Kapitel 14

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Louis:

Nachdem ich an der Uni fertig bin geht es wieder zum Kindergarten. Ich parke Niklas' Auto und gehe zu seinem neuen Gruppenraum. Es sind nicht mehr viele Kinder da und Arne kann ich auf den ersten Blick nicht entdecken. „Er ist in der Bauecke", ertönt eine Stimme hinter mir. Ich fahre überrascht herum und erblicke den Erzieher. „Danke", murmle ich und gehe zur Bauecke. Ich höre von dort schon Arnes leises Kichern, was mich sehr freut. Ein Blick um das Regal verrät, dass er gerade zufrieden mit Leon spielt. „Hallo Großer", begrüße ich ihn. „Papi!", strahlt er und springt auf um zu mir zu rennen. Ich hebe ich lachend hoch und schaue ihn seine strahlenden Augen: „Wie war dein Tag?" „Super!", strahlt er. „Das ist doch schön", finde ich, „wollen wir gehen? Wir gehen gleich zur Halle und Memel wartet bestimmt schon auf dich." „Okay", nickt er freudig. „Dann verabschiede dich mal von Leon", fordere ich ihn auf und setze ihn auf dem Boden ab. „Tschüss Leon!", ruft er. „Tschüss Arne", grinst der Andere und ich gehe mit Arne zur Garderobe. „Willst du wiederkommen?", frage ich ihn. „Ja", nickt er. „Okay, ich kümmere mich darum", verspreche ich.

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Heute bin ich schon den ganzen Tag sehr nervös. Ich kann nicht genau sagen woran es liegt. Es ist bis jetzt alles super gelaufen. Arne hatte Spaß im Kindergarten, beide Trainingseinheiten liefen gut und ich konnte auch noch das für die Uni erreichen, was ich mir vorgenommen habe. Ich habe Arne schon ins Bett gebracht und ich komme irgendwie nicht zur Ruhe. Eigentlich bin ich müde, aber ich kann einfach nicht schlafen. Deshalb sitze ich im Wohnzimmer und schaue eine Serie, wobei ich dieser kaum Aufmerksamkeit schenke. Ich hole mir nochmal etwas zu trinken und dann überrollt es mich. Die Erinnerung an damals. Ich kann meinen Körper nicht mehr steuern und weiß einfach nicht was ich tun soll. Ich sinke in mich zusammen auf den Küchenboden und Tränen laufen meine Wangen herunter. All die Gefühle von damals prasseln auf mich ein. Scheiße, ich hasse dieses Gefühl. Ich fange an weniger Luft zu bekommen, weil ich Panik bekomme. „Papi?", ertönt die leise Stimme von Arne. Scheiße, was soll ich machen? Ich kann mich doch jetzt nicht um ihn kümmern! Was soll ich tun? „Handy", krächze ich hervor. Ich weiß nicht ob Arne es gehört hat. Ich nehme ihn kaum war und spüre nur dieses eine Gefühl. „Hier", murmelt der Kleine leise. Ich nehme das Handy zitternd entgegen und überlege für einen Moment, wen ich am Besten anrufen sollte. Niklas! Er ist mein großer Bruder und ihn kann ich immer anrufen.

Niklas:

Ich werde durch das Klingeln meines Handys aus dem Schlaf gezogen. Es ist Louis. Was will Louis mitten in der Nacht von mir? „Lou?", frage ich deshalb also verwirrt. „Niki", ertönt ein Schluchzen am anderen Ende der Leitung. „Louis, was ist los?", frage ich besorgt. „Er weint, Onkel Niklas", ertönt die Stimme meines Neffen, „ganz viel, und er zittert ganz doll." Natürlich, wie konnte ich es vergessen, heute ist es fünf Jahre her. Vor fünf Jahren wurde Arne gezeugt. Louis hat jedes Jahr so eine Art ‚Anfall' und auch, wenn er die Vergewaltigung mittlerweile verarbeitet hat trifft es in jedes Mal sehr schlimm. Er hat immer eine Art Flashback und spürt die Gefühle nochmal. Und dieses Mal ist niemand da, der ihm helfen kann. „Okay Arne", seufze ich, „ich rufe jetzt Rune an. Kannst du bitte ganz mutig sein und sobald es dreimal klingelt die Tür öffnen." „Okay, Onkel Niklas", murmelt Arne. Ich lege auf, damit ich schnell Rune anrufen kann. Es dauert etwas, bis er rangeht. „Niklas?", kommt es verschlafen vom anderen Ende. „Gut das du drangehst", seufze ich erleichtert, „du musst dringend zu Louis fahren. Er hat eine Panikattacke und Arne ist wach. Bitte, du musst dich um ihn kümmern." „Natürlich", verspricht Rune, „ich bin sofort unterwegs. Was ist mit Louis los?" „Er erinnert sich an die Vergewaltigung", erzähle ich, „das macht er jedes Jahr. Nur ist er heute alleine mit Arne." „Ach du Scheiße", flucht Rune, „ich beeile mich, versprochen." „Danke", seufze ich, „und klingle bitte dreimal, damit Arne die Tür aufmacht." „Versprochen", sagt Rune, „ich schreibe dir später." Damit legt er auf. Den Rest der Nacht warte ich auf eine Antwort von Rune. Ich mache mir große Sorgen um meinen kleinen Bruder. Ich hoffe ihm geht es gut. Die lange Nacht zeigt sich am nächsten Morgen: Ich bin todmüde.

Nachträglich frohe Weihnachten euch allen und einen guten Rutsch.

Lucky againWhere stories live. Discover now