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Es war kurz vor zehn Uhr abends, als Elijah meinte, dass er mich jetzt entführen wollte. Ich hatte nichts dagegen, im Gegenteil. Elijah trug einen schicken Anzug, ich hatte ein rotes, eng anliegendes Kleid angezogen. Meine Haare durfte Elijah locken, er wollte das unbedingt mal machen. Es war ihm ziemlich gut gelungen, dafür, dass es sein erstes Mal war.

„Okay, jetzt siehst du perfekt aus, wie immer. Lass uns losgehen", meinte Elijah und bot mir seinen Arm an. Ich hakte mich bei ihm ein und folgte ihm nach unten.

„Wohin geht's denn?", fragte Mum neugierig, als sie uns erblickte. „Wir gehen essen", sagte Elijah lächelnd. „Wann seid ihr ungefähr zurück?", wollte meine Mutter nun wissen. „Keine Ahnung, rechnen Sie erst nach zwölf Uhr mit uns", meinte Elijah schmunzelnd. „Na gut, kann man ja mal machen. Bitte passt auf euch auf und habt viel Spaß!"

Zwanzig Minuten später hielten wir vor einem großen Restaurant. Hier war ich tatsächlich noch nie, es gab noch so vieles, was ich noch ausprobieren musste. Ein Kellner führte uns zu dem Tisch, welchen Elijah zuvor reserviert hatte.

„Was kann ich Ihnen bringen?", fragte der Angestellte, als wir uns gesetzt hatten. „Ein Glas Champagner und eine Pizza Salami", bestellte Elijah. „Für mich ein Glas Rotwein und eine Pizza Margherita", erwiderte ich. Der Kellner nickte und huschte in die Küche.

„Du willst nur eine Pizza Margherita?", fragte Elijah amüsant. „Ja, das ist meine Lieblingspizza", meinte ich schulterzuckend. „Wow, ohne Salami mag ich meine Pizza eigentlich nicht", antwortete Elijah. „Also, wenn die Pizza gut gemacht wird, braucht man nicht mehr als Tomatensoße und Käse", behauptete ich. „Da sind wir wohl verschiedener Meinung", sagte Elijah belustigt.

„Der Anzug steht dir unglaublich gut, du siehst umwerfend aus", rutschte es aus mir heraus. „Danke, Lilith", grinste Elijah. „Du siehst auch wunderschön aus." Ich lächelte mein Gegenüber glücklich an.

„Ich weiß nicht, ob das der richtige Zeitpunkt ist, ich hatte nie ein gutes Zeitgefühl, also verzeih' mir doch. Lilith, willst du meine Freundin sein?", fragte Elijah plötzlich. Überrascht sah ich ihn an. Wie konnte man da Nein sagen? „Aber natürlich!", strahlte ich. Elijah atmete hörbar erleichtert auf.

Ich war mit Elijah zusammen. Er war mein erster fester Freund. Wow, dieses Glücksgefühl war so überwältigend, es schien, als könnte nichts unser Glück zerstören.

„Hier Ihre Getränke", ertönte die Stimme des Kellers. Er stellte unsere zwei Gläser vor uns auf den Tisch. Wir bedankten uns und nahmen einen Schluck.

„Du weißt nicht, wie unfassbar glücklich du mich machst", murmelte Elijah. „Verdammt, doch. Ich fühle mich genau so", entgegnete ich. „Ich freue mich auf London", meinte Elijah. „Es ist echt schön dort, glaub' mir", erwiderte ich. „Natürlich glaube ich dir. Werden wir dann bei deiner Schwester schlafen?", wollte Elijah wissen. „Ja, dann müssen wir nichts zahlen. Du wirst Kathy mögen, ihren Ehemann River auch", antwortete ich.

Unsere Pizzen kamen eine Viertelstunde später und dufteten himmlisch.

„Isst du jetzt ernsthaft mit Gabel und Messer?", rief ich entsetzt. „Naja...", murmelte Elijah ertappt. „Was bist du für ein Psycho?", fauchte ich und nahm mein Pizzastück in die Hand. „Dein Psycho", grinste Elijah. „Na gut, das geht", seufzte ich auf.

Wir aßen auf und bezahlten. Besser gesagt, Elijah zahlte nach einer Diskussion. Ich verstand nicht, wieso er immer Geld ausgeben musste. Ich konnte doch auch mal etwas bezahlen!

„Keine Widerrede, honey", grinste Elijah und gab dem Kellner das Geld in die Hand. „Ich mag dich nicht", sagte ich beleidigt. „Ach so", meinte Elijah und stand auf. Ich erhob mich ebenfalls und wir verließen das Restaurant. Elijah fuhr ein Stück, bis wir vor einem Wald hielten.

„Du wirst mich umbringen", hauchte ich. „Stimmt", grinste Elijah teuflisch. „Versuch' ja nicht, mir Angst zu machen", drohte ich ihm. „Okay, honey", sagte Elijah vergnügt und legte seine Hand in meine. Mein Herz schlug bei diesem Kontakt ein wenig schneller.

Wir gingen eine Weile, bis der Wald endete und ein kleiner Abgrund vor uns lag. Die Aussicht war einfach atemberaubend, von hier aus sah man Lichter in Häusern brennen, Autos auf den Straßen fahren und die vielen Sterne am Himmel.

„Ich möchte dir noch etwas erzählen", sagte Elijah plötzlich. „Geht es um deine Vergangenheit?", mutmaßte ich. Elijah nickte. „Bitte hör mir einfach zu. Ich habe das noch nie jemandem erzählt und weiß nicht, ob ich schaffe, es auszusprechen." „Du musst nichts sagen, wenn du nicht willst", erwiderte ich. „Ich will aber", meinte Elijah. Ich nickte als Zeichen, dass ich ihm zuhörte.

„Weißt du, ich hatte nie Freunde. Es war eigentlich nie ein Problem, bis Zwillinge auf meine Schule kamen. Sie sind so abgrundtief böse, du kannst dir das gar nicht vorstellen. Der Junge hat angefangen mich zu mobben, da sowieso niemand hinter mir stand, um mich zu verteidigen. Ich war das perfekte Opfer. Das größte Problem war, dass ich mich in die Zwillingsschwester verliebte. Eine noch größere Angriffsfläche, die ich ihnen bot. Sie tat so, als würde sie mich lieben, um mich dann vor allen bloßzustellen. Ich weiß noch, wie sie mitten in der Cafeteria Schluss gemacht hat, mich verspottete, wie blöd ich doch sei. Das hat mich damals ziemlich mitgenommen."

„Elijah, sag' mir nicht, dass diese Narben an deinen Armen von dir selbst verursacht wurden", flüsterte ich entsetzt. „Du bist mein Licht in dieser Dunkelheit, Lilith. Dank dir geht es mir wieder besser", sagte Elijah sanft. „Bitte sag' mir nicht, dass du daran dachtest, dich umzubringen", wisperte ich verzweifelt.

„Lilith, ich habe meine Gedanken nicht kontrolliert. Sie haben mich im Griff."

wild words ✓Where stories live. Discover now