden alle fertig und zur Sicherheit las ich mir nochmal Andromedas Schlusssatz durch, nur für den Fall, dass ich etwas vergessen hatte. Zumindest war das er Plan, aber ich konnte ihre Schrift unmöglich entziffern.

"Himmel, Andromda, du schreibst ja schlimmer als ich früher!", rief ich aus und sah mir nochmal ihren Aufstz an.

"Und mit der Rechtschreibung hast dus auch nicht so, oder?", grinste ich und bemerkte gar nicht Roxannes warnenden Blick.

"Oh, ja, kann sein. Ich habe eine Lese-Rechtschreib-Schwäche.", gab sie peinlich berührt zu. Eine leichte Röte stahl sich auf ihre Wangen.

"Wow, das wussten wir gar nicht. Du bist immer so gut in der Schule.", sagte Fred verwundert.

"Nur weil ich diese Schwäche habe, heißt das nicht, dass ich automatisch blöd bin!", antwortete sie scharf und Fred zog die Schultern ein und nickte kleinlaut.

"Deswegen bin ich praktisch auch viel besser als schriftlich und habe es immer vermieden, vor anderen zu lesen oder zu schreiben. Aber mittlerweile ist mir das egal.", erklärte sie.

"Stimmt. Sie hat in der ersten nie mit mir Hausaufgaben machen wollen, bis ich ihr gesagt habe, dass das kein Grund ist, sich zu schämen.", pflichtete ihr meine Cousine bei und Andromeda warf ihr einen dankbaren Blick zu.

"Also uns macht das auch nicht aus."; versicherte ich ihr und die Jungs nickten zustimmend.

"Dann wäre das ja geklärt.", sagte Linus schulterzuckend und er verzog ich mit John in eine Ecke, wo sie nur Sekunden später eine kleine Explosion und Rauchwölkchen verursachten. Also nichts ungewöhnliches.

Roxanne warf einen schmachtenden Blick hinüber zum Sofa, wo Jonah saß und sie ebenso offensichtlich verknallt ansah. Fred übergab sich spielerisch in die Kaputze meines Pullovers.

"Auf was wartest du? Geh zu ihm, die Spannung zwischen euch ist ja nicht auszuhalten!", befahl Andromed ihrer Freundin spielerisch und dankbar erhob sich Roxy und ging auf Jonah zu, der bei dem Anblick meiner Cousine aussah, als hätte er den Quidditchpokal gewonnen.

"Ich packs dann auch. Mein Date erwartet mich.", sagt Fred schelmisch grinsend.

"Oh, wie heißt denn die glückliche?", fragte Andromed ehrlich interessiert. Sie klang nicht eifersüchtig, was mich aus unbekannten Gründen beruhigte.

"Emilia Thomas, Ravenclaw.", sagte er mit einem verträumten Lächeln.

"Geh gut mit ihr um, sonst hast dus mit Roxy und mir zu tun.", warnte ihn Andromda und Fred hob beide Daumen, ehe er aus dem Portraitloch kletterte.

"Da ja jeder im Pärchenglück zu sein scheint, willst du dann nicht zu deinem Louis gehen?", fragte ich. Es klang anklagender, als beabsichtigt und sie hob nur fragend eine Augenbraue.

"Hatte ich nicht vor, nein. Und er ist nicht mein Louis, ich hab mich genau ein Mal mit ihm unterhalten."

Gut so. Eine Idee formte sich in meinem Kopf und ich warf ihr ein schiefes Lächeln zu, ehe ich die Karte des Rumtreibers mit einem Accio herbei rief.

"Dann hast du also nicht vor? Wie wäre es, wenn ich dir den Raum der Wünsche zeige, wie versprochen?", fragte ich sie und versuchte, nicht allzu begeistert auszusehen.

Überrascht nickte sie und ein Strahlen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

"Warte, ich bring nur schnell meine Aufsätze in den Schlafsaal, bin gleich wieder da.", rief sie aufgeregt und spurtete die Treppe hinauf.

Nicht mal eine Minute später stand sie wieder vor mir und wir verließen den Gemeinschaftsraum. Draußen tippte ich auf die Karte.

"Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut."

"Wow. Das nenne ich mal Magie.", hauchte Andromeda, als sie die vielen Punkte der Schüler sah, welche sich in Echtzeit bewegten, und ich sah lächelnd zu ihr hinab.

"Ja, nicht wahr? Schau, Professor Slughorn und Professor Sprout sind zuammen in den Gewächshäusern. Ich habe ja schon länger den Verdacht, dass zwischen den beiden was läuft. Und da, Professor Longbottom. Er ist gerade bei sich zu Hause in Hogsmeade, bei seiner Verlobten."

"Soso, James Sirius Potter, die Tratschtante von Hogwarts.", zog sie mich auf und als Antwort schlug ich ihr leicht auf den Oberarm.

"Vorsicht, da kommt Filch!", flüsterte sie und geistesgegenwärtig zog ich sie hinter einen Vorhang in eine Niesche.

Wir waren uns ziemlich nah, wie ich fand, und ich bemerkte, wie gut sie roch. Nicht so Parfüm-Gut, sondern so richtig gut. Irgendwie nach Regen und Holz. Ein wohliger Schauer lief mir über den Rücken. Ich könnte außerdem mein Kinn problemlos auf ihrem Kopf abstützen und ich konnte mich gerde noch davon abhalten, dies wirklich zu tun, indem ich mir eine innerliche Ohrfeige gab.

"Er ist weg.", murmelte Andromeda mit Blick auf die Karte und wir setzten unseren Weg fort, wobei ich immer noch leicht bedröppelt war.

Endlich angekommen, lief ich vor der Wand auf und ab und wünschte mir einen Raum mit einem Klavier, während ich Andromeda über die Funktion des Raumes aufklärte. Das ließ sie beeindruckt durch die Zähne pfeifen.

Als die Tür erschienen war, öffnete ich sie und ließ ihr, ganz wie ein Gentleman, den Vortritt.

Staunend sah sie sich in dem saalartigen Raum um. Der Boden war aus hellem Parkett, die holzgetäfelte Wand war mit zahlreichen Intarsien geschmückt und eine Malerei der Sonne zierte die Decke.

Andromeda ging fast schon andächtig auf den schwarzen Flügel zu und strich mit ihren kleinen, schlanken Händen über die Tasten. Dann setzte sie sich auf den rot gepolsterten Hocker und begann, ein melancholisch klingendes Stück zu spielen, das ich nicht kannte.

Sie hatte die Augen geschlossen und schien ganz in der Musik zu versinken, während ihre Finger über die Tasten flogen.

Ich stand einfach da und konnte nicht anderst, als Andromeda anzusehen. Ich beobachtete sie genau und versuchte, mir diesen Anblick für immer einzuprägen, denn egal, wie sehr ich sie bis vor kurzem verabscheut hatte, ab diesem Moment war all das vergessen. Es zählte nur das hier und jetzt und wie mein Herz zehn Mal schneller schlug.

𝐜𝐨𝐧𝐬𝐭𝐞𝐥𝐥𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬 | 𝐣𝐚𝐦𝐞𝐬 𝐬𝐢𝐫𝐢𝐮𝐬 𝐩𝐨𝐭𝐭𝐞𝐫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt