7. Türchen

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"Naja...", stammelte ich. "Gut zu wissen, dass du nicht an ihr interessiert bist halt."

"Würde dich das stören?"

"Was?"

"Würde es dich stören, wenn ich an ihr interessiert wäre? Ich meine, ihr seid ja... nur Freunde?"

"Ja, nein..." Mein Kopf war mit einem Mal wie leer gefegt. Harrys grüne Augen sahen mich so intensiv an, dass meine Knie ganz weich wurden. "Also wir sind Freunde, ja. Aber es würde mich nicht stören, ich dachte nur... Ich weiß auch nicht."

Harry nickte langsam, löste seinen Blick dabei nicht eine Sekunde von mir. Doch dann sah er doch zur Seite. "Ich bin sowieso nicht an Frauen interessiert. Generell meine ich."

"Oh." Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte, doch ich wollte ihm auf jeden Fall zeigen, dass ich das voll und ganz supportete, weshalb ich noch ein "cool" hinter her schob und nickte, um mir das selbst irgendwie zu bestätigen. Etwas überfordert lächelte ich.

Harry erwiderte es, wenn auch nicht ganz so selbstbewusst. "Sorry...", nuschelte er dann und blickte auf seine Fußspitzen. "Eigentlich gehe ich nicht zu Leuten und sage hey ich bin Harry und ich bin schwul." Er lachte sarkastisch. Ich konnte seine Unsicherheit deutlich spüren, doch ich wusste nicht, was ich tun könnte, um ihn besser fühlen zu lassen und deshalb sah ich ihn einfach weiter an und schwieg. "Ich will bloß nicht, dass das zwischen uns steht. Ich mein wegen morgen und generell und falls wir mehr Zeit miteinander verbringen, also vielleicht... Wenn wir vielleicht Freunde werden, dann möchte ich nicht, dass das zwischen uns steht." Jetzt sah er mich wieder an und der Schmerz in seinen Augen verriet mir, dass es ihm wirklich wichtig war. "Weil die meisten Leute, die ich gekannt habe, haben sich von mir abgewendet, nachdem ich es gesagt habe und ich will nicht, dass mir das mit dir passiert."

"Harry." Ich ging ich einen Schritt auf ihn zu und sah ihm tief in die Augen, um irgendwie rüber zu bringen, dass ich das, was ich sagte, wirklich ernst meinte. Denn das tat ich. "Es ist mir völlig egal, auf wen oder was du stehst. Ich bin der Letzte, der irgendwen für seine Sexualität verurteilt, okay? Das macht dich weder als Person aus, noch definiert es in irgendeiner Weise deinen Charakter."

Seine Augen fixierten die meine, während er scheinbar über meine Worte nachdachte. Hatte er so schlechte Erfahrungen damit gemacht, das anderen Leuten zu erzählen? War er deshalb neulich so verschlossen gewesen? Irgendwie versetzte mir das einen Stich ins Herz. Wenn er sagte, dass die meisten Leute das täten, wen meinte er damit? Freunde? Vielleicht sogar seine Familie?

Könnte ich etwas dafür tun, dass er mir glaubte, mir vielleicht sogar irgendwann vertraute? Denn irgendwie wollte ich das. Ich mochte ihn, sehr sogar und das obwohl wir uns kaum kannten. Und irgendwie wollte ich für ihn jemand sein, bei dem er zu dem stehen konnte, was er war. Er sollte sich nicht verstellen, nicht für mich.

"Bei mir bist du sicher", lächelte ich. "Und wenn dir irgendjemand doof kommt, dann rufst du ganz laut meinen Namen und ich eile dir zur Hilfe, okay?"

"Okay", erwiderte er leise, während ein zaghaftes Lächeln seine Mundwinkel umspielte. "Dann... sind wir Freunde?"

Bestätigend nickte ich, woraufhin sein Lächeln noch größer wurde und seine Augen mich förmlich anstrahlten. Irgendwie erwärmte dieses ehrliche Lächeln mein Herz, auch wenn es mich gleichzeitig traurig machte. Er sollte sich nicht so sehr darüber freuen müssen, wenn jemand seine Sexualität akzeptierte, denn das sollte etwas völlig normales und selbstverständliches sein.

"Na komm", murmelte ich und deutete mit dem Kopf in Richtung Marinkäfergruppe, während ich mich wieder in Bewegung setzte. "Die anderen warten sicher schon auf uns. Du hast gar nicht erwähnt, dass du Praktikum bei einer Fotografin machst."

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