Kapitel 31

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Als Jin zögerlich den Raum verließ, waren er und Taehyung allein. Vollkommen allein. Eigentlich wollte Jin nicht von Jungkooks Seite weichen, aber nachdem Jungkook ihm sicher tausendmal versichert hatte, dass es ihm wieder besser ging und alles okay war, hatte Jin den beiden doch etwas Freiraum gelassen.

(Jungkook wusste jedoch, dass Jin vor der Tür wartete und bei dem kleinsten Geräusch reinstürmen würde. Aber es war okay. Solange sich Jin sicherer damit fühlte, hatte Jungkook nichts dagegen einzuwenden. Er schuldete es ihm.)

Taehyung hatte noch immer seine Hand in Jungkooks Haar, als hätte er nicht einmal bemerkt, dass Jin den Raum verlassen hatte. Es schien, als würde er sich überhaupt nicht für Jin interessieren, denn seine Augen waren nur auf Jungkook.

„Redest du wieder mit mir?", flüsterte Taehyung in den Raum.

Er sprach. Er sprach mit Jungkook.

Jungkook wartete, bis er etwas sagen konnte. Es gab so viel, dass er Taehyung fragen wollte, aber er war noch immer etwas schwach und überfordert von der Situation, weshalb er einfach still blieb.

Als Jungkook nicht antwortete, zog Taehyung seine Hand weg. Er sah aus, als hätte er eine Ohrfeige bekommen.

„Es tut mir leid", kam es leise aus Taehyung, der den Blick von Jungkook abgewandt hatte.

Jungkook wusste nicht, was er meinte, aber sagte kein Wort, denn Taehyung sprach mit ihm und er war so froh. So froh, dass sich wenigstens bei dieser einen Sache nichts geändert hatte. Dass er noch immer ein bisschen von Taehyungs Vertrauen in seinen Händen hielt.

Taehyung blickte wieder auf. „Wie geht es dir? Sprich mit mir, bitte."

Ein paar Sekunden vergingen.

„Gut", antwortete Jungkook und seine Stimme war noch so leise, so schwach.

Taehyung schloss für einen kurzen Moment die Augen. „Und wie geht es dir wirklich?"

„Ich fühle mich, als hätte mich jemand mit seinem Auto überfahren und stundenlang liegengelassen." Jungkook stieß ein atemloses, müdes Lachen aus.

Es war ein Witz, offensichtlich. Doch Taehyung riss die Augen auf. Er starrte und starrte und starrte in Jungkooks Gesicht und als er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, kam nichts heraus. Kein Laut.

„Taehyung", murmelte Jungkook. „Was ist?"

Dann begann Taehyung seinen Kopf zu schütteln. Immer und immer wieder. „Das ist nicht lustig. Das ist überhaupt nicht lustig."

„Huh? Es war ein Witz, ich—"

„Sag das nie wieder."

„Warum—"

Nie wieder."

Jungkook sah, wie betroffen Taehyung von diesem Witz war. Vielleicht war die Bedeutung hinter dieser Reaktion tiefer, als es Jungkook begreifen konnte, oder Taehyung hatte einfach nur Angst um ihn.

Er beschloss, nicht wieder auf das Thema einzugehen, denn wenn Taehyungs Stimme mal erstickt und dünn wurde, wusste Jungkook, dass er vorsichtig sein musste.

„Okay, ich werde es nicht noch einmal sagen", sagte Jungkook sachte.

Taehyungs Schultern entspannten sich darauf hin, er atmete tief aus und lehnte sich ein Stück nach hinten. Der Stuhl quietschte laut.

Wie lange musste Taehyung schon darauf sitzen? Wurde es nicht unbequem für ihn?

Es vergingen wieder einige Sekunden, in denen keiner sprach. Beide brauchten Zeit für sich, Zeit zu verarbeiten, was in den letzten Tagen und Stunden passiert war. Jungkook spürte, wie Taehyung ihn immer wieder anstarrte, als müsste er sich selbst davon überzeugen, dass Jungkook hier war und lebte und atmete.

All The Words You Never Said [VKOOK]Where stories live. Discover now