9. Türchen

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Harry war weg, als ich am nächsten Morgen auf meiner Couch im Wohnzimmer aufwachte, doch vor mir auf dem Tisch unter meiner Tasse war ein kleiner Zettel geklemmt worden. Ein Zettel mit einer Handynummer.

Es fühlte sich an, als wäre bereits Weihnachten, als ich seine Nummer mit einem kribbeligen Gefühl im Bauch in meinem Handy einspeicherte. Sollte ich ihn anrufen? Sollte ich ihm schreiben? Aber was sollte ich ihm schreiben?

Ich beschloss, das ganze auf später zu verschieben und legte mein Handy wieder weg, bevor ich mich aus dem Bett hievte und mich in meine Kuscheldecke ein lümmelte, um mir ein Taschentuch aus der Küche zu holen. Mein Hals fühlte sich kratzig an und tat bei jedem Schlucken aufs Neue weh, weshalb ich mir auch gleich meinen Wasserkocher für eine Tasse Tee befüllte. Während ich meine Nase in einem Taschentuch ausrotzte, fiel mein Blick auf den Kühlschrank, an dem, mit einem Magneten festgemacht, eine kleine Notiz hing.

Hab dir den Rest der Suppe in die grüne Tupperschüssel umgefüllt (falls du sie dir noch einmal warm machen möchtest)

Aw. Wie süß er war.

Vielleicht sollte ich ihm doch direkt schreiben. Nicht, dass ich es vergaß und er hinterher dachte, ich hätte kein Interesse an ihm. Also ich hatte auch kein Interesse. Also... Also nicht so. Sondern nur freundschaftliches Interesse. Schließlich waren wir ja auch Freunde. Nicht, dass er noch dachte, ich wollte nicht mehr mit ihm befreundet sein. Das wäre ja doof.

Ich ging also zurück ins Wohnzimmer und nahm mir mein Handy. Aber was sollte ich schreiben? Ein schnödes "hey" war mir dann doch irgendwie zu albern. Stella schrieb regelmäßig mit irgendwelchen Leuten von Tinder und sie hatte mir einmal gesagt, dass sie auf "hey"-s inzwischen überhaupt nicht mehr antwortete, weil ihr das zu langweilig und zu unkreativ war. Harry sollte nicht denken, dass ich langweilig und unkreativ war. Schließlich hatte er mir Suppe gekocht. Da musste ich schon ein bisschen mehr zu bieten haben, als ein "hey".

Ehe ich überhaupt darüber nachgedacht hatte, was ich überhaupt sagen wollte, begann ich eine Sprachnachricht. Ich würde einfach improvisieren. Das war authentisch und sympathisch. Das kam bestimmt gut.

"Hey, Harry, ich ähm..." Ich brach ab und hätte mich am liebsten selbst geohrfeigt. Ich wollte doch kein schnödes "hey".

Okay, nächster Versuch.

"Harry, hey..." Fuck.

Warum war das so schwer?

Nach ungefähr zehn weiteren Versuchen, beschloss ich, noch einen einzigen zu machen und den abzuschicken, egal, wie bescheuert es klang. Harry würde damit schon klar kommen. Und wenn nicht, dann war das halt so. Dann sollte das mit Harry und mir vielleicht einfach nicht sein. Ich atmete einmal ganz tief ein und wieder aus und klickte dann auf das Aufnahmefeld.

"Harry... also... Hi erstmal. Das ist jetzt hier mein elfter Versuch, dir eine Audio zu schicken, weil ich das einfach irgendwie nicht auf die Reihe bekomme. Und das hier schicke ich jetzt übrigens ab, also wenn ich irgendetwas dummes sage, dann tut es mir von tiefstem Herzen leid, aber ich habe mein bestes gegeben. Also... Was ich eigentlich sagen wollte..." Ich musste niesen und hätte am liebsten innerlich geweint, doch dann riss ich mich zusammen. Das hier war die Audio. Ich würde jetzt nicht mehr aufgeben. "Sorry", schob ich also schnell hinterher. "Fürs Niesen meine ich. Ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast, aber ich bin krank. Nevermind, back to topic. Also... Ich wollte mich nochmal bedanken. Für die Suppe und so. Und... ja."

Fuck, was hatte ich nochmal sagen wollen?

"Und ich fands schön mit dir gestern. Den Film und so."

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