Kapitel 16

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Taehyung war wie das letzte fehlende Puzzleteil in ihrer Gruppe, das nun endlich dem großen Bild hinzugefügt wurde und passte. Er passte einfach.

Namjoon sagte: „Ich habe gehört, du liest auch. Was ist dein Lieblingsbuch?"

Yoongi sagte: „Manchmal rede ich auch nicht, es ist okay."

Hoseok sagte: „Namjoon und du könntet beste Freunde werden, euer Wissen über Mathe ist beinahe... beängstigend."

Jimin sagte: „Darf ich mal deine Brille anprobieren? Ja? Oh verdammt, sehe ich gut aus. Yoongi ich sehe gut aus oder? Wirst du schon wieder rot?"

Und Jin sagte: „Jungkooks Freunde sind auch meine Freunde. Du kannst dich immer zu uns setzen, wenn du willst."

Taehyung sagte nichts, aber Jungkook konnte ihm ansehen, wie sehr er es wertschätze—wie sehr er Jungkooks Freunde wertschätzte.

Jungkook konnte nicht aufhören zu lächeln.

„Taehyung, ich muss mit dir reden", sagte Jungkook an einem Montagmorgen—seine Augen waren noch immer nicht ganz offen und etwas angeschwollen.

Heute war er extra pünktlich in die Schule gekommen, um allein mit Taehyung reden zu können. Als er heute aufgestanden war, war ihm tatsächlich etwas schlecht bei dem Gedanken geworden.

Taehyung sah ihn an, nickte und packte den Block aus. Der Stift in seiner Hand war einsatzbereit.

Jungkook räusperte sich. „Ich—" Er brach ab, denn was, wenn das alles eine dumme Idee war? Er hatte es schon einmal vorgeschlagen und dann eine Absage kassiert. Warum sollte es diesmal anders sein?

Taehyung runzelte die Stirn.

„Ehm, du—", stammelte er weiter. „Weißt du—"

Oh mein Gott, das konnte doch nicht so schwer sein.

„Also..." Jungkook holte tief Luft. „Ich—Himmel, warum bin ich so?" Er lachte nervös.

Taehyungs Gesichtsausdruck wuchs von Minute zu Minute verwirrter.

Dann begann er zu schreiben.

‚Ist es etwas schlimmes?'

„Nein...", murmelte Jungkook schnell. „Nein, überhaupt nicht. Ich weiß nicht, warum ich so— dramatisch bin."

‚Du bist nervös.'

„Ja", atmete Jungkook und schluckte. Er war nervös. Sehr sogar. Und desto länger er in Taehyungs Gesicht sah desto nervöser wurde er. „Das, was ich dich fragen will, ist wichtig für mich. Sehr wichtig."

Du darfst nicht nein sagen, wollte er sagen. Bitte, sag nicht nein. Ich brauche dich.

‚Okay.'

„Du weißt, dass dieses Projekt wichtig für mich ist", begann er. Er blickte kurz zur Tür, um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich allein waren, denn es ging keinen was an, was Jungkook mit Taehyung besprach. Keiner verstand, wie sie Freunde sein konnten. „Du weißt auch, dass du die beste Chance für mich bist, die Abschlussprüfung zu schaffen."

Etwas wie Erkenntnis breitete sich in Taehyungs Gesicht aus.

„Gib mir deine Nummer", sprach Jungkook plötzlich. „Ich habe deine Nummer gar nicht."

Okay, das hätte irgendwie... flüssiger laufen sollen. Cooler. Überzeugender.

Etwas Zögerliches huschte über Taehyungs Gesicht, dann seufzte er, nahm Jungkooks Handy in die Hand und tippte seine Nummer hinein.

Oh, es hatte funktioniert.

Wow.

Jungkook schickte ihm augenblicklich einen Standort.

„Das ist der Standort für mein Zuhause", erklärte er. „Ich möchte, dass du... mir hilfst. Ich möchte mit dir bei mir Zuhause lernen und ich möchte, dass du mir alles von Anfang an erklärst. Jede Aufgabe. Jeden Rechenweg. Jeden Gedankengang von dir."

Alles andere auch, wollte Jungkook hinzufügen. Erzähle mir alles von dir. Deine Träume. Deine Ängste. Deine schönsten Erlebnisse. An was du vor dem Einschlafen denkst. An was du beim Aufwachen denkst. Was du während dem Lesen denkst. Jede noch so unbedeutende Kleinigkeit.

Taehyungs Gesicht wurde bleicher.

„Und nur um das klarzustellen, ich habe kein Mitleid mit dir. Überhaupt nicht." Seine Stimme wurde leiser—sanfter. „Ich möchte nur, dass du mit mir redest. Wir sind unter uns. Nur du und ich."

Taehyung öffnete den Mund, seine Lippen zitterten und Jungkook zog scharf die Luft ein, die Augen ungläubig auf Taehyungs Lippen gerichtet. Jeder Muskel spannte sich in ihm an.

„Ich brauche dich, Tae", flehte Jungkook leise, denn es war die Wahrheit.

Tae.

Wann hatte er Taehyung einen Spitznamen gegeben?

Taehyung schloss den Mund wieder und ein quälender Ausdruck lag in seinen Augen.

„Bitte."

‚Ich werde mir etwas überlegen', war alles, was er schrieb.

Jungkook erfasste eine Welle von Enttäuschung.

Er schluckte bitter.

„Du kommst also zu mir? Und wir lernen? Richtig lernen?", fragte Jungkook.

Taehyung brachte ein kurzes Nicken zusammen, die Bewegung steif und automatisiert wie ein Roboter.

„Okay", flüsterte er.

‚Okay', schrieb Taehyung.

„Okay", blinzelte Jungkook nochmal, dann stockte sein Atem.

Taehyung... würde zu ihm nach Hause kommen.

Wann', schrieb Taehyung.

„Freitag?", flüsterte Jungkook heiser und leise, weil er den Moment nicht zerstören wollte, der gerade wieder zwischen ihnen passierte.

Taehyung bejahte.

Sein Herz begann zu rasen.

Oh, Gott.

Oh.

Das Gefühl kroch langsam seinen Rücken hoch. Zuerst war es ein leichtes Kribbeln, dann breitete sich dieses Kribbeln auf seinem kompletten Körper aus und alles in ihm war warm und schön und aufgeregt.

Sein Herz pochte so unglaublich laut, dass er eine Hand über die Stelle legte und zudrückte.

Was passierte gerade?

Warum fühlte er so?

Dann warf ihm Taehyung einen letzten Blick zu und Jungkook flüchtete.

Er flüchtete vor diesem eigenartigen Gefühl, dass nur Taehyung in ihm auslösen konnte und er flüchtete vor der Tatsache, dass er nicht verstand, warum.

____

Taehyung und Jungkook ganz allein in einem Raum für ein paar Stunden? Lieben wir

All The Words You Never Said [VKOOK]Where stories live. Discover now