Kapitel 21

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Irgendwas hat stimmt nicht. Ich hab nicht erst gestern das Gefühl gehabt, dass Rico etwas enttäuscht darüber sein könnte, damit, wie offen, oder eben nicht, ich mit unserer Beziehung umgehe. Und mein Zurückhalten was das Physische angeht, besonders in der Öffentlichkeit, ist für ihn bestimmt auch kein Grund zum feiern.

Apropos Feiern. Nach der Party gestern und dem beklemmenden Gefühl, das ich manchmal an Ricos Seit verspürt habe, habe ich mich heute für eine weitere Party entschieden, ohne Rico. Vielleicht war es scheiße von mir, vielleicht auch nicht. Mein Gewissen ist so eine Sache. Es schaltet sich nur an, wenn es will und mit genügend Alkohol unterdrücke ich meine aufkommenden Schuldgefühle wie ein Pro. Jetzt grade ist es nicht anders. Ich gebe mir mit irgendwelchen schreienden und tanzenden Idioten in irgendeinem Haus am Strand die Kante. Streng genommen kenne ich hier keinen, außer den Kumpel, der mich mitgenommen hat. Ferrenz ist ein kleiner Typ, der seine schwarzen Locken unter einer Cap versteckt und jedes Mädchen, dass er anspricht mit seinem albernem Diamanten im Ohr blendet.

Ich hab ihn auf einer High School Party von Olivier kennen gelernt und seit dem treibe ich mich manchmal mit ihm rum. Ich weiß so gut wie nicht über ihn und er auch genauso wenig über mich. Die perfekte Basis für eine Sauf und Party Freundschaft. Heute muss ich es natürlich mal wieder übertreiben. Ich lasse mir über den Abend verteilt mindestens Sechs verschiedene Alkohol Arten in den Mund schütten und mein mal weißes Oberteil nimmt langsam die Farben des Regenbogens auf. Doch egal wie viel ich trinke, den Joint, die Line oder andere Lippen kommen mir nicht in die Tüte. Ein gewaltiger Fortschritt.

Doch nur weil ich es nicht tue, heißt es nicht, dass ich es nicht will. Ich bin mir nicht sicher wie spät es ist, als ich jetzt zum bestimmt siebten Mal mein Handy vibrieren spüre. Eigentlich konnte ich es bis jetzt wunderbar ignorieren, doch genau da gucke ich in die Richtung, wo in einer Ecke grade zwei Mädchen stehen und sich fett knutschen. Drei grölende Jungs stehen darum. Dieser Anblick erinnert mich unwillkürlich an den Grund, warum ich hier bin. Ich bin vielleicht hier her gekommen, um mit Alkohol meine Probleme mit Rico zu vergessen, aber was, wenn ich sie mit Alkohol auch lösen könnte?

Was ich als nächstes tue ist vielleicht nicht das Schlauste, aber lange nicht das erste und sicher nicht das letzte Mal, dass ich es tue. Ich bin hier her gefahren, in meinem Auto. Ich wusste natürlich, dass ich mich betrinken werde, doch bis jetzt hatte ich noch nie Probleme, besoffen zu fahren. Ich muss einfach nur darauf achten, dass niemand Zuhause es bemerkt, oder ich fahre einfach nicht nach Hause. Mein Entschluss ist schon gefasst und meine Schlüssel krame ich beim wackeligen Laufen ins Kalte aus meiner Hosentasche.

Die Schlüssel aus der Jeans zu holen war die viel größere Hürde. Das Fahren geht ja fast von alleine. Ich muss nur manchmal lenken und um die Uhrzeit interessiert sich eh keiner mehr für die Lichter. Und so bin ich innerhalb von nur Zehn Minuten bei Ricos Wohnung. Als ich aussteige, erinnere ich mich noch grade so dran, dass ich abschließen muss. Ich hab ihm zwar nicht geschrieben, aber die Klingel wird ja wohl funktionieren. Also klingle ich einfach ein paar Mal, bis die Sprechanlage sich einschaltet. Rico hört sich seltsamer Weise gar nicht müde an. „Hallo? Wer ist da?" Ich räuspere mich, atme tief ein, in der Hoffnung den Alkohol aus meinem Blut zu atmen, dann lehn ich mich vor den Lautsprecher. „Ich bin's."
„Edmond!"
„Mach dir Tür auf und lass mich rein. Ich muss dir was zeigen." Wow ,bin ich gut darin meine Stimme nüchtern klingen zu lasse.

Rico drückt, ohne irgendwas weiter zu fragen die Tür auf und ich stürme sofort hinein und die Treppen rauf. Oben angekommen, steht Rico nur in Schlafanzug Hose in der Eingangstür. Ich sehe Erleichterung und Verwunderung in seinem Gesicht, aber nicht die Gefühle oder Eindrücke interessieren mich jetzt, sondern viel mehr, er. Ohne Vorwarnung, Pause oder halt zu machen, stürze ich mich auf ihn. Sein Körper prallt mit meinem gegen die Wand im Flur, aber er steigt auf der Stelle in den Kuss mit ein. Ich sehe nichts mehr und spüre nur noch ihn. Mein Bein schiebe ich zwischen seine, um ihn genau da zu behalten, während meine Hände sich durch seine Locken arbeiten. „Du schmeckst so gut.", murre ich zwischen Küssen. Die Tür neben uns knallt zu, Rico muss sie zugetreten haben. Es legen sich im nächsten Moment zwei Arme um mich, die eine Hand landet auf meinem Hinterkopf. „Und du nach Alkohol.", antwortet er genauso unverständlich.

Nur ein Junge | ✔️Where stories live. Discover now