Chapter 14

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„Damn, a' wish I was ya lover... I rock ya till the daylight comes..." Mhhh, wie weit war es denn noch..? Am Arsch ey, die Straßenlaterne, man, viel zu hell... Kurz stolperte ich und saß plötzlich auf dem Boden. „Auch gut... bleib ich halt hier..." Wo verdammt war mein Feuerzeug? Linke Tasche, rechte Tasche, nein, linke Hosentasche, rechte Hosentasche, nein. Vorne? Ahhh, in der Brusttasche vom Hemd! Grinsend zündete ich mir eine Zigarette an und pustete den Rauch in die Luft. „Wolltest mich verarschen, was? Kannste ruhig machen, macht jeder!" Mir entwich ein glucksendes Lachen, das klang vielleicht ulkig. „Free ya mind and you won't feel ashamed..." Seufzend ließ ich mich auf den Rücken fallen. „Sucks for me, there is no other!" Lachen. Der nächste Zug. Hach...

***

„Richie? Richie!" Verwirrt hob ich den Kopf und bereute es sofort. „Shit..!" Ich blieb einfach liegen. Hoffentlich musste ich nicht gleich meine Augen aufmachen. Irgendwas machte Geräusche. War das eine Tür?
Jemand kam zu mir. Ich blieb liegen.
„Richie komm, du musst aufstehen", flüsterte mir eine sanfte Stimme ins Ohr.
„Nee..."
„Bitte, komm schon. Ich bring dich rein." Und schon wurde ich hochgehievt und blinzelte verwirrt. Blonde Locken. Dann fuhr plötzlich ein stechender Schmerz durch mein Hirn und im nächsten Wimpernschlag hatte ich mich auf die Seite gedreht un kotzte mir die Seele aus dem Leib. Der unbekannte Engel hielt mich fest und strich mir die Haare aus dem Gesicht. „Geht's wieder?", fragte er, als gefühlt mein gesamter Mageninhalt im Gulli gelandet war. Hehe. Viel Spaß damit, Horrorclownchen! Ich spuckte nochmal nach, nickte und versuchte mich vorsichtig aufzurichten.
„Komm, ich bring dich zu mir", meinte der Junge.
„Ich war noch nie so richtig bei dir..."
„Na dann wird's Zeit, was?" Connor grinste verlegen und schlang einen Arm um meine Hüfte. „Kannst du aufstehen?" Ich probierte es und fiel halb gegen ihn. „Whoa! Ok ok, ich hab's, es geht, sorry, alles gut..." Seine Reaktion bekam ich nicht mehr richtig mit. Wir schleppten uns leise die Treppe hinauf und ich fiel in das weicheste Bett aller Zeiten... Oh mein Gott...
„Hey, Richie! Nicht schlafen!"
„Hmmm..? Lass mich..."
„Komm schon, trink was."
„Wodka..?"
„...ja. Ja, das ist Vodka." Ich nahm das Glas zittrig entgegen und trank auf ex.
„Gar nicht scharf..."
„Schlaf jetzt, kleine Lilie."
„Du auch..?"
„Ich komm ja schon, ich bin gleich da."

***

Ich erwachte mit massiven Kopfschmerzen.
„Fuuuuuck..."
„Hm..?"
Ich war verwirrt.
Fuck man, was war letzte Nacht passiert? Ich rieb mir die Augen und blinzelte ins Licht und versuchte dabei den Schmerz in meinem Kopf mit vernünftigen Gedanken zu übertönen. Wo zum Henker war ich und was war passiert?

Nach gefühlten 10 Minuten war ich mental soweit, dass ich mich aufsetzen und umschauen konnte.
Das Zimmer war hell. Viel zu hell nach meinem Geschmack, aber das lag eher am Kater.
Die Wände waren holzvertäfelt und die Tapete darüber war so gelb-rot gestreift, aber es waren zarte Farbtöne, nicht zu aufdringlich. Das Fenster war ein bisschen dreckig und es gab ein Comicregal an der Wand neben der mit dem riesigen Kleiderschrank und dem Spiegel.
Nett.
Mir war klar wo ich war und wer mich aufgesammelt hatte. Trotzdem setzte mein Herz kurz aus, als ich Connor neben mir erblickte, der auch gerade aufwachte.

Ich starrte ihn an und versuchte mich zu erinnern.
Scheiße, ich wusste nichts mehr. Scheiße, ich hatte gar keine Ahnung!
Ich könnte in mich in die größte Scheiße geritten haben, ich könnte verprügelt worden sein, hatte ich mir irgendwas getan?
Schnell, oh fuck, nicht zu schnell bewegen bitte, tastete ich mich ab, aber bis auf ein paar blaue Flecken und Schürfwunden war alles in Butter und die hätte ich mir auch selbst zufügen können.
Oh mein Gott, hatten wir Sex?!
Aber ich hatte noch ein T-Shirt und meine Unterhose an.
Ich blickte misstrauisch zu Connor rüber. Dieser war komplett oberkörperfrei.

„Was ist-" Ich räusperte mich. „Was ist gestern Nacht passiert..?"
Connor grinste. „Nicer Voicecrack." Ich verdrehte leicht die Augen, während er sich aufsetzte.
„Meinst du zwischen uns? Dann nichts. Ich hab dich morgens um halb 4 auf der Straße gefunden. Du hast dich dann wortwörtlich komplett ausgekotzt und ich hab dich hochgebracht. Dann wollte ich dir noch was zu trinken geben, aber du bist direkt wieder eingeschlafen. Ich hab's dir trotzdem irgendwie reingezwungen." Er musterte mich prüfend. „Hat das Wasser was gebracht? Willst du ne Aspirin?". Ich nahm die Aspirin und sah mich nach Wasser um. „Hast du mich auch ausgezogen?"
„Ja, musste ich ja irgendwie. Aber keine Sorge, mehr war da nicht und ich hab dir auch nichts weggeguckt."
Ich lachte auf. „Dazu bräuchtest du viel zu viel Kraft, um das überhaupt zu schaffen."
„Ich sehe, es geht dir besser."

Danach trat ein unangenehmes Schweigen ein.
Wir scheinen darum zu kämpfen, wer den anderen öfter beim rüberschauen erwischte.
Jedes bescheidene Wegsehen war ein Punkt für den Gegner. Bäm, ich guckte von alleine weg, bäm, Connor verlor einen Punkt, bäm, wir erwischten uns gleichzeitig, bäm, hatte er ein blaues Auge oder nur Augenringe?
Was für ein spannendes Spiel! Die Disziplin sollte es bei Olympia geben.

„Ich weiß nicht, was-"
„Es tut mir lei-"
Wir sahen uns an und mussten beide grinsen.
„Sag du zuerst."
„Was passiert hier momentan, Connor, was soll das? Du riskierst ja alles. Der Brief im Unterricht hätte dir reichen müssen als Beweis dafür, dass du dich von mir fern hättest halten sollen! Aber nein, jetzt bringst du mich zu dir nach Hause, was soll das?"
„Was hätte ich machen sollen, dich da liegen lassen? Nicht, dass du noch in den Gulli fällst."
„Nein, jetzt mal ernsthaft. Du musst... wir müssen vorsichtiger sein."
„Wir..? Denkst du... denkst du, das könnte wieder was werden?"
Oh Gott. Ich seufzte. Über sowas wollte ich jetzt gar nicht nachdenken. Mein Kopf brummte immer noch, mein Magen fühlte sich überhaupt nicht gut an und... eigentlich mochte ich ihn doch gar nicht? Da war doch was... ach ja!
„Du hast letztens erst dafür sorgen wollen, dass ich von meinen Freunden wegkomme."
„Ich muss- ich... Richie, hi- hier ist es nunmal so. Wenn du von deiner Gruppe weg bist... kommen wir viel besser miteinander aus. Das war schon früher immer das Problem, haben wir doch letztens besprochen. Es tut mir leid. Ich wollte doch nur dich. Dass wir wieder Freunde sein können. Und miteinander spielen."
Verwirrt hob ich meinen Kopf. Das machte doch alles keinen Sinn. Irgendetwas war ganz komisch... und anders... „Spielen?", fragte ich, weil mir auf die Schnelle nichts anderes einfiel.
„Na du weißt schon. Das Spiel mit dem Verstecken und Fangen. Oder gefangen werden."
„Du meinst... von deinen Eltern? Wenn wir in der Scheune waren?" Für kurze Zeit reagierte Connor gar nicht. Dann schüttelte er seinen Kopf und schien wieder ganz normal. „Ja... in der Scheune... Richie, es tut mir leid. Ich kann doch nicht anders. Ich wusste einfach nicht... und dann noch das mit Henry... ich dachte, ich müsste mehr sein wie er. Und dann würde alles besser klappen."
Immer noch konnte ich meinen Blick nicht richtig von ihm abwenden. Dieses Gespräch war total merkwürdig. Ich wollte einfach nur weg, das war doch verrückt hier.
„Okay... ich denke, ich sollte dann mal gehen. Frische Luft tut bestimmt gut. Bevor deine Eltern noch was merken." Ich wollte aufstehen, doch blitzschnell schoss Connors Hand hervor und packte meinen Arm. Ich zuckte zurück. Seine Hand war arschkalt.
„Bleib doch noch. The fun has just begun, Richie."
„Was?!"
„Wir können diese Stadt verändern! Wir beide. So wie es sein sollte. Wie vor drei Jahren."
„Aber wir waren doch vor zwei-"

Der Schreck zuckte blitzartig durch meinen ganzen Körper. Mit einem Mal war ich komplett nüchtern.
Ich konnte mich nicht bewegen. Vor drei Jahren. Nicht in den Gulli fallen. Miteinander spielen. Fangen. Abschotten von den Losern. Henry Bowers.
Connor grinste mich an. Unfassbar verzerrt, mit wahnsinnigem Blick.
Ich konnte nur zurückstarren. Jetzt wusste ich auch, was die ganze Zeit falsch gewesen war.
Seine Augen waren gelb.

Reddie to love? Where stories live. Discover now