6| Louis

667 80 19
                                    

„Nein, definitiv nicht, auf keinen Fall."

„Dein Zimmer ist cool.", lächle ich und drehe mich einmal um die eigene Achse, ehe ich wieder zu Harry schaue, der mich schweigend anschaut, bevor er sich räuspert und dann ein leises „Danke" murmelt.

Es ist zwar nicht sonderlich groß, was mich eigentlich wundert, da es bestimmt andere Zimmer gibt, die größer sind, aber dieses hier erweckt direkt eine gemütliche Atmosphäre. Der Holzboden ist aus einem ziemlich hellen Holz, die Möbel in schwarz gehalten und die Deko, welche man überall im Zimmer findet, jedoch nicht zu viel, ist in weiß gehalten. Nur die Bilderrahmen an der Wand sind schwarz, jedoch ergibt dies einen schönen Kontrast.

„Ich finde es ziemlich langweilig. Also es ist schön, keine Frage, aber etwas mehr Farbe würde in diesem Zimmer irgendwie nicht schaden.", erklärt er und setzt sich dann auf die Kante seines ziemlich großen Bettes. Als ich das letzte Mal in einem so großen Bett gelegen habe, war bei einer Freundin aus der Schule, aber Kontakt haben wir keinen mehr. Meine Mum konnte es sich nie leisten, außerdem ist der Platz bei uns gar nicht da, um mir so ein Bett ins Zimmer zu stellen. Momentan schlafe ich mehr auf der Couch als in meinem Bett, da die Matratze dort ziemlich durchgelegen ist. Meine Eltern haben die gekauft, als ich noch ein Säugling war, das war vor siebzehn Jahren. Dementsprechend durchgelegen ist diese auch.

„Vielleicht kannst du damit anfangen, farbige Bettwäsche zu benutzen. Vielleicht ein schönes rosa.", schlage ich kichernd vor und stehe etwas verloren im Raum. „Ich bin zwar schwul, trotzdem stehe ich nicht auf diese Farben. Jeder wie er mag, aber sowas kommt mir sicherlich nicht ins Zimmer.", verteidigt er sich direkt und klopft dann neben sich auf die Matratze. Kichernd komme ich auf ihn zu und schaue dann an mir herunter. „Uhm, kann ich mich einfach so mit meinen Klamotten drauf setzen?", frage ich nervös und ernte einen verwirrten Blick von Harry. „Klar, wieso nicht?", entgegnet er dann und lehnt sich gegen sein Kopfteil. „Viele mögen es nicht, wenn man mit Straßenklamotten ins Bett geht. Da du und deine Dads es hier ziemlich ordentlich haben, dachte ich, dass du das vielleicht auch nicht magst.", erkläre ich und merke erst jetzt, wie dumm es sich anhört.

„Ach Quatsch. Von mir aus, kannst du dich auch gerne ausziehen, aber wenn du dich mit Klamotten wohler fühlst, setz dich ruhig so neben mich.", lacht er und klopft neben sich. Schüchtern nicke ich und versuche meine roten Wangen zu verbergen, während ich zu Harry ins Bett klettere.

Magic Mike?, fragt er dann plötzlich und hält die Fernbedienung hoch, worauf ich schnell mit dem Kopf schüttle. „Nein, definitiv nicht, auf keinen Fall.", sage ich dann noch und schaue Harry flehend an. „Angst, dass du hart wirst?", will er mich provozieren, worauf ich die Arme verschränke und mich wieder ans Kopfteil lehne. „Ja.", murre ich dann und schlage ihm gegen die Schulter, als er anfängt zu lachen. „Du bist ziemlich schwach auf der Brust mein Lieber.", lacht er immer noch, worauf ich ihn wieder boxen will, jedoch nicht damit gerechnet habe, plötzlich so gedreht zu werden, dass ich mit dem Rücken auf der Matratze liege, Harry über mir und zwischen meinen gespreizten Beinen hockt.

„Bin ich nicht, aber das war meine schwache Hand.", hauche ich und schlucke merklich, als sich Harrys Augen auf meine Lippen richten, bevor er sich mir plötzlich nähert. Nicht fähig, irgendwas zu tun, bleibe ich so liegen, kann nur meine Hand etwas spreizen, als Harry seine Finger mit meinen verschränken will und meinen Blick ebenfalls auf die Lippen meines Gegenübers zu heften, welche meinen immer näher kommen.

Ich spüre schon seinen Atem auf meinen Lippen, als er stockt und sich über die Lippen leckt und ich meine, Harrys Lippen schon auf meinen gespürt zu haben, als plötzlich die Tür aufgerissen wird und wir uns sofort voneinander lösen. „Oh, entschuldigt mich. Ian will wissen, ob du nachher mit uns zu Abend isst.", redet Harrys Vater einfach drauf los, den Fakt übersehend, dass Harry und ich uns gerade fast geküsst haben und uns geküsst hätten, wäre er nicht plötzlich in das Zimmer seines Sohnes gestürmt.

„Wenn Harry und natürlich auch ihr nichts dagegen habt, gerne.", antworte ich, nachdem ich mich kurz geräuspert habe und mit meiner zitternden Hand unbewusst meine Lippen berühre. „Natürlich haben wir nichts dagegen. Du bist hier immer willkommen, gerade als Harrys Freund.", entgegnet er und zwinkert uns zu, was mich erröten lässt.

„Paps, wir sind nicht zusammen. Und wenn du uns jetzt bitte entschuldigen würdest?" Lee nickt verständnisvoll und zieht die Tür dann hinter sich zu, bevor Harry frustriert aufstöhnt und sich wieder gegen das Kopfteil lehnt. „Uhm, Dear John?", breche ich die Stille zwischen uns und setze mich an das Kopfteil, jedoch mit etwas mehr Abstand zu Harry, als eben noch. Harry nickt nur und schaltet stumm den Fernseher an.

Als der Film startet und die Münzen die Geräusche von sich geben, als würden sie auf dem Boden aufkommen, ziehe ich meine Beine an die Brust und stütze meinen Kopf auf diese. Alleine wenn der Film nur anfängt zu laufen, versinke ich in einer völlig anderen Welt. Ansprechbar bin ich kaum noch, nur mit viel Glück schafft man es, mich anzusprechen, wenn dieser Film läuft. Nicht alleine wegen Channing Tatum, im Film John, auch wegen der ganzen Handlung.

Plötzlich hält das Bild an, weswegen ich den Blick vom Fernseher abwende und dann verwirrt zu Harry schaue, der mich belustigt anschaut. „Ich habe gerade drei Mal versucht dich anzusprechen.", erklärt er, worauf ich rot werde. „Sorry, aber der Film, der katapultiert mich direkt in eine andere Welt.", nuschle ich und lege meinen Kopf seitlich auf meine Knie, welche zwar langsam einschlafen, die Position jedoch ziemlich angenehm ist. „Das habe ich gemerkt.", grinst er und zieht die Decke zu sich hoch. „Eigentlich wollte ich fragen, ob du auch unter die Decke möchtest. Ich finde es dann irgendwie gemütlicher." Kurz überlege ich, nicke aber und rutsche ein wenig zu Harry, um unter die Decke zu schlüpfen.

„Komm her, ich beiße nicht.", kichert Harry und schlingt einen Arm um meine Schulter, sodass ich beinahe gezwungen bin, meinen Kopf etwas gegen seine Brust zu lehnen.

Mir auf die Lippen beißend, setze ich mich etwas anders hin, sodass es gemütlicher ist, so dicht an Harry zu sitzen. Dann macht er den Film wieder an, worauf ich mich wieder komplett auf diesen konzentriere. Dass Harry mehr zu mir als zu dem Fernseher guckt, bekomme ich nicht mit, genau so wenig, dass er seinen Kopf irgendwann auf meinen legt.

„Hey" Harry hebt mein Kinn hoch, sodass ich gezwungen bin, ihn anzuschauen. „Sorry.", lache ich weinend und schluchze laut auf. „Ich verstehe einfach nie, wieso sie ihn nicht nimmt und-" Harry unterbricht mich mit einem verständnisvollen Nicken und streicht meine Wangen trocken. „Ich auch nicht, aber man kann es nicht ändern.", flüstert er und scannt mein Gesicht, was mich wieder unruhig werden lässt.

Dass ich aufgehört habe, zu weinen, merke ich erst, als Harry eine seiner Hände an meinen Hals legt und sich zu mir vorlehnt, während er sich über seine Lippen leckt. „Du bist so schön.", haucht er und legt plötzlich seine Lippen auf meine. Erschrocken reiße ich die Augen auf und stelle fest, dass er seine geschlossen hat. Erst dann schließe ich langsam meine und versuche den Kuss zu erwidern. Dass ich noch nie jemanden geküsst habe, merkt man eventuell an der Art, wie ich küsse. Überfordert lege ich meine Hände an seinen Hals und atme erschrocken aus, als Harry mich mit einer erschreckenden Leichtigkeit auf seinen Schoß zieht.

„H-harry", nuschle ich und löse mich dann von ihm, während ich merke, wie meine Wangen sich rot färben. „Ich- ich muss gehen.", sage ich überfordert und steige schnell aus dem Bett, von wo Harry mich mit geweiteten Augen anschaut. Sagen tut er nichts, was wohl auch besser ist und ich schnell zur Tür gehe, um aus Harrys Zimmer zu verschwinden.

„Oh, ich wollte euch gerade holen.", kommt Ian mir entgegen, doch ich schüttle nur etwas verstört mit dem Kopf. „Ich- ich muss-", stottere ich und sehe Harry vor meinem inneren Auge mich küssen. Dann laufe ich leicht kopfschüttelnd an ihm vorbei und laufe schnell die Treppen runter, wo ich an der Tür meine Schuhe anziehe und dann mit zittrigen Händen meine Jacke vom Haken nehme.

Als ich jemanden hinter mir merke, drehe ich mich um und sehe, dass es Harrys anderer Vater ist. „Du willst schon gehen? Das Essen ist jetzt fertig.", lächelt er und schaut mich danach kritisch an. „Geht es dir nicht gut?", fragt er und kommt auf mich zu. „Ich- Harry- Kuss.", brabble ich vor mich her und greife blind zur Türklinke, welche ich dann auch endlich finde und fast überstürzt das Haus verlasse.

"It's Your Fault, Haz."Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt