XV

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James PoV

Wenn man sich eine ganze Nacht lang mit einer Person über Merlin und die Welt unterhält, dann stehen sich die beiden danach näher, das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Wenn besagte Personen allerdings irgendwann während diesem tiefgründigen Gespräch einschlafen sollten und von Freunden oder Geschwistern (wahlweise auch beiden) geweckt werden, dann stehen ihnen wochenlang nervige Fragen, Andeutungen oder Verarschen bevor.

"Ach komm, James, das muss dir doch nicht peinlich sein!", grinste Fred und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen.

Ich warf ihm von meinem Bett aus einen genervten Blick zu, konnte aber die Röte, die sich auf meinen Wangen ausbreitete, damit nicht ganz kaschieren.

Es war der Morgen nach der Party und wir vier, sprich Linus, John, Fred und ich, hatten uns in unseren Schlafsaal zurückgezogen, weil Fred und Linus einen Kater hatten und John und ich, weil wir nichts besseres zu tun wussten. Morgana sei Dank hatten die Hauselfen Überstunden gemacht und das Chaos der Feier beseitigt (Dafür bekamen sie auch einen Zuschlag von drei Sickeln pro Stunde). Außerdem wollte ich mich vor Roxannes durchdringenden Blicken retten, die mich seit diesem denkbaren Morgen zu röntgen schienen.

"Und ihr habt wirklich nur geredet?", fragte Linus zum hundertsten Mal ungläubig.

"Zum letzten Mal: Ja wir haben nur geredet. Nein, ich habe sie nicht geküsst noch sonst irgendwas.", schnaufte ich leicht agressiv. Das mit dem Tanzen ließ ich lieber aus.

"Aber du hättest sie gerne geküsst, hab ich Recht?", fragte Fred mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht.

Nun lagen alle Augen aufmerksam auf mir. Na ganz toll.

"Wa- Nein! Also sie ist nett und freundlich und total hübsch. Und sie kann Quidditch spielen, ich mein ja nur. Aber auf keinen Fall will ich sie küssen!", empörte ich mich.

Die Jungs brachen in beinahe hysterisches Gelächter aus.

"Ach, ich bitte dich! Ich kenne dich mein ganzes Leben und weiß, wenn du lügst. Nicht zu vergessen, dass Dad mir ein paar wertvolle Tricks gezeigt hat. Und gerade lügst du wie gedruckt.", gluckste mein Cousin amüsiert.

"Das hab sogar ich bemerkt, James. Und ich kapier ja wirklich nie etwas, wenn es um solche Dinge geht.", stimmte auch John zu.

Ich hielt einen Moment inne und dachte nach. Ich überlegte, wie es gewesen wäre, hätte ich Andy gestern Nacht einfach geküsst. Als wir getanzt hatten zum Beispiel. Ich stellt mir ihre grauen Augen vor, in denen immer ein Sturm zu toben schien, die Sommersprossen auf ihrer Nase, diese eine wiederspenstige Locke, die ihr immer in die Augen fiel...

Und dann stellt ich mir vor, sie auf ihre fein geschwungenen Lippen zu küssen, auf denen sie herumkaute, wenn sie nervös war und...

Und dann bemerkte ich, dass ich nichts dagegen zu haben schien, sie zu küssen. Im Gegenteil: Mein Bauch begann, bei diesem Gedanken Purzelbäume zu schlagen und mein Herz entschloss sich, diese Erkenntnis mit einem ungesund schnellen Schlagen zu feiern.

"Ich wusste es!", riefen meine Zimmergenossen einstimmig und rissen mich somit aus meiner Trance.

"Also, ganz eventuell... fände ich das vielleicht doch gar nicht so schlecht.", gab ich mit hochrotem Kopf zu und sah überall hin, nur niemandem ins Gesicht.

"Also für mich wäre das nichts.", murmelte John und erntete verwirrte Blicke.

"Ich mein dieses ganze Paket. Diese Gefühle und Knutschen und so. Ich dachte mir, wo wir gerade davon sprechen, kann ich euch vorwarnen. Damit Freds schreckliche Verkupplungsversuche endlich eine Ende haben. ", erklärte er verlegen.

"Oh... Kein Problem. Sorry.", antwortete Fred und wir anderen nickten bestätigend.

"Dann also auf den frisch verknallten James und auf John, der entschlossen hat, sich um andere Dinge zu sorgen!", verkündete Fred und hob feierlich seinen Kürbissaft.

"Wie läufts eigentlich bei dir?", fragte ich an Linus gewandt, der bis jetzt merkwürdig still auf seinem Bett gesessen hatte.

"Öh, naja. Sie ist vergeben."

"Och ne. Wie heißt sie denn? Vielleicht kannst du sie ihm ja ausspannen.", schlug ich grinsend vor.

"Vergiss es einfach, Potter!", fauchte er, ehe er seine Tasse auf den Nachttisch knallte und mit einem dramatischen Abgang, inklusive Türknallen, den Raum verließ.

"Hab ich was falsch gemacht?", fragte ich verwirrt, mein Blick immer noch auf die Tür gerichtet.

"Nicht, dass ich wüsste.", erwiederten Fred und John synchron und zuckten mit den Schultern.

"Kommt, es gibt gleich Mittagessen. Vielleicht war er einfach nur hungrig. Da gibt es so ein witziges Muggelding. Es besagt: Du bist nicht du selbst, wenn du hungrig bist.", informierte uns Fred.

"Interessant. Und was isst man dann am besten? Oder geht alles?", fragte John interessiert. Wenn es um Muggel ging, dann war er immer ganz Ohr, fast so wie Grandpa.

"Naja. Sie empfehlen so ein Ding names Snickers."

Vielleicht sollten wir ihm die wirklich mal mitbringen...

Wir näherten uns der Tür zur großen Halle, hinter der man schon das klappern der Teller und den wunderbaren Geruch ausmachen konnte, als sich diese öffnete und Andy herauskam. Die Jungs stießen mir in die Seite und grinsten vielsagend.

"Hey. Schon fertig mit dem Abendessen? Ich wollte fragen ob-", fing ich an, stockte aber dann.

Sie sah mich kalt an und kam auf mich zu, bis unsere Nasenspitzen nur noch Millimeter von einander getrennt waren. Ihre Augen blitzten gefährlich, doch unter all der Wut konnte ich noch etwas anderes ausmachen. Traurigkeit? Enttäuschung?

"Soso, Potter. Wir haben also rumgemacht. Und eine schlechte Küsserin bin ich ebenfalls, viel zu unerfahren für deinen Geschmack, wie ich so höre. Ach ja, natürlich hast du jetzt auch keinen Bock mehr auf mich, so schrecklich langweilig und verklemmt, wie ich bin.", fauchte sie. Ihre Augen glänzten und die erste Träne begann, an ihrer Wange hinabzurinnen. Ich hatte das plötzliche Bedürfnis, sie wegzuwischen und denjenigem eine runterzuhauen, der sie zum weinen gebracht hatte. Ach hups, das war ja ich. Auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, wieso.

"Andy, ich habe ni-", fing ich an, doch ich wurde von einem lauten klatsch unterbrochen. Es dauerte kurz, bis ich bemerkte, dass sie mir eine gescheuert hatte.

"Komm mir nicht so! Da spielst du mir vor, dich besser zu wollen und ich vergebe ich dir und am nächsten Morgen ist alles vergessen und du erzählst irgendwelche Lügen und blamierst mich! Ich dachte, ich könnte dir vertrauen, aber da habe ich mich wohl gewaltig geschnitten, was? Du bist immer noch so ein rießen Arschloch, James Potter!", schrie sie, stürmte davon und boxte sich durch die Traube an Schülern die ich um uns gebildet hatte.

Einen Augenblick lang war ich wie versteinert, der Abdruck ihrer Hand brannte auf meiner Wange und das Atmen viel mir schwer. Dann sah ich zu Fred und John. Den Audruck in ihren Gesichtern konnte ich nicht ganz deuten, er lag irgendwo zwischen verwirrt, mitfühled und sauer.

Dann machte ich auf dem Absatz kehrt, die Schülermasse stob auseinander, und ich rannte. Beziehungsweise, ich wollte rennen. Aber meine Schnürsenkel waren zusammengebunden und so fiel ich der Länge nach auf die Fresse.

𝐜𝐨𝐧𝐬𝐭𝐞𝐥𝐥𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧𝐬 | 𝐣𝐚𝐦𝐞𝐬 𝐬𝐢𝐫𝐢𝐮𝐬 𝐩𝐨𝐭𝐭𝐞𝐫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt