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„Falls du Binden oder Tampons brauchst, die sind im Schrank, im Badezimmer", informierte Kathy mich, als wir in das Haus eintraten. Und erst jetzt fiel es mir siedend heiß ein. Erstarrt blieb ich stehen, mein Herz raste. Es war nicht zu hundert Prozent der Fall, zudem war es unser erstes Mal. Ungeschützt musste gar nichts heißen.

„Ist alles gut, Lilith?", fragte Elijah besorgt. Auch Kathy hatte bemerkt, dass etwas nicht stimmte. „Oh nein, alles gut", fälschte ich ein Lachen vor und hoffte, dass es glaubwürdig war. Skeptisch sah Elijah mich an. „Ich habe nur nachgedacht", behauptete ich. „Wie du meinst", murmelte der junge Mann immer noch nicht ganz zufrieden.

„Wen haben wir denn da?", ertönte Rivers Stimme. „Deine Schwägerin und ihr Freund", antwortete Kathy schmunzelnd. „Lilith hat einen Freund?" River trat in die Eingangshalle und sah Elijah und mich abwechselnd an.

„Hallo River", erwiderte ich augenverdrehend, musste aber doch lächeln. „Hallo Vergeben", erwiderte River zwinkernd und kam zu uns. „Elijah", sagte Elijah und schüttelte Rivers Hand. „Freut mich sehr. Du hältst es also mit Lilith aus?", fragte River. Ich warf Elijah einen tödlichen Blick zu, er grinste nur.

„Ach, Lilith ist ja eigentlich ganz lieb", meinte Elijah schließlich. „Ja, das stimmt. Wenn sie schläft", spottete Kathy. Ich zeigte ihr meinen Mittelfinger und sah drohend zu Elijah, damit er ja kein Wort mehr über mich verlor.

„Ich zeige euch mal euer Zimmer. Du solltest kochen, River", seufzte Kathy und gab ihrem Mann einen Kuss auf die Wange. „Ach ja, da war ja was!" River grinste verschmitzt und huschte wieder in die Küche. Ich verstand nicht ganz, wieso Kathy uns das Zimmer selbst zeigen wollte, da ich doch bereits wusste, wo das Gästezimmer war. Aber ich hatte definitiv andere Probleme.

Es bestand nur eine geringe Möglichkeit, dass ich... schwanger war. So etwas zu denken, erschien mir irgendwie unglaublich absurd. Außerdem war es etwas Normales, wenn die Regel ein paar Tage später kam,solange es sich nicht jedes Mal um Wochen handelte.

Elijah wollte ich noch nichts davon erzählen, ich konnte mir ja heimlich einen Schwangerschaftstest aus der Apotheke holen. Ich musste ja nicht schwanger sein, ich hatte keine Beschwerden. Nur meine Regel war drei Tage überfällig, stellte ich fest, als ich im Kopf nachrechnete. Das hatte rein gar nichts zu bedeuten.

Zu meinem Erstaunen gingen wir bei dem Gästezimmer vorbei, nach oben ins zweite Stockwerk. Dort war ich noch nie, Kathy hatte mir gesagt, dass es kein Stockwerk in dem Sinne war, sondern ein Dachboden. Allerdings war er damals nicht wirklich begehbar, da überall alte Möbel herumstanden und alles staubig war.

Als Kathy die Tür öffnete, war ich sehr verblüfft. Der Dachboden war einfach wunderschön.

„Wir haben ihn mehr oder weniger renoviert, ich dachte, es würde euch gefallen", meinte meine große Schwester lächelnd. „Er ist richtig schön", erwiderte ich begeistert.

In der Mitte stand ein weiß bezogenes Doppelbett, an beiden Seiten daneben ein Nachttisch. Es gab eine schmale Treppe , die nach oben auf das Dach führte, sowie große Fenster, welche das Licht in diesen Raum ließ. Das hier war wahrhaftig ein Traum.

„Es ist wirklich wundervoll, danke", sagte Elijah an Kathy gewandt und schenkte ihr sein wunderschönes Lächeln, das ich so sehr liebte. „Freut mich. Macht es euch gemütlich, aber kommt in zwanzig Minuten nach unten. Dann gibt's Essen, ich hoffe, ihr seid keine Vegetarier." Kathy zwinkerte uns zu und verließ den Raum.

„Ich mag deine Schwester, sie ist richtig nett", meinte Elijah. „Ja, das stimmt", erwiderte ich und öffnete meinen Koffer, um meine Sachen in den kleinen, weißen Schrank einzuräumen, welcher neben der Tür stand.

„Wieso warst du vorher so schockiert?", fragte Elijah plötzlich. Ich tat so, als würde ich etwas angestrengt suchen, um ihn nicht anzusehen. „Es ist alles in Ordnung", antwortete ich schlicht. „Du kannst mit mir reden, wenn etwas ist. Du weißt, dass ich dich nicht verurteilen würde, oder?", entgegnete Elijah. Ich antwortete nicht und hielt in meiner Bewegung inne.

„Lilith, was ist los?", wollte Elijah wissen. Sein Tonfall klang scharf. „Es ist... alles in Ordnung", erwiderte ich und erschrak, wie brüchig meine Stimme klang. Ich hörte seine Schritte und bemerkte, wie er sich zu mir kniete. Sanft legte Elijah seine Hand unter mein Kinn und hob es ein wenig an, sodass wir uns ansahen.

Eine winzige Träne kullerte meine Wange herunter, Elijah bemerkte diese sofort. Ich drehte meinen Kopf weg, weil ich nicht wollte, dass er dachte, dass etwas nicht in Ordnung war. Aber es war doch schon längst zu spät.

„Lilith, schau' mich an."

Ich presste meine Lippen aufeinander und versuchte, meine Tränen zu unterdrücken. Da meine Beine schon wehtaten, stand ich auf, Elijah tat es mir gleich. Er hielt mich an der Hand fest, als ich gehen wollte.  Schließlich drehte ich mich doch zu ihm um, sein Blick war voller Sorge.

„Du musst nicht mit mir reden, aber wenn ich irgendetwas für dich tun kann, sag es mir", bat Elijah mich. Ich schuldete ihm einfach eine Antwort.

„Elijah, ich habe Angst, dass ich schwanger bin."

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