Noch immer spüre ich seinen heißen Atem auf meiner Haut. Wie seine Zunge meine erkundet hat, vorsichtig, fast ehrfürchtig und doch verlangend und getrieben von Lust. Wie seine großen Hände mich gehalten haben, als wäre ich seins. Auch als das Flugzeug schon lange in der Luft ist, liegt dieser letzte Kuss weiterhin auf meine Lippen, als bräuchte ich ihn zum atmen. Und vielleicht tue ich das auch. Und diese Realisation, welche mehr als verzweifelt klingt, tut weh. Fuck.
Eine Woche später stehe ich auf dem Platz, die erste Schweißperle schon auf ihrem Weg über meine Stirn. An die Temperaturen habe ich mich immer noch nicht gewöhnt. Wie auch die letzten Trainingseinheiten zieht das Spiel regelrecht an mir vorbei und als auch unser Trainer merkt, dass ich lediglich körperlich anwesend bin, finde ich mich 55 Minuten später auf der Bank. Wo mein Kopf ist? Bei ihm. Und das schon seit wir in Qatar gelandet sind. Was ein Quatsch. Meine Gedanken waren schon Wochen bevor wir zur Weltmeisterschaft geflogen sind nur bei ihm. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in näherer Zukunft irgendwo anders sein werden. Hoffentlich hat er diese peinliche Performance meinerseits nicht mitverfolgt.
Die WM ist vorbei. Zumindest für uns. Ich befinde mich in demselben Sitz im Flugzeug wie auch schon auf unserem Hinweg. Lustlos stochere ich in dem Essen herum, welches uns gerade serviert wurde und versuche mich mit irgendeinem Film, von meinem Sitznachbarn in höchsten Tönen gelobt, abzulenken. Doch spätestens als sich der Hauptdarsteller und seine angebliche große Liebe in den Armen liegen, ist meine Laune endgültig im Eimer, wobei ich mit ziemlich sicher bin, dass sie dort schon die ganze Zeit gewesen ist. Zumindest seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Geküsst.
Als ich endlich meinen Koffer von Band nehmen kann, trotte ich mit meinen Kopfhörern auf Richtung Taxistand. Auch am letzten Tag in Qatar hätte ich alles dafür gegebenen, die erdrückende Hitze gegen das Wetter in England zu tauschen, doch jetzt wo ich wieder hier bin und im Regen stehe, frage ich mich, wie ich dieses trübe Wetter, welches meinem Gemüt gleicht, je vermissen konnte. Mit nassen Haaren setze ich mich in das nächst beste Auto und nachdem ich dem Fahrer meine Adresse gegeben habe, verbringe ich die Fahrt damit, mein seit unserem WM-Aus von Nachrichten und Mails überlaufendes Handy zu leeren. Von ihm kam nichts.
Es regnet immer noch, als ich aus dem Taxi aussteige und mit meinem Kopf Richtung Boden beeile ich mich meine Tür so schnell wie möglich zu erreichen. Doch plötzlich baut sich eine dunkle Gestalt vor mir auf, welche ich aufgrund des immer stärker werdenden Regens erst gesehen habe, als ich schon auf der kleinen Treppe stehe. Ich schrecke zurück, doch die Hand die nach mir greift, um mich vor einem Fall zu schützen, kommt mir mehr als bekannt vor. Und bevor ich mich versehe, schlingen sich die starken Arme um meinen Taille und ich werde an den Körper gepresst, welcher mir mit jedem meiner Atemzüge der letzten Wochen mehr und mehr gefehlt hat.
"Toni." flüstere ich in seine Schulter. Ich atme ihn ein und als sein Geruch mich umhüllt, kribbelt es in meinem ganze Körper, als wäre ich ein peinlich verknallter Teenager. Auf einmal sind mir die dicken Tropfen Wasser, welche langsam durch den Stoff meiner Kleidung dringen, egal. Weil er hier ist. Langsam lösen wir uns voneinander, unsere Blicke ineinander verfangen und weit davon entwerft sich je wieder zu trennen. Meine Hände liegen auf Toni's Brust, während er mich immer noch hält als seie ich aus Glas. Besonders.
"Ilkay ich kann so nicht leben. Ich will dich nie wieder so vermissen. Die letzten Wochen waren eine reine Qual. Folter. Ich weiß es war nur eine Nacht, doch ich wollte schon immer mehr. Ich -"
"Ich auch." hauche ich gegen Toni's Lippen, welche nur dafür gemacht sind, sich mit meinen zu verbinden. Eins zu werden. Und genau dies tut mein Gegenüber auch, als meine Worte bei ihm angekommen sind, mit so viel Vorsicht und Zärtlichkeit, dass ich glaube mein Herz könnte mir jede Sekunde die vergeht aus meiner Brust springen. Ich lege meine rechte Hand in seinen Nacken, ziehen ihn ein wenig zu mir runter, vertiefe unseren Kuss und ab diesem Moment an weiß ich, dass auch ich ohne dieses Gefühl nie wieder leben will. Toni nie wieder vermissen möchte.
-
840
⎯ ❝ 𝙖𝙪𝙩𝙝𝙤𝙧 '𝙨 𝙣𝙤𝙩𝙚 ❞ ⎯ für planetneptun 🫶🏻 hatte das pairing so nie im Kopf aber irgendwie lieb ich es
ich hoffe, ihr hattet alle einen guten Start in das neue Jahr danke übrigens für 20k reads :')