Chiara - Klare Fronten?

104 6 0
                                    

Die Location füllte sich rasch und die Stimmung unter den Fans war großartig. Anna und ich mussten lachen, weil niemand außer uns wusste, welche Überraschung auf sie wartete.
Endlich war es soweit und einer nach dem anderen betrat die Bühne. Jeder nahm seine Position ein und das Publikum applaudierte und schrie was das Zeug hielt. Angelo zählte an und schon hörte man die ersten Takte von Thunder. Ich wusste, dass Jimmy wieder den Opener übernommen hatte. Als ich ihn seitlich auf die Bühne kommen sah, stockte mir der Atem. Er sah so gut aus. Das Mikro war für ihn mitten auf der Bühne platziert. Doch er nahm es aus der Halterung und ging den Steg entlang. Oh Gott, ich liebte diesen Mann. Da wurde mir bewusst, dass die ganze Zeit, in der wir uns nicht sahen und ich viel mit Zeit mit Tom verbrachte, sich gar nichts geändert hatte. Mein Herz schmerzte und ich musste mich konzentrieren nicht loszuheulen. Ich sah, dass er das Publikum mit seinen Augen absuchte. Es dauerte nur ein paar Sekunden und schon hatte er Anna entdeckt. Seine Lippen verzogen sich gerade zu einem Lächeln, welches im selben Moment erstarb, als er mich sah. Er senkte die Hand in der er das Mikro hielt, hörte plötzlich auf zu singen. Jimmy fixierte mich mit seinen Augen und für ein paar Sekunden gab es nur noch ihn und mich. Nur einen Augenblick später, hatte er sich wieder gefangen. Die Fans sangen für ihn weiter und flippten wegen dem Texthänger komplett aus. Sie liebten ihn dafür. „Ja, alles live bei uns nicht wahr?", entschuldigte er sich verlegen. Die Fans lachten, doch ich sah die nervösen Blicke von Patricia, Angelo und Joey und wusste, dass sie sich nicht erklären konnten was hier gerade passiert war. Peinlich berührt schaute ich zu Boden.
Die restliche Zeit würdigte er mich keines Blickes während er sang. Mir graute vor dem Moment, wo ich Jimmy nach dem Konzert gegenüber treten musste. Das Konzert war der absolute Hammer. Die Stimmung konnte nicht mehr getoppt werden, weil Paddy als Überraschungsgast dabei war. Jimmy war sehr zurückhaltend. Er hatte kaum Fan Kontakt. Mich mied er zur Gänze. Als er bei meinem Lieblingslied den Steg entlanglief, die Gitarre am Rücken und alles bei dem Song gab, hätte ich ihn am liebsten zu mir gezogen und geküsst bis uns der Atem fehlte. Als alle Zugaben gespielt waren, winkte Jimmy in die Menge, bedankte sich kurz und verließ sofort die Bühne. Gleich danach verschwand auch Patricia. Oh oh.... Das war gar nicht gut. Meine Nervosität wuchs. Ich wusste, dass ich spätestens im Hotel auf ihn traf. Als wir dort ankamen, wurden wir in einen separaten Raum gebracht um mehr Privatsphäre zu haben. Es ging lustig zu in diesem Zimmer und schnell hatte Angelo seine Geschwister und die Musiker überredet auf diesen Abend anzustoßen. Die Sommertour war zu Ende und erst in ein paar Monaten startete die große Hallentournee. Die Geschwister waren zwar nett zu mir, doch ich merkte, dass sich die Stimmung mir gegenüber verändert hatte. Obwohl nicht bei allen. Kira war einfach ein Schatz. Ich mochte sie auf Anhieb und Angelo sowieso. Joey und Tanja waren ebenfalls unverändert. Ehrlich gesagt, war Patricia so ziemlich die einzige die sich mir gegenüber so distanziert verhielt. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass Jimmy immer wieder zu mir blickte. Er sprach mich jedoch nicht an. Na toll, dachte ich, was für eine bescheidene Idee hierher zu kommen. Aber ich musste die Sache zwischen uns klären. Das hatte ich Anna und Paddy versprochen. Die Hochzeit war in wenigen Tagen. Mir blieb also nicht mehr viel Zeit. Alle bestellten noch weitere Getränke. Als Jimmy sich verabschiedete wurde ich nervös. Was sollte ich tun? Ich schaute besorgt zu Anna. Kurz nachdem Jimmy weg war, verabschiedeten sich auch Patricia und Dennis. War ja klar, dachte ich, dass sie ihm sofort folgen würde. Ich war mir sicher, sie hatte die Situation erfasst. Das war gar nicht gut. Etwas später beugte sich Anna zu mir und flüsterte mir zu: „Ich denke du kannst jetzt gehen. Sollte Patricia ihm gefolgt sein, hat er sie sicher schon rausgeworfen, meinte Paddy." Sie kicherte. „Ach ja, ihr habt die letzten beiden Zimmer am Gang. Wenn du aus dem Lift kommst, gehst du links. Ganz zurück. Du hast das vorletzte Zimmer und Jimmy das letzte auf dieser Etage. Die Wände sind dünn in den Hotels, aber soweit sollte man euch nicht schnattern hören." „Du hast bei der Zimmervergabe mitgemischt?", fragte ich ungläubig. „Natürlich. Ich will, dass ihr ungestört reden könnt. Ich wusste, dass das beim Konzert nicht möglich sein wird. Wie auch." „Ok, danke Anna. Dann werde ich mich dem Unvermeidlichen stellen."
Ich verabschiedete mich von allen und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Wie sollte ich das Gespräch beginnen? Sollte ich einfach anklopfen und sagen, hallo hier bin ich? Würde er mich überhaupt reinlassen? Am Konzert hatte er mich kaum eines Blickes gewürdigt. Als ich in meinem Stockwerk ankam, ging ich in mein Zimmer. Mann, war ich froh endlich Ruhe zu haben. Ich wollte duschen und mich umziehen, denn ich war komplett verschwitzt vom Konzert. Als ich meine Schuhe auszog und meine Tasche neben das Bett stellte, sah ich eine weitere Tür. Leise und vorsichtig öffnete ich sie. Als ich den Raum auf der anderen Seite sah, wusste ich sofort, dass dies Jimmys Zimmer sein musste. Ich erkannte seine Klamotten auf dem Boden. Anscheinend war er gerade im Bad. Ich hörte die Dusche laufen. Risikobereit, lehnte ich mich an den Türrahmen und wartete darauf, bis er raus kam. Es dauerte bloß ein paar Minuten. Er hatte lediglich ein Handtuch um seine Hüften geschlungen. Ich musste schlucken. Augenblicklich war meine Kehle trocken. Vereinzelt hingen ihm nasse Strähnen in die Stirn. Am liebsten wäre ich hingerannt, hätte ihm das Handtuch weggerissen und ihn ins Bett gezerrt. Scheiße, ich wollte mich eigentlich cool präsentieren, doch scheiterte kläglich. „Ich habe Paddy und Anna gebeten nichts zu sagen. Anna wollte, dass ich mitkomme um unsere Differenzen aus der Welt schaffen. In zwei Wochen ist die Hochzeit. Wir müssen endlich miteinander reden, Jimmy." „Ich weiß. Komm rein. Warte kurz, ich bin gleich wieder da." Ein paar Augenblicke später erschien er mit Boxer-Shorts und einem Shirt. Er sah deswegen nicht weniger heiß aus. Ich musste Abstand zwischen uns schaffen und setzte mich auf die winzige Couch in seinem Zimmer. Jimmy setzte sich gegenüber aufs Bett. Peinliche Stille entstand zwischen uns bis Jimmy die Unterhaltung eröffnete: „Wie geht's dir?" „Es geht. Du fehlst mir Jimmy", stammelte ich. „Du fehlst mir auch", antwortete er leise. „Komm her", sagte er mit samtweicher Stimme. Sofort hatte ich am ganzen Körper Gänsehaut. Alleine der Klang seiner Stimme erregte mich. Ich war unsicher. Sollte ich wirklich zu ihm gehen? Ich wusste, wenn er mich anfassen würde, wäre ich verloren. Nein, ich musste raus hier, weg von ihm. So konnte das nicht weitergehen. Ich ging zur Verbindungstür und verschwand ohne ein weiteres Wort in mein Zimmer. Bereits als ich die Tür zu Jimmy schloss, wusste ich, dass ich dorthin zurückkehren würde. Aber zuerst wollte ich unter die Dusche. Ich musste mich beruhigen und etwas klarer im Kopf werden. Nur für das Gespräch, redete ich mir ein. In ein Handtuch gewickelt, öffnete ich vorsichtig die Tür. Ich hörte Jimmy Gitarre spielen. Er war wie ein Magnet. Ich schaffte es einfach nicht mich von ihm fern zu halten. Außerdem war ich immer noch scharf auf ihn. Da ich Angst hatte abgewiesen zu werden, wollte ich ihm den ersten Schritt überlassen. „Ich wollte dir noch eine Gute Nacht wünschen", sagte ich leise. Ich hoffte, ihn damit aus der Reserve locken zu können. „Komm her", sagte er erneut mit rauer Stimme. Als ich mich nicht bewegte, wiederholte er fast flehend seine Worte. Meine Beine machten sich selbstständig und ich ging auf ihn zu. Er stand auf und nahm das Handtuch von mir. Als ich nackt vor ihm stand, schämte ich mich für meinen Körper. Er berührte mich unter dem Kinn und zwang mich ihn anzusehen. Sofort brannte meine Haut, als stünde sie in Flammen. Er sagte mir, wie schön und sexy ich sei. Ich war voller Zweifel. Seine Frau war so schlank. Da konnte ich einfach nicht mithalten. „Hey, hey, das darfst du nicht denken. Sieh nur wie sexy du bist - was du mit mir machst." Er deute auf seinen Schritt.
Unwillkürlich musste ich lächeln. Er zog mich aufs Bett und wir küssten uns voller Leidenschaft. Ich war genauso erregt wie er und wollte nur eines - ihn in mir spüren. Unser erstes Mal war ganz anders als ich es erwartet hatte. Ich dachte es wäre behutsam und voller Zärtlichkeit. Doch es war genau das Gegenteil, wild und hemmungslos.

Als wir spät morgens wach wurden, fiel mir sofort ein, dass wir kein einziges Mal verhütet hatten. Shit! Seit ich mich von meinem letzten Freund getrennt hatte, nahm ich keine Pille mehr. Ich machte lediglich Ovulationstest. Doch wir waren so heiß aufeinander, dass niemand von uns daran dachte. Sollte ich das jetzt hier zur Sprache bringen? Ich war mir ziemlich sicher, im Moment keine fruchtbaren Tage zu haben, aber wer konnte das schon zu hundert prozentig sagen? Als er die Augen öffnete, küsste er mich so zärtlich, dass ich die Gedanken zur Seite schob. Wir mussten uns ohnehin über so vieles Unterhalten. In einem passenden Moment, wollte ich auch dies zum Thema machen. Ich hatte keine Ahnung wie dieser Tag verlaufen würde. Nach einem langen Kuss sagte er: „Hey, Kleines, wir müssen aufstehen und uns fertig machen. Das Frühstück haben wir bereits verschlafen. Aber meinen Flieger darf ich nicht versäumen." Ok, der Flug ging früher als ich dachte. Es machte mich traurig. „Wann geht dein Flieger?" „Nach Mittag." Wann sollten wir miteinander sprechen? Wir konnten gar nichts klären, sondern hatten uns noch weiter in diese Misere befördert.
Wir zogen uns schnell an und nahmen unsere Taschen. Ich nahm mir eine Flasche Wasser aus der Minibar und verließ gemeinsam mit Jimmy das Zimmer. Als Jimmy die Tür zum Separee öffnete und wir eintraten, richteten sich alle Blicke auf uns und plötzlich war es totenstill. Es war so peinlich. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, also schaute ich einfach zu Boden. Ich war mir sicher, jeder in diesem Raum hatte die gleiche Vermutung was zwischen uns ablief. Endlich durchbrach Angelo die Stille und sagte, dass es gut war, dass Jimmy endlich da sei. Sie müssten los um den Flieger zu kriegen. Doch was Jimmy dann sagte, ließ mich kurz erstarren. „Ihr könnt ohne mich los. Ich werde nicht mitfliegen." Was zum Teufel machte er da? Vor lauter Schreck, fiel mir die dämliche Wasserflasche aus der Hand. Am liebsten hätte ich mich in Luft aufgelöst. Patricia blaffte ihn an, was er damit meinte. Jimmy log ihr vor, sich bei Anna und Paddy eingeladen zu haben. Sofort sah mir Patricia direkt in die Augen. Sie war voller Wut. Tja, spätestens jetzt war mir klar, dass ich es niemals mit dieser Familie aufnehmen würde können und mein Beliebtheitsgrad gegen Null steuerte. Jimmy drehte sich zu Paddy und ich sah seinen verzweifelten Blick. Ich flehte still, dass Paddy dieses Spiel mitspielen würde. Ich wusste nicht, was Jimmy vorhatte aber scheinbar hatte er einen Plan. Aber seit wann? Wollte er das Wochenende wirklich mit Anna und Paddy verbringen? Anna hatte mir nichts davon erzählt, dass wir noch ausstehende Punkte auf der Hochzeitsliste hatten. Außerdem, hatten wir es hier nicht mit einer royalen Hochzeit zu tun, verdammt noch mal. Plötzlich ergriff Paddy das Wort. Er rettete Jimmy den Arsch. Unfassbar, das hätte ich nicht gedacht. Ungläubig schaute ich in die Runde um die Situation abzuschätzen. Die restlichen Geschwister machten sich auf zum Gehen. Eine Umarmung oder ein Handschlag war mir nicht gegönnt. Das traf mich mit voller Wucht. Kira und Joey waren die Einzigen, die mir ein Lächeln schenkten. Was für eine große Geste mir gegenüber. Als schließlich nur mehr meine beste Freundin, Jimmy und Paddy im Zimmer waren, gingen die beiden Männer ans andere Ende des Raumes. Paddy forderte ein Gespräch ein. Leider konnten Anna und ich kein Wort verstehen. „Chiara, was sollte das eben?" „Ich habe keine Ahnung." „Komm schon, ihr habt das Wort Sex beinahe auf die Stirn tätowiert. Es ist offensichtlich, dass gestern mehr gelaufen ist, als nur ein Gespräch. Absolut Jeder hat das gemerkt." Ich erzählte ihr kurz von unserer Nacht und auch, dass er heute Morgen gedrängt hatte zu packen, um seinen Flieger zu erwischen. Ich hatte keine Ahnung warum er plötzlich seine Meinung änderte und so eine Show abzog. Als die Jungs zurückkamen, schnappte ein ziemlich wütender Paddy, Anna und schob sie aus dem Raum. Jimmy und ich blieben zurück. Er entschuldigte sich, dass er mich vor vollendete Tatsachen stellte und fragte mich ob es ok sei, wenn er mit mir mitkommen würde. Er könnte sich ansonsten sicherlich bei Paddy einquartieren. Plötzlich versagte seine Stimme. Er war so süß. Ich lächelte ihn an und zog ihn in meine Arme. Natürlich wollte ich ihn bei mir haben und das sagte ich ihm auch. Doch ich hatte auch Angst vor der Hochzeit. Alle seine Geschwister und deren Familien würden anwesend sein. Er beschwichtigte mich, mir keine Sorgen zu machen. Wir würden das schon meistern. Natürlich würden wir das schaffen, aber ich hatte Angst. Ich befürchtete, dass an Annas großen Tag schlechte Stimmung herrschen könnte und ich wäre daran schuld. Das könnte ich mir nie verzeihen. Die Frage, ob die Hochzeit unser letztes Treffen sei, bejahte er. Tränen brannten in meinen Augen, als er mich leidenschaftlich küsste. Der Kuss schmeckte nach Liebe, Leidenschaft und leider auch nach Abschied.

Wir gingen zu Anna und Paddy. Zuerst dachte ich Anna wäre vielleicht wütend auf Jimmy. Aber ich merkte schnell, dass dies nicht so war. Ich glaube sie hatte sogar Verständnis. Außerdem kannte sie meine Gefühle für ihn. Wir umarmten uns alle beim Verabschieden und Jimmy ging mit mir zum Mietauto. Das würde eine lange Fahrt werden.

Butterflies in my Bellyحيث تعيش القصص. اكتشف الآن