10. Türchen

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Ich war bis zum Wochenende krank geschrieben und verbrachte meine Tage damit, mich auszukurieren, damit ich am Samstag fit für die Balletvorführung wäre. Harry kam bis dahin jeden Tag vorbei, kochte für mich, ging mit meinem Hund spazieren, schaute mit mir Weihnachtsfilme und zockte mit mir Videospiele. Am Donnerstag hatte ich ihm geschrieben und gefragt, ob er kommen wollte. Am Freitag hatte ich das nicht gemusst, denn da hatte er einfach irgendwann vor der Tür gestanden.

Inzwischen wusste ich tatsächlich auch ein bisschen mehr über ihn. Er lebte in einer WG mit Niall und Toni, wobei er und Niall im Dachgeschoss wohnten. Harry liebte Pflanzen und Literatur, außerdem interessierte er sich für Kunst und Fotografie. Im Fotostudio machte er im Moment ein viermonatiges Praktikum, danach wollte er Kunst auf Lehramt studieren und nebenberuflich als Hobbyfotograf arbeiten. Er liebte Katzen, besonders die Streunerkatze Vader, die seit einigen Monaten durch seine WG streifte und die regelmäßig in seinem Bett schlief. Achso... Und er hasste Weihnachten. Warum hatte ich immer noch nicht heraus gefunden.

Am Samstag war ich bis auf ein bisschen Halsschmerzen wieder topfit und wahrscheinlich hatte ich das vor allem Harry zu verdanken, der sich die ganze letzte Woche überaus lieb und fürsorglich um mich gekümmert hatte. Und so packte ich meine Hündin ein und fuhr mit ihr bereits am frühen Morgen zu meiner Familie, um mir die Balletvorführung meiner beiden kleinen Schwestern anzusehen.

...

"Entschuldigen Sie bitte", murmelte ich leise, während ich mich an den vollbesetzten Sitzreihen vorbei schlich.

Ein wenig überfordert versuchte ich, unter den vielen Menschen meine Familie zu finden, als ich plötzlich Lotti sah, die mir zu winkte. Erleichtert kämpfte ich mich zu ihr durch und ließ mich dann auf dem Stuhl, den sie für mich freigehalten hatte, nieder.

"Hey", flüsterte ich leise und warf einen Blick auf die Bühne, auf der der Vorhang noch geschlossen war. "Bin ich noch rechtzeitig?"

"Ja, perfekt", grinste meine Schwester, als mit einem Mal die Saalbeleuchtung aus ging und es mucksmäuschen still im Raum wurde.

Ein wenig aufgeregt rieb ich meine Hände, die von draußen noch ganz kalt waren, aneinander und blickte gespannt nach vorne. Auch wenn ich schon bei einigen Ballettvorführungen meiner kleinen Schwestern dabei gewesen war, war ich noch nie bei einer so großen mit so viel Publikum gewesen. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, ich war eventuell sogar ein klein wenig aufgeregter, als meine kleinen Schwester, die allerdings im Gegensatz zu mir gleich auf dieser Bühne vor all den Menschen stehen würden.

"Wo ist der Rest?", fragte ich, weil die Plätze neben Lotti, die eigentlich für meine Familie waren, noch unbesetzt waren.

"Daisy hat Lampenfieber wegen der Aufführung bekommen", erklärte Lotti im Flüsterton. "Deshalb ist Mum jetzt hinter der Bühne und versucht, ihr die Angst ein wenig zu nehmen. Fizzy und Dad standen eben noch in der Schlange bei der Kleiderweggabe und die Zwillinge sind ja Zuhause, wo die Nachbarin auf sie aufpasst. Ich glaube bei einer Balletaufführung würden sich die beiden zu Tode langweilen und nur herum schreien."

Grinsend warf sie einen Blick auf die Reihen vor uns.

"Und ich bezweifle, dass das den anderen Zuschauern so sonderlich gefallen würde."

"Da hast du wohl Recht", murmelte ich leise, als sich plötzlich der Vorhang öffnete.

Als die Scheinwerfer Licht auf die Bühne warfen, blieb mir beinahe die Sprache weg, als ich meine beiden kleinen Schwestern in ihren hübschen Kleidern sah. Da sie eine Version des Nussknackers aufführten, trugen sie Kostüme und nicht wie sonst die typischen Trikots. Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen, während die ersten Takte der Musik ertönten und sie elegant wie kleine Elfen über die Bühne tanzten.

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