kapitel sechzehn

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kapitel sechzehn
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02. Juli

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ZUM ERSTEN Mal klingen die Glöckchen, die Yoongis Eintritt in die Teestube begleiten, nicht warm und hell, sondern wie ein höhnisches Giggeln.

Sein Körper und Geist werden noch von anderen Emotionen völlig durcheinander gebracht, aber das Gefühl, verraten worden zu sein, sticht besonders spitz hervor. Gepaart mit Unverständnis darüber, warum Dongjae und Ajin so sehr wollten, dass er sich mit Jimin anfreundet. Wenn sie doch wissen, dass er eine verlorene Seele ist.

Yoongi fühlt sich so hintergangen, dass er kein falsches Lächeln aufbringen kann, als er steife Schritte in Richtung des Hinterzimmers macht. Genau in dem Moment kommt Dongjae eine Keramikdose tragend in den Hauptraum, in der sich zu diesen Abendstunden kein Besucher befindet.

Sie sind allein; umgeben von bunten, an den Wänden aufgehängten Traumfängern und blitzblank gewischten Holztischen, an denen sie unzählige Male Tee tranken und gemeinsam zu Mittag aßen. Yoongi liebte diesen Job. Jetzt dagegen weiß er nicht, ob er nach heute je wieder einen Fuß in diese verfluchte Teestube setzen wird.

Bei seinem Anblick bleibt sein Chef überrascht stehen. »Guten Abend, Yoongi-yah! Was machst du hier? Geht es dir besser?« Er registriert seine regungslose Miene, stellt das Teegefäß auf der Theke ab und kommt besorgt darum herum. Er hebt den Arm, doch bevor er dem Teenager seine Hand wie so oft als Zeichen der Würdigung seiner Leistungen auf die Schulter legen kann, weicht Yoongi zurück.

Langsam lässt Dongjae seine Hand sinken. »Ist etwas passiert?«

»Ich wollte heute ein Geschenk für Jimin besorgen. Von dort komme ich gerade«, antwortet Yoongi, nachdem er seine Stimme wieder findet. Er ist überrascht davon, wie fest sie klingt.

Dongjae registriert wohl auch die ungewohnte Kälte darin, denn als er fragt, um was für ein Geschenk es sich handele, ist sein Lächeln nicht echt.

»Ein Pulli mit unserem Bild darauf.«

Minimal.

Dongjaes Reaktion ist minimal, nur ein leichtes Zucken seiner Lider, eine Regung, die Yoongis wachsamen Blick nicht entgeht.

»Das Problem war nur«, fährt er fort, »dass der Besitzer ihn auf dem Foto nicht gesehen hat.« Yoongi schließt seine Augen und nimmt tief Luft. Als er wieder spricht, entkommt seinen Stimmbändern kaum mehr als ein Flüstern, belegt mit einem flehenden Unterton; das Zeugnis des Wunsches nach einer Erklärung, die von der offensichtlichen Wahrheit abweicht. »Können Sie mir das erklären, Sajangnim? Sagen Sie es mir. Warum hat der Mann aus dem Druckgeschäft Jimin nicht gesehen? Warum hat er ihn nicht wahrgenommen?«

Weil sein Bewusstsein verschlossen ist. Alles steht und fällt damit, wie viel ein jeder bereit ist wahrzunehmen. So heißt es in der Bewusstseinslehre. Sind das nicht die Worte seines Chefs gewesen, an jenem Tag, an dem Yoongi zum ersten Mal in die Teestube stolperte? Auf der Suche nach einem ganz gewöhnlichen Nebenjob. Und was hatte er stattdessen bekommen?

»Warum habt ihr das getan? Ihr beide wusstet davon... trotzdem habt ihr mich zu Jimin geschickt. Warum? Was wollt ihr von mir

»Beruhige dich, mein Jun–«

»ICH BIN NICHT IHR JUNGE!« Plötzlich ist da diese Wut, die bisher nur geschwelt hat; sie bricht aus ihm wie Lava aus einem Vulkan. Der Schock über seine Erkenntnis weicht dieser feurigen Wut darüber, ausgenutzt worden zu sein für... was auch immer. Wut darüber, dass man mit ihm spielte. Wut darüber, dass er es nicht merkte.

Seelenfrieden | yoonmin || ✓Where stories live. Discover now