Jimmy - Neue Bekanntschaft

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Ich freute mich auf das Wochenende bei Paddy, denn ich musste einfach mal raus.
Paddy heiratete zum zweiten Mal und er fragte mich ob ich sein Trauzeuge sein wollte. Natürlich willigte ich ein. Die Geschwister, die seit dem Comeback zusammen auf der Bühne standen, verstanden sich wieder großartig. Ich wusste gar nicht wie sehr ich Joey vermisst hatte. Beim letzten Familientreffen, reichten sich auch Angelo und Paddy die Hände. Die Fahrt zu Paddy's Haus war lang. Ich hatte viel Zeit, über Meike und mich nachzudenken. Meine Frau wusste noch nicht, dass ich das ganze Wochenende wegbleiben würde. Doch ich hatte mit ihren Eltern gesprochen und sie versprachen ein Auge auf sie zu haben. Meike ging es psychisch immer wieder sehr schlecht. Die Panikattacken belasteten nicht nur sie, sondern auch unsere Beziehung. Niemals würde ich sie verlassen, das hatte ich ihr vor Gott geschworen. In guten wie in schlechten Zeiten. Auch sie war immer für mich da, als es mir schlecht ging und die Beziehung zu meinen Geschwistern zerbrach, weil der Erfolg plötzlich ausblieb und wir kein Geld mehr hatten. Aber ich konnte auch nicht leugnen, dass ich selbst schon fast am Ende war. Mit dem wahnsinnigen Erfolg des Comebacks hatte niemand von uns gerechnet. Am allerwenigsten ich. Angelo hatte echt einen tollen Job gemacht. Die ersten drei Konzerte in Dortmund waren innerhalb von Minuten ausverkauft. Unfassbar wie treu unsere Fans waren. Wir erweiterten die Termine und die Karten verkauften sich wie die warmen Semmeln. Aber mit dem Erfolg kamen auch die Probleme. Für Meike war es zu viel. Sie bekam wieder öfter Panikattacken und ich traute mich nicht sie allein zu lassen. Immer öfter musste ich ihre Eltern ersuchen nach ihr zu sehen. Meist aber, nahm ich sie zu den Konzerten mit. Das war Segen und Fluch zugleich. Auf der einen Seite war es schön sie bei mir zu haben, dennoch stritten wir uns immer öfter.
Ich hatte nur mehr eine Stunde zu fahren und freute mich, Paddy und Anna wieder zu sehen. Sie tat ihm gut. Er war so glücklich wie schon lange nicht mehr. Da Anna ein Einzelkind war, entschied sie sich für ihre beste Freundin als Trauzeugin. Diese Frau würde ebenfalls dieses Wochenende bei ihnen sein, denn wir trafen uns um die Hochzeit zu besprechen.
Ich war etwas nervös, denn ich habe nicht gerne fremde Menschen um mich herum. Ich hoffte sie war kein Fan, denn das wäre mir definitiv zu viel.
Als ich bei Paddy ankam, begrüßten wir uns freudig. Ich sah die junge Frau in der Tür stehen. Sie sah nett aus. Gott sei Dank. Als sie mich anlächelte, war sie mir sofort sympathisch. Ich wusste, das Wochenende würde fantastisch werden. Paddy und Anna waren die besten Gastgeber. Ok – eindeutig Anna. Sie war so umsichtig und es gab alles was das Herz begehrte. Wir hatten einiges getrunken und viel Spaß als wir den Ladies vorsangen. Ich unterhielt mich intensiv mit Chiara und merkte sofort, was für ein offener Mensch sie war. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich diese Frau näher kennen lernen wollte. Morgen würde ich Meike sagen, dass ich noch eine Nacht länger bei Paddy blieb. Natürlich würde das Ärger geben. In dieser Nacht schlief ich seit langem wieder wunderbar und freute mich auf den nächsten Tag. Ich genoss die Zeit mit meinem kleinen Bruder. Wir quatschten über die Ladies, die einen Stock höher waren. Er schwärmte von Anna und ich war froh, dass er so glücklich war. „Wie läufts bei Meike und dir? Sie war so ruhig, als ich sie das letzte Mal bei Joey sah." „Es wird immer schwieriger. Seit ich erneut so viel unterwegs bin, geht es ihr wieder schlechter. Die Panikattacken häufen sich nachts und ich kann nichts dagegen tun. Ich bin am Verzweifeln, Paddy. Wir haben drei Kinder, verstehst du? Doch auf das Geld vom Comeback kann ich nicht verzichten. Mein Leben wird zur Katastrophe." Ich beschloss Paddy zu fragen, ob ich noch eine weitere Nacht bleiben konnte. „Ich habe mich so auf dieses Wochenende bei euch gefreut und von Beginn an geplant bis Sonntag zu bleiben. Ich wollte einfach raus. Meike weiß das noch nicht. Ich werde sie dann anrufen. Vermutlich wird sie mir eine Szene machen." „Natürlich kannst du bleiben, Jimmy. Du bist immer herzlich willkommen!" Er nahm mich in den Arm um mich zu beruhigen. Jeder von uns schnappte sich eine Gitarre und wir klimperten einfach drauf los. Das tat gut und ich konnte endlich abschalten.
Es musste ungefähr mittags gewesen sein, als wir rauf in den Garten gingen. Ich blieb bei der Tür stehen, denn ich musste Meike anrufen und ihr mitteilen, dass ich eine weitere Nacht bei Paddy bleiben würde. Sie war enttäuscht und ließ mich das spüren. Normalerweise gab ich dann nach. Doch dieses Mal ließ ich mich nicht erweichen. Ich sagte ihr, dass wir noch so viel zu tun hatten und ich einfach gern bei Paddy bleiben möchte. „Bitte Meike, ersuch doch deine Eltern bei uns im Haus zu übernachten. Sie können dich mit den Kindern unterstützen. Dann wärst du auch nachts nicht alleine. Ich habe Paddy so lange nicht gesehen und ich möchte einfach mehr Zeit mit ihm verbringen." Natürlich fragte sie mich über die junge Frau aus, die auch hier war. Sie machte sich wie immer Sorgen. „Nein, Meike du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Natürlich liebe ich dich. Das weißt du doch." Dieses Gespräch dauerte fast 10 Minuten. Doch ich ließ mich von meinem Vorhaben nicht abbringen. Dieses Mal nicht, schwor ich mir. Nachdem ich mit meiner Frau gesprochen hatte, war ich froh, dies endlich hinter mir zu haben. Nun konnte auch ich mich voll und ganz auf die Hochzeitsplanung konzentrieren und war neugierig, welche Aufgaben Anna und Paddy für mich hatten.
Beim Abschied tauschten Chiara und ich unsere Nummern. Wir hatten so viel zu erledigen. Unfassbar, was Anna uns beiden für eine Liste gab. Ich sah sofort, dass wir das nicht alles telefonisch regeln konnten. Weitere Treffen würden nicht ausbleiben. Wie erklärte ich das bloß Meike? Ich rief Chiara immer an, wenn ich alleine war. Natürlich wusste Meike, dass ich Kontakt mit ihr hatte. Aber ich versicherte ihr, dass sie sich keine Sorgen machen musste. Tief im Inneren wusste ich bereits nach den ersten Telefonaten, dass ich ihr und mir etwas vorlog. Ich liebte die Gespräche mit Chiara, ihre Lockerheit und ihr Lachen. Ich habe noch nie einen Menschen getroffen, der so herzlich war und so viel lachte. Bei ihr schien immer alles so leicht. Wir hatten uns nur einmal getroffen, doch am Telefon tauschten wir so viele Informationen aus, dass ich dachte sie schon ewig zu kennen. Ich begann sie zu vermissen, doch das wollte ich mir nicht eingestehen.

Die Tour führte uns nach Berlin, es war bereits Mai. Bis jetzt hatte ich mich noch nie getraut, sie per Videocall anzurufen. Ich hatte Angst was mit mir passierte, wenn ich sie sehen würde. Doch an diesem Tag war ich mutiger denn je. Als ich sie sah, raubte es mir kurz den Atem. Sie sah so gut aus. Ich wurde etwas nervös. Sie gab sich gekonnt cool und erzählte mir, dass sie zu einer Party wollte, ich sie aber jederzeit anrufen könne.
Als ich nach dem Konzert im Hotel ankam, stieg ich unter die Dusche und rief sie an. Es musste wieder ein Video-Anruf sein, denn ich wollte sie sehen und ihr vorschlagen sich mit mir zu treffen. Das Gespräch verlief jedoch anders, als ich gehofft hatte. Sie stimmte zwar einem Treffen zu und wollte Hotel und Lokal organisieren, aber sie beendete das Gespräch viel zu schnell. Ich war mich sicher, dass sie etwas für mich empfand, denn anders konnte ich mir ihr Verhalten nicht erklären. Mir ging es genauso. Obwohl sie so anders war als Meike.
Als ich ihr ein paar Tage später meine Flugdaten textete, wusste ich bereits, dass mir dieses Treffen zum Verhängnis werden würde. Ich versuchte es vor mir selbst, als Notwendigkeit für die Hochzeit meines Bruders, hinzustellen. Doch ich wusste, dass ich mich wieder einmal selbst belog.

Butterflies in my BellyDonde viven las historias. Descúbrelo ahora