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Eine halbe Stunde später verließen wir das Café wieder. Elena hatte uns ihre Nummer gegeben und vorgeschlagen, dass wir mal zusammen mit ihrem Freund etwas machen konnten. Ich fand die Idee gut, allerdings flogen Elijah und ich am Freitag ja wieder nach Hause. Viel Zeit blieb uns also nicht unbedingt.

Es hatte bereits angefangen, ein wenig zu regnen. Die Wolken hatten eine graue Farbe angenommen, die Wassertropfen kamen immer schneller und größer. Der Regen wurde stärker. Wir gingen durch die Straßen und fanden schließlich ein alt aussehendes Geschäft. Als wir dieses betraten, konnten wir antike Gegenstände begutachten.

„Ich finde solche Sachen ja echt schön, aber sie passen nicht zu mir", meinte Elijah, als wir uns ein kleines Büchlein ansahen. „Ja, geht mir genau so. Ich liebe dieses Zeug, aber kaufen würde ich es trotzdem nicht", erwiderte ich. Wir verließen den Laden und schlenderten ein wenig weiter, bis ich mit einem Menschen zusammenstieß.

„Oh, entschuldigen Sie mich", sagte eine mir bekannte Stimme. Entsetzt riss ich die Augen auf. Das konnte doch nicht wahr sein!

Der Mann hatte diese giftgrünen Augen, welche ich immer bei Jared erkannte. Er trug einen Anzug und dazupassende Schuhe, professionell wie immer. Als ich seinen Blick sah, hatte ich keine Zweifel mehr. Vor mir stand mein Vater.

„Lilith."

Wütend starrte ich ihn an. „Wie kannst du es wagen, mit mir zu sprechen, nachdem du uns verlassen hast?!", rief ich und bemerkte, dass Elijah nun verstand, wen wir vor uns hatten.

„Lilith, du verstehst das nicht. Damals warst du jung, du musst etwas falsch verstanden haben", sagte Dad sanft und legte die Hand auf meine Schulter. „Fass' mich nicht an!", zischte ich und wollte seine Hand wegschlagen, was mir auch gelang. Allerdings schnappte der Mann nach meinem Arm und hielt mich fest.

„Haben Sie nicht gehört, was Lilith gesagt hat?", fauchte Elijah und stieß die Hand meines Vaters weg. „Du solltest einen Gang runterschalten, Junge", erwiderte Dad. „Wag' es nie wieder, überhaupt noch an uns zu denken! Weißt du, wie es uns ging, nachdem du gegangen bist? Ich verabscheue dich zutiefst!", entgegnete ich und zog Elijah weg von ihm.

Ich lief fast zwei Minuten so, bis Elijah mich stoppte.

„Es ist alles gut, Lilith", sagte er sanft und strich mit seinem Daumen über meine Wange. „Ich habe nicht erwartet, dass ich ihn noch einmal sehe. Es war grauenvoll für mich, als er gegangen ist, ohne mir etwas zu sagen", meinte ich und konnte die Träne nicht aufhalten, welche den Weg nach draußen gefunden hatte.

„Das verstehe ich wirklich, aber du solltest dich beruhigen. Er ist deine Tränen nicht wert", antwortete Elijah und fing die Träne mit seinem Daumen auf. „Danke", flüsterte ich und vergrub mein Gesicht in seinem T-Shirt.

„Wohin möchtest du denn jetzt?", fragte Elijah, als ich mich von ihm löste. „Am liebsten nach Hause", murmelte ich und musste nicht erklären, dass Kathys Haus genau so ein Zuhause für mich war. Elijah verstand mich immer, ganz egal, worum es auch ging.

„Ich frage mich, wieso Kathy noch nie auf Dad gestoßen ist", meinte ich schon ein weniger ruhiger, als wir durch die verlassenen Straßen gingen, unter einem grauen Himmel. „Vielleicht ist sie das ja schon, nur hat sie dir das nicht erzählt", entgegnete Elijah.

Ich betrachtete ihn ein wenig von der Seite. Seine Ohren hatten einen leicht rötlichen Ton angenommen, die Sonne schien nicht und dementsprechend war es ziemlich kühl. Elijahs Blick war nicht auf mich gerichtet, ich wusste, wie er sich gerade fühlte. Die Schönheit dieser Stadt war faszinierend, selbst wenn das Wetter nicht mitspielte. Vielleicht war dies ja der Punkt, welcher das Ganze hier perfekt machte.

Mein Blick glitt ein wenig nach unten und fiel auf unsere verschränkten Hände. Bei diesem Anblick wurde mir warm ums Herz. Ganz egal, wie viel Zeit vergehen würde, dieses Herzrasen würde nie aufhören.

„Elijah, ich liebe dich", rutschte es mir über die Lippen. Es waren ursprünglich nur meine Gedanken, die zu den wahrsten Worten wurden.

Elijah blieb stehen, also tat ich dasselbe. Seine Mundwinkel hoben sich, er sah mich an. Ich spürte und hörte mein Herz wild klopfen. „Lilith, ich liebe dich auch." Es waren die schönsten Worte, welche ich je gehört hatte. Nichts, absolut Nichts konnte unser Glück zerstören.

Ich hob meinen Kopf, streckte mich ein wenig und küsste Elijah. Nur wir zwei, küssend in einer verlassenen Straße, vergaßen alles, was uns belastete. Sei es der Tod Cassandras oder die Begegnung meines Vaters. Wir blendeten alles aus, nur einzig und allein wir waren wichtig.

„Mama, die machen Babies!", ertönte eine helle Stimme. Überrumpelt lösten Elijah und ich uns und erblickten ein kleines Mädchen, welches mit seinem Finger auf uns zeigte. „Schatz, die lieben sich nur", sagte die Mutter sanft und lächelte uns entschuldigend zu.

Die lieben sich nur.

Was hieß hier „nur"? Wir liebten uns, es war die schönste Tatsache in meinem Leben.

„Ich will auch mal einen Mann, der mich so mag wie der die da!", redete das Kind weiter. Ich musste lächeln. Das war verdammt süß.

„Oh, den wirst du treffen, da sei dir sicher. Aber jetzt komm' weiter und schrei' nicht so herum!", seufzte die Frau und zog ihre Tochter weiter.

„Stell dir vor, wir bekommen mal so einen Zwerg", sagte Elijah schmunzelnd. Es klang ironisch, doch ich spürte, dass Wahrheit in diesen Worten steckte. Und das ließ mich schon wieder schmelzen, denn die Vorstellung, mit Elijah eine Tochter oder einen Sohn zu haben, war einfach nur umwerfend.

wild words ✓Donde viven las historias. Descúbrelo ahora