kapitel dreizehn

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kapitel dreizehn
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01. – 02. Juli

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ZUM ERSTEN Mal seit seinem Umzug nach Seoul gestaltet sich die Rückreise von Yeosu ohne die zermürbende Leere, die Yoongi sonst immer bei seinen Zugfahrten fünf Stunden lang quält.

Statt schwer vor Trauer fühlt er sich leicht vor Aufregung, weil er es kaum erwarten kann, heim zu kehren. Heim zu einer bestimmten Person.

Der Sonntag vergeht ereignislos, zumindest für Yoongi und seine Familie, denn die Natur spielt verrückt. Nach vielen Tagen der sengenden Hitze zieht ein Sturm auf, der stundenlang wütet, und für kaum mehr Gelegenheit bietet, als es sich mit guten Filmen und Gesellschaftsspielen gemütlich zu machen und sich einen erholsam-faulen Tag zu gönnen. Trotzdem leiht sich Yoongi von Hyunwoo Gummistiefel und eine Regenjacke, um sich durch den Sturm zum Strand zu kämpfen, weil er dort unbedingt etwas abholen muss.

Wie geplant wird er nach einer erneut langen Abschiedszeremonie von seinem Onkel am späten Nachmittag zum Bahnhof gebracht. Sein Rucksack ist gefüllt mit Restkuchen und verschiedenen Banchan, die ihn und Ahmet viele Tage versorgen werden.

»Du sollst Lauch essen und nicht wie einer aussehen«, schimpfte seine Tante kopfschüttelnd, während sie ihm die vielen Tupperwaren in die Hand drückte. In seiner Tasche war für all das Kimchi, Jjimdak, Musaengchae und die anderen Gemüsebeilagen kaum genug Platz, sodass jetzt eine prall gefüllte Plastiktüte an seiner Hand hängt. Er hat bei der Reise Glück im Unglück, denn zwar behindern ein paar abgebrochene Äste die Gleise, aber sie werden von Bahnmitarbeitern schnell genug abgeräumt, sodass seine Fahrt sich um nur eine Stunde verspätet.

Es ist knapp 23 Uhr, als Yoongi unter trockenen Himmel daheim ankommt und wegen des mal wieder ausgefallenen Fahrstuhls gezwungen ist, die Treppen zu nehmen. Als er schwer atmend und mit wackeligen Knien endlich einige Zeit später in seine Schuhschachtelwohnung im sechsten Stock schlurft, hebt der auf dem Boden liegende und mit seinem Handy beschäftigte Ahmet nur kurz seinen Kopf. »Hi Yoongi-yah! Willkommen zurück!«

»Hi!«, ächzt Yoongi, lässt die Tüte aus seiner Hand sowie seinen Rucksack von seinen Schultern fallen und legt sich wie sein Mitbewohner mit allen Gliedern von sich gestreckt rücklings auf den Boden. Gegen die Schwüle nach dem Regenschauer tut der kalte Boden so gut, dass ihm ein zufriedenes Seufzen entweicht.

»Wie war die Feier?«, fragt Ahmet.

»Hektisch, aber schön.« Yoongi genießt zwei weitere Herzschläge lang die Entspannung, dann dreht er seinen Kopf zu seinem Mitbewohner. »Haben wir eigentlich noch Katzenfutter da? Ich glaube, ich habe gerade ein paar Straßenkatzen vorbeihuschen sehen. Vielleicht haben sie Hunger.« Eigentlich bewahrt er für genau solche Fälle immer ein paar Packungen Trockenfutter auf, aber er erinnert sich nicht daran, wann er zuletzt die Vorräte aufgestockt hat.

»Ich schau sofort nach!«

Yoongi ist dankbar dafür, dass Ahmet direkt aufspringt, denn für die nächsten Minuten hat er nicht mehr die Kraft, auch nur einen Finger zu krümmen. Am liebsten würde er die ganze Nacht so liegen, doch nachdem er alle Küchenschränke kontrolliert hat, sagt Ahmet: »Wir haben leider nichts mehr da.«

»Dann gehe ich welches kaufen.«

»Bleib einfach liegen, ich gehe schon«, widerspricht Ahmet, doch da ist der Jüngere schon ächzend aufgestanden.

Seelenfrieden | yoonmin || ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt