Kapitel 10

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Irgendeine Nacht

Rico liegt neben mir. Er ist noch nicht gegangen, obwohl unser One Night Stand schon seit einer halben Stunde weg ist. Es ist schon das Fünfte Mal, dass wir das abgezogen haben. Sieben Mal haben wir schon telefoniert, um dabei zu zocken oder einfach nur etwas zu reden, so aus Langeweile. Das fünfte Mal heute, dass wir einen Dreier hatten. Doch das erste Mal, dass er bleibt und das Mädchen nicht nach Hause bringt. Was wohl daran liegen muss, dass das Mädchen heute selbst ein Auto hatte. Beim letzten Mal lief er glaube ich Ashton unten über dem Weg, denn der hat mich auf meinen neuen Freund direkt am nächsten Morgen angesprochen. „Mit wem hast du denn da gestern oben Party veranstaltet?", hat er so ganz nebenbei gefragt, obwohl ihn normalerweise meine Sexgeschichten nie interessieren. „Keine Ahnung wie er heißt.", hab ich achselzuckend zurück gegeben. Eine andere, ehrliche Antwort lag mir eigentlich viel eher auf der Zunge.
„Rico. Er ist total witzig. Hat mich in den letzten Tagen und Wochen echt munter gehalten. Stell dir mal vor, er studiert nur 20 Minuten von hier. Seine Tante arbeitet hier irgendwo, deswegen ist er so oft hier in irgendwelchen Clubs.  Er kann super gut feiern, aber was er am besten kann ist grinsen! Du solltest mal seine Zähne sehen, die lassen einen beinahe erblinden so perfekt sind die."

Aber das wäre viel zu viel. Viel zu übertrieben, dafür, dass ich diesen Jungen grade mal ein paar Wochen kenne. Außerdem hört es sich falsch an. Was würde Ashton denn von mir denken, wenn ich so von einem Jungen schwärme? Ha! Er würde noch denken ich wäre schwul oder so. Dabei mag ich Rico einfach nur. Ich mag, wie er es schafft mich zum lachen zubringen, obwohl alles woran ich grade denken kann, die nächste Line ist. Ich mag es, wie er mit mir völlig im Takt tanzt. Selbst im Bett verlieren wir unseren Takt nicht. Manchmal fühlt es sich so intim an, als wären es nur wir beide, gar keine dritte Person, aber das ist Quatsch. Natürlich. Ich mag auch, dass er sich eine Apfelschorle oder Fanta bestellt, wenn wir ausgehen. Bis jetzt hat er noch nie einen Tropfen Alkohol zu sich genommen. Auf jeden Fall nicht vor meinen Augen.

Ich mag wie einfühlsam er ist. Letztens waren wir tanzen und wollten eigentlich unserem typischen Plan folgen, aber als er ein Mädchen im Flur vor den Toiletten hat weinen sehen, hat er sie einfach in den Arm genommen. Sowas hab ich noch nie gesehen. Jemand, der eine völlig fremde Person einfach so in den Arm nimmt. Sie hatten noch nie ein Wort miteinander geredet, aber in diesem Moment, war das beiden egal. Sie hat sich an ihn gedrückt, nachdem sie gemerkt hat, er will ihr nicht an die Wäsche. Sie saßen da einfach so. Mindesten Fünf Minuten lang. Ich wusste nicht recht was ich tun sollte, also hab ich die Leute einfach von ihnen fern gehalten. In diesem Moment, als Rico so da saß mit dem schluchzenden Mädchen in seinen starken Armen, kam in mir der seltsame Wunsch auf auch in seinen Armen zu liegen. Mich auch an ihn zu lehnen. Ohne etwas sagen zu müssen, einfach getröstet zu werden. Zu wissen, dass da jemand ist, der sich kümmert. Du bist nur allein. Du brauchts unbedingt eine Freundin. Hab ich mir sofort gesagt. Natürlich. Ich bin nur alleine. Allein das ist der Grund, warum ich in seinen Armen liegen will. Nur das ist der Grund, warum meine Augen nicht mehr auf dem Hintern der Mädchen landen, sondern auf seinem. Nur mein Alleinsein ist der Grund, warum ich mich in seiner Stimme bei den Telefonaten und in seinen Augen bei unserem Gesprächen an der bar verliere.

Ich mag auch seine braunen Locken. Diese kleinen Locken umgeben grade seinen schmalen Kopf. Er liegt auf dem Rücken, die Arme hinter seinem Kopf verschränkt. Die Decke grade genug hochgezogen, um das zu verdecken, was grad noch steif war. Seine braunen Bauchmuskeln zeigen wie ein Pfeil unter die Decke. Als würde sein Körper selbst mir den Weg zeigen wollen. Als er sich etwas bewegt, drehe ich meinen Kopf sofort wieder selbst zur Decke hoch. Es sollte sich komisch anfühlen hier nackt mit einem Jungen zu liegen, aber es fühlt sich nicht komisch an. Anders, ja, aber ein gutes anders. Ein warmes, ein geborgendes anders. Bei ihm habe ich nicht das Bedürfnis, wie bei den Mädels, dass sie mein Zimmer verlassen. Er kann ruhig bleiben, es ist okay. Vielleicht sogar mehr als das.

Nur ein Junge | ✔️Donde viven las historias. Descúbrelo ahora