Chapter Four

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"Fahren wir morgen mal wieder zusammen zur Schule? Das haben wir auch ewig nicht gemacht."
Eds und ich waren zusammen auf dem Nachhauseweg. Wir fuhren öfters zusammen, weil wir in die gleiche Richtung mussten, nur ich musste früher abbiegen, während Eddie noch durch die Neighbolt-Street musste. Der Arme.
Aber er hatte Recht, das hatten wir wirklich vernachlässigt. Wobei das hauptsächlich an mir lag. Eddie versuchte immer, so schnell wie möglich Zuhause zu sein, wegen seiner Mom, während ich meist noch was besorgen war.
"Klar Eduardo, holst du mich ab?"
"Wie viele Spitznamen hast du eigentlich für mich, Trashmouth?"
"Viele, Kleiner, viele..."
Ich grinste, verabschiedete mich und bog in meine Auffahrt ein. Mein Fahrrad schmiss ich wie immer auf die Erde und betrat das Haus.
"Mom?! Dad?! Jemand da?" Keine Antwort. Wahrscheinlich waren sie noch auf der Arbeit. Ich machte mir was zu essen, ging dann damit ins Wohnzimmer und sah fern.

Nach etwa einer Stunde klingelte es plötzlich an der Tür. Ich ging hin und machte auf. Vor der Tür stand Eddie, mit aufgeschürften Knien und Händen und verstrubbelten Haaren.
"Meine Güte, Eds, wie siehst du denn aus? Bist du aus dem Urwald deiner Mutter gekrochen? Ich muss nämlich sagen, sie muss sich echt mal wieder..."
"Beep, beep, Richie, jetzt lass mich rein, meine Mom killt mich, wenn sie mich so sieht!", unterbrach er mich und drängelte sich schon an mir vorbei, auf dem Weg ins Bad. Ich schloss die Tür und lief ihm nach. In letzter Zeit kam er öfters zu mir und ließ sich von mir verarzten. Nicht, dass ich deswegen extra immer alles mögliche an Verbandszeug kaufte und langsam anfing, mir Sorgen zu machen... Nein, ich doch nicht...
Angefangen hatte das nach dem Kampf mit ES. Er war mit zu mir gekommen um zu duschen und sich zu verarzten.
Damals hatte er noch seine Bauchtasche umgehabt, die er jetzt immer seltener trug.
Ein ungewohnter Anblick.

Als ich ins Bad kam, saß Eds bereits auf dem Klodeckel und desinfizierte die Wunde. Um ihn herum lag allerlei Verbandsmaterial.
Typisch Dr. K. Schmunzelnd lehnte ich mich an den Türrahmen.
"Sag schon, wieso siehst du aus, wie der nächste Räuber aus dem 18. Jahrhundert?"
Er schnaubte genervt.
"Conner Bowers. Ich wollte für Mommy einkaufen gehen und diese Idioten haben mir Stöcker und kleine Steine zwischen die Speichen geschmissen! Weißt du, was da alles hätte passieren können? Ich hätte über den Lenker fallen und mit eine Gehirnerschütterung zuziehen können! Oder mein Schädel hätte aufplatzen können! Ich verstehe echt nicht, was er gegen mich hat, früher schien er doch ok zu sein. Bei Bill macht er sowas nie."
Ein Seufzer kam über meine Lippen. Ich hatte da so eine Vermutung, wieso Connor Eddie so extra behandelte...
"Hast Recht, das ist echt merkwürdig. Vielleicht steht er ja auch auf deine Mom und will dich aus dem Weg räumen, damit er sie in ihrer Trauer trösten kann! Aber das wird er niemals schaffen, denn ich-" ...bekam eine Verbandrolle an den Kopf geworfen. Und musste grinsen.
Das gab aber sowasvon Rache!
"Na warte..."

Ich schnappte mir so viel Monition, wie ich erreichen konnte und warf alles mögliche auf den Kleineren. Der wehrte sich so gut es ging und schoss zurück!
In Null komma nichts sah das Bad aus, als hätten Mumien hier mit sich selbst Kreisel gespielt und dabei ihre Bandagen abgerollt.
Als Eds keine Monition mehr hatte, schmiss er sich mit voller Kraft gegen mich - und Kraft hatte er, das musste man ihm lassen, bei seiner Größe. Ich fiel rücklings gegen die angelehnte Tür und knallte unsanft auf den Boden.
"May-day! May-day! Kontrolle verloren! Schütze vorerst außer Gefecht!" Bei meiner verstellten Stimme mussten wir beide lachen. Wahrscheinlich weil sie so gut gemacht war - oder das Gegenteil davon.
Ich wollte mich gerade hochrappeln, als Eddie sich, mit sämtlichen Verbandsrollen bewaffnet, auf mich schmiss und mich darunter begrub. Abwehrend hob ich meine Arme über den Kopf.

"Stop! Ich ergebe mich, bitte nicht einwickeln, ich bin weder tot, noch Ägypter!", kicherte ich und kämpfte mir die Sicht zu Eds frei. Der lag auf mir und grinste.
"Keine schlechte Idee, so würdest du wenigstens mal die Klappe halten." Seine warmen braunen Augen blitzen belustigt.
"Dann hättest du aber keinen mehr, der dir Bio erklärt. Du hast da übrigens was im Haar." Jetzt bekam er Panik.
"Was? Was? Ist es ein Insekt? Kann es stechen? Bitte mach es weg!"
"Dann hör auf zu zappeln!" Vorsichtig fummelte ich das braune Ding aus Eddies Haaren. "Oh Gott, hat das Vieh lange Beine... sieht aus wie ne große Spinne, glaubst du, die ist giftig? Die hat da was rotes auf dem Rücken."
Amüsiert beobachtete ich, wie der Kleinere sich immer näher an mich drückte und mit zugekniffenen Augen leise wimmerte.
"Ah, ich habs und ich glaube es ist... ein stink normaler Ast." Ich hielt ihm den unter die Nase und er riss ungläubig die Augen auf.

"Richie Tozier, du verdammter Idiot! Weißt du, was ich für Todesängste ausgestanden habe? Ich dachte, gleich beißt es mich!" Bei jedem Teilsatz schlug er mir leicht auf die Brust und ich musste lachen.
"Jetzt mach mal nen Punkt, hau mir nicht die Brust durch, oder willst du mir mein Herz stehlen?" Der Asthmatiker errötete leicht. Naww. Moment. Denk nicht mal dran, du bist der einzige Komische hier.
"Red' nicht so nen Müll, Trashmouth! Ich will dein Herz überhaupt nicht." Aua? Pff!
"So wie du dich gerade an mich gekuschelt hast? Sicher nicht! Aber ich muss dich leider enttäuschen, mein Herz gehört nur deiner Mom!"

Ich grinste anzüglich.
"Sag mal, willst du auch irgendwann von mir runter gehen? Du bist ja fast schwerer als sie und bei ihr werde ich schon fast zur Briefmarke, wenn sie auf mir-"
"BEEP BEEP RICHARD!" Mit hochrotem Kopf entfernte sich der Braunhaarige von mir und ich richtete mich auf.
"Wer räumt jetzt eigentlich den Saustall hier auf?", fragte ich unmotiviert.
"Ich würde mal sagen, die Sau selbst. Viel Spaß noch!" Eddie warf mir ein Luftküsschen zu und rannte dann grinsend die Treppe runter. Hatte er gerade...
"Kommt überhaupt nicht in Frage! Bleib sofort stehen!" Ich rannte ihm hinterher, aber er war schon zur Haustür raus und dabei, sein Fahrrad anzuschieben.
"Wenn ich so sau weiblich aussehe, dann freue ich mich auf deine Kinoeinladung morgen!", schrie ich ihm noch hinterher. Er lachte nur.
"Vergiss es!"

Und schon war der Loser weg. Kopfschüttelnd seufzte ich und starrte auf die Straße, in die er verschwunden war.
Was ein kleiner Motherfucker. Ein kleiner, süßer, sexy Motherfucker...
Natürlich nicht so sexy wie ich, aber wenn ich mir vorstellte, ihn auf meinem Schoß zu haben mit möglichst wenig Klamotten... hach...

Plötzlich wurde ich von einem vorfahrenden Auto aus meinen Gedanken gerissen. Es war meine Mom.
Fuck, das Bad! Hektisch drehte ich mich um und rannte hoch. Shit, shit, shit, das würde bestimmt Ärger geben!

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