Kapitel 21

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Louis:

„Louis, großes Problem", sagt Sander gestresst, „Arne ist vom Klettergerüst gefallen. Es tut mir leid, wirklich. Ich habe die ganze Zeit auf ihn aufgepasst, versprochen." „Was ist mit ihm?", frage ich sofort. „Sein Arm tut wohl sehr doll weh und er weint. Ich bringe ihn ins Krankenhaus", antwortet der Norweger und ich kann Arne tatsächlich im Hintergrund hören. „Scheiße", fluche ich, „seine ganzen Dokumente und so sind in der Seitentasche von seiner Tasche. Fahr einfach mit ihm zum Krankenhaus und ich überlege mir etwas. Melde dich bitte, wenn es etwas neues gibt." „Mache ich", verspricht Sander und legt auf. „Was ist los?", will Luca wissen. „Sander muss mit Arne ins Krankenhaus", informiere ich die drei und springe schnell auf, „ich bin bei Niklas." Ich stürme aus dem Zimmer und hämmere an die Zimmertür meines ältesten Bruders. Er öffnet die Tür und ich stürze sofort in seine Arme. „Lou, was ist los?", fragt er besorgt. „Arne muss ins Krankenhaus", erkläre ich ihm überfordert. „Okay, komm rein", seufzt Niklas und zieht mich ins Zimmer. Dort setzt er mich auf dem Bett ab und kniet sich vor mich hin. „Ganz ruhig Lou", sagt er, „was ist passiert?" „Arne ist vom Klettergerüst gefallen und Sander bringt ihn jetzt ins Krankenhaus", berichte ich, „mein Baby braucht mich doch. Ich bin doch sein Vater." „Wir warten jetzt erstmal ab, bis Sander sich meldet, okay?", sagt Niklas, „sonst kannst du Arne nicht helfen. Hat Sander denn Arnes Dokumente, die er vielleicht braucht?" „Ja", nicke ich, „sie sind in Arnes Tasche und ich habe Sander das gesagt." „Das ist doch schonmal gut", nickt Niklas, „vielleicht reicht das ja. Und wenn sie mit einem Elternteil sprechen möchten ruft Sander dich an." „Ich habe ihn weinen gehört", erzähle ich, „es war so schlimm. Ich will das nie wieder hören." „Komm mal her", murmelt Niklas und zieht mich eng in seine Arme, „Sander schafft das. Du kannst nicht anderes tun als abwarten und natürlich ist das schlimm. Aber du musst dich entspannen, weil du Arne so bestimmt nicht hilfst." „Okay", nicke ich. „Weißt du, damals als Arne geboren wurde haben Magnus und ich auch nur von Mama die Nachricht bekommen, dass du ihm Krankenhaus bist. Damals waren wir im Trainingslager und wir konnten uns absolut nicht konzentrieren. Alfred war total sauer auf uns und am Ende haben wir ihm grob erzählt was los ist. Wir haben die ganze Zeit auf eine Nachricht gewartet und waren gestresst, als es keine Neuigkeiten gab. Und wir mussten lange warten. Mama und Papa waren bei dir und haben sich nicht gemeldet. Und niemand anderes wusste irgendwas. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie so viel Angst um dich. Du warst 15 und ehrlich gesagt hatten Magi und ich beide Angst, dass du das nicht schaffst, weil du doch unser kleiner Baby Bruder bist. Und dann hat Mama ein Bild von Arne geschickt. Das erste Mal, dass ich den Kleinen gesehen habe. Magnus ist überglücklich in meine Arme gesprungen und ich glaube manche ehemaligen Mannschaftsmitglieder fragen sich bis heute was da los war. Man konnte auf dem Bild sofort sehen, wie ähnlich ihr seid. In dem Moment war ich so unendlich stolz auf dich. All den Stress, die Angst, die Tränen in den Monaten davor haben sich ausgezahlt. Du hast es geschafft. Du hast dein kleines Baby bekommen. Du hast es geschafft, du hast gekämpft und es hat sich ausgezahlt. Und das musst du jetzt auch denken. Natürlich hat Arne gerade Schmerzen. Aber Arne ist stark und er kann das schaffen", muntert Niklas mich auf. „Danke, dass du mir das erzählt hast", lächle ich und umarme ihn mit Tränen in den Augen. „Arne ist dein Sohn, er hat deine Gene. Und er ist genauso stark wie du. Ich kenne niemanden, der stärker ist", sagt mein Bruder. „Danke", flüstere ich. „Glaubst du, du kannst heute spielen?", will er wissen. „Ich versuche es", sage ich, „vielleicht können Arne und Sander es ja doch irgendwie schauen." „Das ist genau, was ich hören möchte", grinst mein Bruder. „Ich glaube ich gehe zurück zu den anderen", sage ich, „ich bin sehr schnell abgehauen." „Mach das", nickt Niklas, „wenn du mich brauchst kannst du immer vorbeikommen. Und bitte halte mich auf dem neusten Stand." „Mache ich", verspreche ich, „bis später."

Ich gehe zurück zu den anderen und Henri lässt mich wieder ins Zimmer, als ich anklopfe. „Was ist genau passiert?", will Luca wissen. Ich erzähle ihnen alles, was ich von Sander weiß und lasse mich dann erschöpft auf eines der Betten fallen. „Das wird schon wieder", sagt Luca optimistisch, „Arne ist ein starker Junge." „Das ist er", lächle ich, „mein kleines Baby. Ich will nur nicht, dass er alleine ist." „Was ist denn mit deinen Eltern?", schlägt Ben vor. „Ne, die will ich nicht nach Kiel schicken", winke ich ab, „wir sind ja morgen Mittag wieder zurück." In dem Moment vibriert mein Handy in meiner Hosentasche. Ich ziehe es hervor und sehe, dass ich eine neue Nachricht von Sander erhalten habe.

Sander: Wir sind jetzt in der Notaufnahme. Arne hat sich etwas beruhigt, aber er weint noch etwas. Es wird wohl auch noch dauern, bis wir dran sind.

Louis: Hat er starke Schmerzen?

Sander: Er hält seinen Arm die ganze Zeit fest, also denke ich schon.

Louis: Kannst du mich vielleicht anrufen?

Sander: Klar, einen Moment.

Zehn Sekunden später wird mir ein Videoanruf von Sander auf dem Bildschirm angezeigt. Ich nehme ihn sofort an und sehe sofort die Gesichter der beiden. Arne scheint auf Sanders Schoß zu sitzen und er sieht mit roten Augen in die Kamera. „Hallo Großer", lächle ich, „wie geht's dir?" „Arm tut weh", murmelt er. „Ich weiß", seufze ich, „aber die Leute im Krankenhaus werden dir helfen. Du musst ihnen nur zuhören und bitte das machen, was sie dir sagen. Kannst du das machen?" „Ja", murmelt er und legt seinen Kopf auf Sanders Schulter ab. „Morgen bin ich wieder da", verspreche ich. „Okay", sagt er leise. „Kannst du ihm vielleicht Schmerzmittel besorgen?", frage ich Sander, „also seinem Alter entsprechend." „Ich frage mal nach", verspricht der Rückraumspieler. „Okay Großer, wenn du gleich in einen anderen Raum gehst musst du bitte auf Sander und die Ärzte hören. Sie wollen dir nur helfen. Und das kann vielleicht etwas gruselig werden, aber danach wird es dir besser gehen. Versprichst du mir das?" „Ja Papi", nickt er. „Wir schaffen das, oder Arne?", sagt Sander zuversichtlich und mein Sohn nickt zustimmend. „Sehr gut", sage ich zufrieden. „Dürfen wir Hallo sagen?", fragt Ben von der Seite. „Klar", lache ich und schon sitzen alle drei neben mir und winken Arne kurz zu. „Wenn etwas ist rufe ich dich an", sagt Sander zu mir, „spielst du heute mit?" „Ich denke schon", nicke ich, „Memel bekommt mein Handy und soll mich von der Platte holen, falls ihr mich braucht. Zögere nicht mich anzurufen. Arne ist mir wichtiger als das Spiel." „Alles klar", nickt Sander, „viel Glück euch. Ruf nach dem Spiel einfach mal an." „Mache ich", sage ich und er legt auf. „Siehst du, Arne lebt noch", lacht Luca und wuschelt mir durch die Haare. Ich verdrehe genervt meine Augen und schalte mein Handy aus. „Scheiße, sowas ist das Schlimmste am Vatersein", finde ich.

Lucky againWhere stories live. Discover now