Kapitel 2

116 1 0
                                    

Louis:

Nachdem ich mich erleichtern konnte gehe ich zurück in die Kabine, wo nur noch ein kleiner Teil der Mannschaft sitzt. Ich gehe ohne ein weiteres Wort in die Halle und muss mich kurz orientieren. Meine Brüder unterhalten ich mit ihren Mannschaftskollegen und ich bin für einen kurzen Moment sehr verunsichert. Dann gehe ich einfach zu Niklas, der gerade mit Niclas, Patrick und Peke spricht. „Hey", murmle ich und stelle mich neben ihn. „Hey", lächelt er und legt einen Arm um meine Schulter, „du kannst bleiben und zuschauen." „Danke", strahle ich. „Dank nicht mir, sondern Filip", sagt er. „Mache ich noch", verspreche ich. „Alle mal herkommen!", ruft Filip in diesem Moment. Sofort setzen sich alle in Bewegung und Niklas zieht mich einfach mit. „Also, willkommen zur neuen Saison", sagt Filip, „wie ihr sehen könnt haben wir ein paar neue Mitspieler, die ich ja schon kennenlernen konntet. Und neben Niklas seht ihr den kleinen Bruder von unserem Brüder-Paar, der heute zur Ausnahme zuschauen darf." Er redet noch etwas weiter und dann kündigt er das Aufwärmspiel an. Ich laufe wieder zum Rand und beobachte alle genau. Es ist aufregend so viele Weltklasse Handballer beim Training zu beobachten. Wie gerne würde ich sowas auch machen. Aber das geht natürlich nicht.

Nach dem Training muss ich noch eine halbe Stunde auf die beiden warten, bis wir endlich losfahren können. „Wie hat es dir gefallen?", will Magnus im Auto wissen. „Gut, war nur etwas langweilig", antworte ich, „danke, dass ihr mit mir trainiert habt." „Kein Problem", lächelt Niklas und parkt auf einem freien Parkplatz, „gehst du rein?" „Natürlich", nicke ich, „bis gleich." Ich steige aus dem Auto aus und betrete den Kindergarten. Dort gehe ich zu der Gruppe von Arne und öffne die Tür. Ich kann mich nur einmal kurz umschauen, da werde ich schon stürmisch von Arne umarmt. „Hallo Großer", lächle ich. „Hallo Papi", strahlt er. Ich hebe ihn hoch und suche dann seine Erzieherin. „Ich nehme Arne jetzt nach Hause", informiere ich sie, „wie war er denn heute so?" „Er gewöhnt sich langsam ein", antwortet sie, „er redet nur noch nicht viel." „Ich hoffe das wird sich noch legen", seufze ich, „das hat er wohl von mir geerbt." „Versuch einfach weiter Deutsch mit ihm zu sprechen", rät sie mir, „dann wird er sich langsam an die Sprache gewöhnen." „Das mache ich schon", nicke ich, „zu Hause sprechen wir alle nur noch Deutsch." „Das ist doch ein Anfang", meint sie, „ich denke Arne wird sich bald wohlfühlen." „Das wäre doch schön", finde ich, „wir sehen uns nächste Woche." „Bis dann", lächelt sie. Ich gehe mit Arne zur Garderobe und helfe ihm mit seinen Straßenschuhen. Dann greife ich nach seinem Rucksack und nehme seine Hand. Zusammen verlassen wir den Kindergarten und gehen zu Niklas' Auto. „Ich hab' dich vermisst", erzählt er. „Ich dich auch, Großer", lächle ich, „aber die nächsten Tage werden wir ganz viel Zeit zusammen verbringen. Nur wir beide." „Au ja", strahlt er und hüpft auf und ab. „Na komm", lache ich und helfe ihm ins Auto und beim Anschnallen. Dann steige ich auf der anderen Seite ein und Niklas fährt los.

---

Ein paar Tage später haben Magnus und Niklas ihr erstes Testspiel. Gestern hatte Arne Geburtstag. Wir haben ihn den ganzen Tag beschäftigt und er durfte aussuchen, was wir unternehmen. Ich würde gerne zum Spiel mitkommen, aber ich bin mir was Arne angeht noch sehr unsicher. Deshalb bleiben Arne und ich zusammen zu Hause und machen uns einen entspannten Nachmittag. Ich muss sowieso nochmal etwas mit ihm klären. „Arne, hör mir mal bitte zu", sage ich und ziehe ihn auf meinen Schoß, „du wirst bald regelmäßiger in den Kindergarten gehen. Ich bin in ein paar Wochen täglich in der Uni und ich kann mich dann leider nicht so viel um dich kümmern. Deshalb bist du tagsüber im Kindergarten und am Abend spielen wir beide dann miteinander. Und ich möchte dich etwas darauf vorbereiten. Deshalb wirst du ab der nächsten Woche dreimal in der Woche in den Kindergarten gehen und nicht mehr nur einmal. Wenn es ganz schlimm wird kannst du mich anrufen und ich hole dich ab. Aber ich möchte, dass du versucht mit den anderen Kindern zu reden oder einfach nur mit ihnen zu spielen. Kannst du das für mich tun?" „Ich will nicht", quengelt er. „Ich weiß", seufze ich, „aber du musst dich mit den Kindern hier anfreunden. Du wirst in zwei Jahren in die Schule kommen." „In Deutschland?", fragt er. „Ja", nicke ich, „weißt du, Dänemark war nicht richtig für uns. Und hier in Kiel können wir ganz viele neue Freunde finden. Und dein Onkel Magnus und Onkel Niklas sind hier auch." „Die sind aber nie zu Hause", sagt er bockig, „immer nur dieses Handball spielen." „Das ist ihr Beruf", erkläre ich, „wenn du willst können wir bald mal ein Spiel von ihnen anschauen gehen." „Ja", nickt er freudig. „Dafür versuchst du aber Freunde im Kindergarten zu finden", fordere ich. „Okay", nickt er. „Geht doch", grinse ich und knuddle ihn einmal durch, „was wollen wir spielen?" „Verstecken!", ruft er, springt von meinem Schoß auf und rennt weg. „Ich zähle", rufe ich ihm hinterher und halte mir die Augen zu.

---

Die Zeit, als Magnus und Niklas um Trainingslager sind wird nochmal schwer für uns beide. Ich hatte die letzten Jahre immer Unterstützung von meinen Eltern oder hier in Kiel halt von meinen Brüdern. Und jetzt sind wir eine Woche auf uns alleine gestellt. Ein Neunzehnjähriger mit seinem vierjährigen Sohn. Niklas hat mir immerhin sein Auto geliehen, mit dem wir ein paar Ausflüge machen. Ich muss mir jeden Tag etwas Gesundes zum Essen einfallen lassen, Arne bespaßen und mich um den Haushalt kümmern. Zum Glück sind Magnus und Niklas sonst immer hier. Ganz alleine würde ich das niemals schaffen.

Lucky againWhere stories live. Discover now