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„Honey, hast du ein Blatt für mich?", fragte Elijah. „Du hast doch selbst einen Block", sagte ich verwirrt. „Das ist ein Zeichenblock, honey. Ich will einen karierten Zettel", erklärte Elijah augenrollend. „Das Leben ist kein Wunschkonzert, Elijah", seufzte ich, gab ihm aber dennoch ein Blatt von meinem Block.

Ich zeichnete 3x4 Kästchen und überlegte, was ich reinschreiben sollte. Familie? Das war sicher ein guter, erster Punkt. Freunde? Momentan nicht wirklich. Aber dafür Geld. Natürlich stellte ich Liebe vor Geld, aber es war auch nicht schlecht. Schön, jetzt brauchte ich nur noch zehn. Ins dritte Kästchen schrieb ich „Essen" hinein, ins vierte „Schlafen". Lesen war auch gut für mich, genau so wie Zeichnen. Die Hälfte hatte ich also schon.

„Was hast du alles, honey?", wollte Elijah wissen. „Familie, Geld, Essen, Schlafen, Lesen und Zeichnen. Du?", erkundigte ich mich. „Familie, Freunde, Alkohol, Sport, Zeichnen", seufzte Elijah. „Du hast das Essen vergessen!", ermahnte ich ihn in einem strengen Ton. „Tut mir leid, honey."

„Ich hab echt keine Ahnung, was ich noch hinschreiben kann", murmelte ich. „Hast du irgendein Haustier? Besonderes Hobby?", versuchte Elijah, mir zu helfen. „Ich gehe gerne joggen", sagte ich und schrieb „Sport" in das siebte Feld. „Ah, ich weiß", rief Elijah plötzlich und schrieb etwas auf seinen Zettel. „Klavier spielen?", fragte ich erstaunt. „Ich liebe es", sagte Elijah trocken. „Oh, Musik", fiel mir ein. Jetzt brauchte ich nur noch vier. Plötzlich läutete es und die Stunde war beendet.

„Bis morgen!", verabschiedete sich Mrs. Lou und verließ den Raum. „Was haben wir jetzt?", wollte Elijah wissen. „Geografie", antwortete ich und machte mich auf den Weg zum Spind, um meinen schweren Atlas zu holen. Das Heft, sowie zwei Bücher befanden sich in meiner Schultasche.

„Hey Lilith, wie geht's?" Verwirrt drehte ich mich um und sah den Quarterback von unserem Footballteam vor mir stehen. „Fynn?", fragte ich verwundert. „Was eine Ehre, dass du meinen Namen noch weißt", seufzte Fynn. Genervt sah ich ihn an. „Was willst du?" „Ich wollte fragen, ob du vielleicht mit mir essen gehen willst, heute", erwiderte Fynn. Ich kniff meine Augenbrauen zusammen.

„Ich gehe nicht auf Dates", sagte ich schließlich. „Komm schon, du musst ein bisschen lockerer sein. Es wird dir gefallen", meinte Fynn. „Findest du es nicht deprimierend, wenn du jemanden anbetteln musst, damit der mit dir auf ein Date geht?", fragte ich kopfschüttelnd und ließ ihn stehen. Er war dieser typische Badboy, und von denen hielt ich nichts. Jared war früher auch so einer, aber zum Glück hatte Helena ihm den Weg gezeigt, ein richtiger Mann zu sein. Selbst, wenn es gedauert und viele Tränen von den beiden gekostet hatte. Aber wie man sah, hatte es sich gelohnt.

Elijah tippte gerade an seinem Handy, als ich mich wieder neben ihm niederließ. „Handys sind in den Pausen verboten", brummte ich, als ob sich je ein Schüler daran gehalten hätte. „Ich muss meiner Mum schreiben, was ich essen will, honey", sagte Elijah, ohne aufzublicken. „Kannst du nicht selber kochen?", schnaubte ich. „Meine Mutter kocht fabelhaft, und da sie heute früher Arbeitsschluss hat, lass ich mir die Chance nicht entgehen", erklärte Elijah. „Okay, na dann", seufzte ich.

In Geografie hatten wir Mrs. Rodriguez, welche ebenfalls Spanisch unterrichtete. Sie war eine kleine, etwas dickere Frau mit schwarzen, schulterlangen Haaren. Eigentlich war Mrs. Rodriguez ganz nett, aber wenn jemand Probleme bereitete, konnte sie ganz schön streng werden. Mrs. Rodriguez war nicht einmal Spanierin, sie bekam den Namen erst, als sie einen Spanier heiratete. Aus Liebe zu ihm lernte sie dann diese Sprache.

„Ihr Lieben, ich habe mir gedacht, dass wir direkt am Anfang des Schuljahres ein Referat halten werden. Euer Partner ist euer Sitznachbar, da sollten keine Komplikationen vorkommen. Unser Thema ist Europa. Ihr werdet euch ein Land in Europa aussuchen und uns ein wenig darüber erzählen. Wir wollen Informationen, mit denen wir etwas anfangen können. Bitte besprecht kurz, wann ihr es vortragen wollt und, falls ihr schon eines habt, welches Land. Dann kommt ihr bitte her und gebt mir Bescheid", sagte Mrs. Rodriguez laut.

Ich sollte mit Elijah Parker ein Referat halten?

„Honey, wann willst du das Referat machen?", wollte dieser wissen. „Mir egal, solange es nicht noch diese Woche ist", erwiderte ich nicht sehr begeistert von der Idee, ein Referat vorzutragen. „Dann nächste Woche Dienstag", schlug Elijah vor. „Wie du willst", sagte ich schulterzuckend.

„Frauen sind echt anstrengend", murmelte der junge Mann. „Was hast du gesagt?", fauchte ich und sah ihn sauer an. „Die Wahrheit, welche mir immer wieder von dir bewiesen wird", seufzte Elijah. „Entschuldigung? Wir kennen uns gerade mal seit zwei Tagen, außerdem bist du derjenige, der mich die ganze Zeit nervt!", zischte ich. „Okay chill, es tut mir leid", sagte Elijah schnell. „Bastard", fluchte ich.

„Miss Lincoln, ich möchte keine Beleidigungen in meinem Unterricht hören!", tadelte Mrs. Rodriguez mich. „Kommt nicht wieder vor", seufzte ich auf. Elijah grinste mich schadenfroh an. „Arschloch." „Miss Lincoln, ich möchte Sie ungern zum Direktor schicken, also lassen Sie diese Begriffe sein!", ermahnte die Lehrerin mich erneut.

„Honey, sei mal kein böses Mädchen", spottete Elijah. „Und du sei mal kein Hund, der mir dauernd hinterherläuft!", fuhr ich ihn an. „Ich laufe dir nicht hinterher. Wer würde dir schon bitte hinterherlaufen!", rief Elijah entsetzt. „Mehr Menschen als dir", entgegnete ich. „Halt die Fresse, Lilith."

„Mr. Parker, dasselbe gilt für sie!"

wild words ✓Where stories live. Discover now