𝟎𝟏┊ 𝚞𝚗𝚐𝚎𝚜𝚝𝚘̈𝚛𝚝𝚎 𝚑𝚊𝚛𝚖𝚘𝚗𝚒𝚎. 〔🤍〕

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Das leise Rascheln der Blätter erfüllte den Wald. Das Sonnenlicht schien blass durch die Baumkronen, während ein kalter Wind für Erfrischung sorgte. Das Zwitschern zahlreicher Dusselgurr ging harmonisch mit dem Plätschern des Flusses einher. Inmitten dieser perfekten Welt lebte er. Er lebte hier und ließ sich nicht in seiner Behausung stören, weder durch seine Vergangenheit noch durch seine Zukunft.

Der Junge hatte sich gegen einen rauen Stein gelehnt, während ein paar Strähnen seines grünen Haares im Wind zuckten. Die eine Hand ruhte auf seinem Brustkorb, der sich langsam hob und senkte, sodass man meinen könnte, dass der Grünhaarige schlief.

Mit der linken Hand hatte er seinen Anhänger umschlossen, der die Form eines Würfels besaß. Die Mathematik faszinierte ihn schon immer, genauso wie die Astronomie, was sich anhand seiner Kette gut erkennen ließ, welche die Ähnlichkeit eines nicht zu definierenden Planeten hatte. Langsam schloss er die Augen, ließ die Sonnenstrahlen seine Nase kitzeln.

Seine Erinnerungen schwelgten in die Vergangenheit zurück. Er war jung gewesen. Zu klein, um alle Details im Kopf behalten zu haben. Nur vage hatte er das Aussehen seiner Eltern im Kopf, die sich leider nicht allzu lange um ihn gekümmert hatten.

Zu gerne erinnerte er sich an die sonnigen Tage, die er mit seinem Vater draußen verbracht hatte oder an die verschneiten Monate, in denen seine Mutter ihn gepflegt hatte, wenn er sich mal eine Erkältung eingefangen hatte. Aber er war anders gewesen als die anderen Kinder.

Ein Stupser in die Seite holte ihn zurück in die Gegenwart. Er öffnete ein Auge und blickte zu dem kleinen Geschöpf, welches ihn geweckt hatte. Schwarzes Fell und rote Zeichnungen machten erkenntlich, dass es sich um ein Zorua handelte, ein Pokémon, das von der Illusion lebte.

»Na, du?«, grinste der Junge und streichelte das Pokémon zwischen den Ohren, woraufhin es fröhlich bellte. Erneut stupste es den Grünhaarigen in die Seite. »Du willst ein Rennen, oder? Wie immer«, grinste das Kind und hievte sich auf. Mit einem kräftigen Satz stand er auf zwei Beinen und das kleine Pokémon blickte schweifwedelnd zu ihm hoch.

»Bis zum Fluss, dann wieder zurück!«, entschied der Junge, das Pokémon schien einverstanden. Ein letztes Mal grinste das Zorua ihn an, dann schoss es los und verschwand in den Schatten, die die Bäume auf den trockenen Waldboden warfen. »Hey, das ist nicht fair!«, lachte das Kind, ließ sich aber nicht beirren und preschte los.

Sein Herz pochte schnell, während seine Füße auf dem harten Waldboden wie Paukenschläge trommelten. Die zahlreichen Anhänger glänzten nicht nur im matten Sonnenlicht, sie erzeugten zusätzlich ein zartes Klimpern, welches mit seiner Harmonie selbst ein gerissenes Arbok bändigen würde.

Der Grünhaarige hatte seine blauen Augen auf das Zorua gerichtet, welches nur einen geringen Vorsprung genoss. Nicht mehr weit... Der Junge wusste genau, dass er jetzt nach links abkürzen konnte. Ohne zu zögern, zischte er um die Bäume herum, die Ranken, die an seiner Kleidung zerrten, waren für ihn im Moment unwichtig. Für die Abkürzung musste man eben den ein oder anderen Preis zahlen.

Das Plätschern des Flusses rauschte bereits in den Ohren des Kindes, als er die glitzernde Oberfläche erblickte. Zorua musste auch in Reichweite sein. Der Atem des Grünhaarigen rasselte, schließlich kam er keuchend zum Stehen. Erschöpft sank er auf die Knie und blickte sich mit bebendem Herzen um. Das Zorua saß vor ihm und leckte genüsslich seine Pfote.

»Euch Wesen kann eben keiner das Wasser reichen«, flüsterte der Junge mit sanfter Stimme. Schnaufend setzte er sich auf und blickte hinter sich. Ein Paar Kronjuwild hatte sich zwischen den Gebüschen zurückgezogen und begann, sich gegenseitig ein paar Blätter aus den Kronen zu zupfen. Zart und liebevoll verpflegten sie einander.

Während ein Schwarm Dusselgurr über dem Kopf des Grünhaarigen davonzog, ertönte der Ruf eines aufgeschreckten Felilous, das mit vor Zorn blitzenden Augen ein Flampion anfuhr, welches ihm wohl auf den Schweif getreten war. Eine Weile noch schaute er den Pokémon zu, bevor sein Blick auf die andere Uferseite glitt.

Ein Mann mit dickem Umhang hatte sich dort platziert und die Beiden stumm beobachtet. In der linken Hand hielt er einen silbernen Stab, fest umklammert, fast so, als würden seine Beine nicht vermögen, den Mann ohne die Hilfe des Metalls halten zu können. Es war untypisch, in einer warmen Jahreszeit so gekleidet zu sein und auch das in Rot schimmernde Monokel zog die Aufmerksamkeit auf seinen Träger.

Der Junge hatte seine Neugier dem Fremden gewidmet, sein Puls hatte sich beruhigt. Das Zorua unterbrach seine Putzeinheit ebenfalls. Es mussten nur wenige Minuten vergangen sein, doch das drückende Schweigen ließ die Zeit langsamer vergehen.

Als hätte sich Dialga persönlich eingemischt, verharrte jedes Lebewesen in seiner Bewegung. Der Mann lächelte und stützte sich auf dem Stab ab, den Kopf senkte er leicht. »Nach dir habe ich gesucht«, raunte er leise. Der Junge wich einen Schritt zurück, das Zorua knurrte leise. Sie hatten sich aus ihrer Starre befreit. »Mich hat seit Jahren niemand mehr gesucht.«

Seine Augen ruhten auf dem Mann, er hatte sie leicht geschlossen, was aber mehr an dem Sonnenlicht liegen musste, dass durch eine winzige Lücke in den Baumkronen hindurch schlich. »Für deine Vergangenheit kannst du nichts. Es gibt Menschen auf dieser Erde, die deine Fertigkeiten sehr schätzen würden«, entgegnete er, seine Worte ließen den Jungen für einen Moment Hoffnung schöpfen.

Gab es denn tatsächlich solche Menschen? Nicht einmal seine Eltern hatten ihn gewollt, konnte er da wirklich einem dahergelaufenen Fremden trauen? An seiner Hose spürte er einen Zug, das Zorua blickte mit einem besorgten Blick zu ihm hinauf. Mit entschlossenem Gesichtsausdruck blickte der Junge den älteren Mann an.

»Was habe ich davon, wenn ich mit dir mitgehe?«, fragte er herausfordernd. Vielleicht stand es ihm nicht zu, so frech und dreist zu werden oder gar Forderungen zu stellen, doch der Mann hatte diese Frage wohl erwartet, denn er brauchte nicht lange für eine Antwort.

»Ich bin G-Cis, von Team Plasma. Unser Ziel ist das, was du schon so lange erlebst, die Freiheit dieser kleinen Wesen.« Kurz schenkte der Mann dem Zorua einen Seitenblick. Der Junge konnte nicht entziffern, was in seinem Blick lag, zumal auf einem seiner Augen noch immer das Monokel schimmerte, welches jegliche Emotionen im Inneren versperrt hielt.

»Wir wollen sie aus den Fängen all dieser egoistischen Trainer befreien, um ihnen das zu schenken, was ihnen zusteht. Aber für große Ziele braucht man ebenso große Hilfe. Mit anderen Worten: Wir brauchen deine Fähigkeiten.« Feste blickte G-Cis dem Kind in die Augen.

Der Junge drehte sich nach hinten um, sein Blick glitt zwischen den zahlreichen, trockenen Stämmen umher. Die grünen Blätter raschelten im Wind und ein paar Felilou spielten mit ihnen. Die zuvor von ihm beobachteten Pokémon hatten sich von ihren Tätigkeiten abgewandt und musterten das Gespräch der Parteien kritisch.

»Ich komme mit dir mit«, flüsterte das Kind, ehe es sich wieder zu G-Cis drehte, »Ich möchte nicht, dass meine Freunde von Trainern gefangen werden.« Das Team Plasma Mitglied nickte. »Eine weise Entscheidung von dir, die du nicht bereuen wirst.«

Der Grünhaarige beugte sich zu dem Zorua hinunter, welches ihn mit glasigen Augen anblickte. Sanft tätschelte es der Junge. »Zorua wird aber mitkommen«, entschied er und schaute G-Cis an, um seine Reaktion abzuwarten. Erneut kehrte für einen Moment Stille ein, bevor der Mann widerwärtig schnaubte. »Meinetwegen, wenn es denn dein Wunsch ist, dann soll er Wirklichkeit werden.«

Dankbar nickte der Grünhaarige, dann nahm er das kleine Pokémon auf die Schulter. Mit einem großen Satz sprang er über den Fluss und landete neben G-Cis. Dieser war sichtlich erfreut über die Zustimmung des Jungen und nickte. »Lass uns gehen. Auf dich wartet ein abenteuerreicher Weg, mein Junge.«

✦𝒻𝒻」𝐳𝐰𝐢𝐬𝐜𝐡𝐞𝐧 𝐰𝐮𝐧𝐬𝐜𝐡 𝐮𝐧𝐝 𝐰𝐢𝐫𝐤𝐥𝐢𝐜𝐡𝐤𝐞𝐢𝐭.Where stories live. Discover now