Die Nadel im Heuhaufen

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Was war das? Konnte es-?! War es möglich?! - nach so langer Zeit. Doch dieser Geruch ließ eigentlich keinen anderen Schluss zu. Noch nie hatte er-. Nicht einmal annähernd!

„Mein Fürst-! Was habt ihr?“ Angesprochener zwang sich, seinen Kopf etwas zu drehen und seinen General und Freund anzusehen. Daromir schluckte für ihn vollkommen untypisch einen dicken Kloß hinunter und atmete einmal tief durch. „Was riechst du Lucian?“
Der Braunhaarige zog fragend eine Augenbraue nach oben. Konzentrierte sich dann jedoch ganz auf seine Umgebung und schnupperte leicht in der Luft, was für einen Außenstehenden wohl etwas seltsam ausgesehen hätte. „Ich rieche - Blut, mein Fürst.
Eindeutig Menschenblut. Und jetzt wo ich mich darauf konzentriere ... es können nicht nur wenige Tropfen sein!
Aber warum lässt euch das derart um Fassung ringen? Wahrscheinlich nur ein Mensch, der sich in den Wäldern verirrt und sich verletzt hat.“

„Sandelholz und Vanille ...  Lucian-!“

Der Atem aller Anwesenden stockte. Einen Moment lang herrschte eine gespenstische Stille. Und erst jetzt, nachdem er es laut ausgesprochen hatte, sickerte das Wissen was dies bedeutete endgültig in sein Gehirn ein. Ließ ihn augenblicklich auf dem Absatz kehrt machen und mit übermenschlicher Geschwindigkeit in die Richtung eilen, aus der der betörende und nur für ihn einzigartige Duft kam.

Es dauerte nicht lange bis die kleine Gruppe, bestehend aus sechs Männern, am Rand einer winzigen Lichtung zum stehen kam.
Es konnten, wenn überhaupt nur wenige Minuten gewesen sein, die sie bis dorthin gebraucht hatten.
Doch das einzige Gefühl, der einzige Gedanke, der sein Herz zuschnürte, war, dass er zu lange gebraucht hatte. Zu viel Blut, welches in den mit Gras bedeckten Erdboden sickerte und ein gefährlich langsamer Herzschlag, der von dem am Boden liegenden Körper ausging.
Daromir schluckte. Versuchte das ungewohnte Gefühl der Angst zu ignorieren. Setzte einen Fuß auf die Waldlichtung und bewegte sich dann, im Vergleich zur sonstigen Geschwindigkeit eines Vampirs, langsam auf den schwarzhaarigen Jungen zu. Schließlich wollte er diesen trotz aller Dringlichkeit nicht erschrecken. Falls er ihn überhaupt wahrnahm!

Endlich bei dem Jüngeren angekommen, ließ sich Daromir auf die Knie sinken und begann ohne weiter darüber nachzudenken Heilzauber zu wirken, währenddem er den Schwarzhaarigen betrachtete. Ihm war bewusst, dass seine Zauber nicht ausreichen würden, schließlich war er kein Heiler. Doch es würde ihnen zumindest die notwendige Zeit verschaffen.
Der Junge durfte nicht sterben! Nun, da er endlich, nach so vielen Jahrhunderten einen dieser so zerbrechlichen Menschen gefunden hatte, den er zu seinem Gefährten nehmen konnte. Eine dieser sprichwörtlichen Nadeln im Heuhaufen.
Denn für einen geborenen Vampir grenzte es schon an ein Ding der Unmöglichkeit, eines dieser Geschöpfe zu finden, die das Schicksal für sie bestimmt hatte.




Kälte! Das war alles, was er fühlte und diese langsam übermächtig werdende Müdigkeit-. Beides zusammen drängten sogar erfolgreich die Schmerzen in den Hintergrund.
Zumindest war es bis gerade eben noch das Einzige. Doch nun war da noch etwas ... oder wer.
Ein Gefühl sagte ihm, dass er nicht mehr alleine war. Wo auch immer er sich soeben befand-. Und derjenige schien ihn außerdem zu heilen. Zumindest war es das gleiche Gefühl, welches er empfand, wenn Poppy Pomfrey am Werk war. Das Kribbeln ausgelöst durch die Heilzauber, die seinen geschundenen Körper versuchten zu reparieren.
Am liebsten hätte er jetzt verärgert geschnaubt. Das durfte doch nicht wahr sein verdammt nochmal! Doch ihm fehlte dazu schlicht die Kraft.

Finger. Da waren Finger, die ihm ganz sanft und vorsichtig Haarsträhnen aus dem Gesicht strichen.
Langsam gewann seine Neugier dann doch die Oberhand. Was Harry dazu veranlasste in Gedanken über sich selber zu schimpfen. Das war so typisch Gryffindor! Jetzt hätte er am liebsten geseufzt. Doch kein Laut kam ihm über die Lippen, stattdessen zwang er sich mit aller Kraft dazu seine Augenlider zu heben.
Und das, was er sah, brachte sein Herz erneut fast zum Stillstand. Dieses Mal jedoch aus einem gänzlich anderen Grund.



Grün. Wunderschöne satte grüne Seelenspiegel, die ihn anblickten. Er war sich sicher noch nie so strahlend grüne Augen gesehen zu haben. Allerdings war die Müdigkeit deutlich in ihnen zu sehen. Auch das leichte Zittern entging ihm nicht. Ein müdes, verletztes und verschrecktes Reh.
Daromir lächelte beruhigend, sich darüber im Klaren, dass seine roten Augen dabei wahrscheinlich nicht gerade hilfreich waren, und sprach mit leiser sanfter Stimme. „Ich tu dir nichts! Du bist in Sicherheit und niemand wird dir Schaden zufügen. Das verspreche ich dir!“ Doch das darauffolgende kaum sichtbare Stirnrunzeln ließ ihn innehalten. Der Jüngere verstand anscheinend kein Wort von dem, was er sagte. Okay - neuer Versuch. Englisch. Der Rotäugige wiederholte das eben Gesagte und wartete geduldig. Und ja, der fragende Ausdruck in den grünen Augen verschwand, was ihn zufrieden lächeln ließ. „Wie heißt du?“
„Ha-Harry-“, flüsterte der Schwarzhaarige leise und mit rauer Stimme.
Der Fürst sah dem Grünäugigen deutlich an, welche Kraft ihn bereits dieses eine Wort gekostet hatte. Aber er hatte eh nicht vor noch mehr Zeit, hier auf dieser Lichtung zu verbringen. „Mein Name ist Daromir, Harry. Du hast viel Blut verloren und ich sehe, welche Mühe du hast deine Augen offen zu hal-.“ Den Rest, den er noch sagen wollte, sparte er sich, denn sein Gefährte hatte den Kampf gegen die Müdigkeit eindeutig verloren.
Er sah gar nicht ein etwas anderes in dem jungen Zauberer zu sehen. Natürlich spürte er deutlich die magische Kraft, welche dem Jungen innewohnte. Nun konnte er nichts anderes tun als hoffen.
Schnell zog er seinen Mantel aus, wickelte den Verletzten vorsichtig darin ein, lud ihn sich auf die Arme und trat zu den fünf wartenden Vampiren am Rand der Waldlichtung.

„Er wird es schaffen mein Fürst!“, meinte einer der Wartenden aufmunternd lächelnd.
Daromir schenkte dem schwarzhaarigen Vampir ein kleines Lächeln. Auch dieser gehörte, ebenso wie Lucian zu seinen Beratern. „Er ist stark und das er wach war, auch wenn nur kurz, ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen. Ich möchte, dass du vorgehst Alexandru und deiner Frau Bescheid gibst. Sie soll in meinen Gemächern warten!“
Der Mann nickte und verschwand in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Dicht gefolgt von den anderen, die sich deutlich mehr Zeit ließen, um es dem schlafenden Jungen so angenehm wie möglich zu machen.

Nachdem sie das versteckte Tor passiert hatten, welches auf dieselbe Weise funktionierte wie das zur Winkelgasse, apparierten sie ein Stück, um so schnell wie möglich ihr Ziel zu erreichen. Was jedoch zur Folge hatte, dass sich der Grünäugige nach ihrer Ankunft ein gutes Stück vor dem Anwesen, welches Daromir sein zu Hause nannte, leise stöhnend in dessen Armen wand und langsam die Augen aufschlug. Sich orientierungslos umsah, so gut es ihm in seiner Position möglich war, mit vor Schreck geweiteten Augen auf das Schloss vor ihnen hängen blieb und hauchte, „... wo-wo sind wir? - wa-was haben sie mit mir vor?!“

Daromir spürte das erneute Zittern des Jüngeren und war sich sicher, dass es nicht vor Kälte war, und meinte sanft, währenddem er den zerbrechlichen Körper etwas fester gegen seinen eigenen drückte. „Ich habe dir doch versprochen, dass dir nichts passiert. Weißt du noch? Bitte habe keine Angst ... es wird alles gut.
Ich verspreche es dir Harry. Das Schloss, welches du siehst, gehört mir.“






Zur selben Zeit starrte Tom Riddle, alias Lord Voldemort ungläubig auf ein Stück Pergament in seiner Hand.
Das war nicht möglich! Das durfte einfach nicht sein! Warum nur hatte er sich zu diesem Test überreden lassen?! Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit flog das Whiskyglas, welches er in der Hand gehalten hatte, gegen die Wand seines Wohnzimmers und zersplitterte in tausend kleine Glassplitter. Er hatte vierzehn Jahre lang versucht, seinen Seelengefährten und Bindungspartner umzubringen und ihm den Tod gewünscht.
Zumindest dachte dieser, dass es so war-. Das konnte ihm der Junge unmöglich verzeihen.
Lord Voldemort fiel das erste Mal in seinem Leben mit einer Träne im Augenwinkel auf seine Knie und wusste nicht, was er nun tun sollte.

Seelenbund (BxMxM) HarryPotter-FanfictionWhere stories live. Discover now