5. Dezember

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Den ganzen Tag wird der Weihnachtsmarkt besucht. Mein verstecktes Nest aus herrenlosen Kuscheltieren hat bis jetzt noch niemand gefunden. Ich habe mir einen Stand gesucht, an dem sie Würstchen grillen und andere Lebensmittel verkaufen. Hier ist es den Betrieb über schön warm, aber auch laut und hektisch. Wenn es mir zu viel wird, errichte ich mir vielleicht noch ein zweites Lager.

Jetzt aber liege ich zwischen den Kuscheltieren und genieße die Wärme des riesigen Grills. Ab und an kommt einer der Mitarbeiter vor mich an die Theke und ich blinzele müde durch die Getränkekisten zu ihm hoch. Sie haben hier viel zu tun und so viele hungrige Mägen zu füllen. Meiner ist auch leer. Wenn der Stand heute Nacht schließt, durchsuche ich die Mülleimer der Umgebung. Vielleicht lassen die Mitarbeiter hier ihre Reste für mich erreichbar.

Im Augenblick reicht es mir, ein warmes Plätzchen gefunden zu haben, an dem ich bis auf die Lautstärke ungestört bin. Ich lege meinen Kopf wieder auf die Kuscheltiere und atme die Wärme ein, bis sie durch meinen Körper fließt. Es ist schwer, bei diesem Duft in der Nase zu schlafen, aber ich bin so müde, dass ich bald sanft in ein Land der Grillbratwürste abdrifte.

Später, als die Dunkelheit der Nacht den Weihnachtsmarkt umarmt, wache ich auf und strecke meine verschlafenen Glieder. So gut habe ich lange nicht mehr geschlafen!

Um mich herum arbeiten die Menschen immer noch, grillen weiterhin verführerische Bratwürste, doch der Ansturm hat nachgelassen. Ihre Beine wandern unablässig hinter den Kisten entlang.

Bis jemand sie ruckartig zur Seite schiebt.

Bitte nicht!

Ich zucke zusammen, mache mich so klein ich kann und drücke mich in mein weiches Nest. Wenn sie mich hier finden, jagen sie mich wieder fort!

Das runde Gesicht einer Frau starrt mich mit aufgerissenen Augen an. Unterwürfig blicke ich zu ihr zurück. Ich habe den ganzen Tag über keine Probleme bereitet, also bitte. Ich will nur die Wärme hier genießen!

Aufgeregt zeigt die Frau ihren Kollegen ihren neuesten Fund und bald sehen mich vier weitere Gesichter an. Keiner bewegt sich hektisch. Keiner greift zu einem Gegenstand, um mich zu schlagen – zu vertreiben. Einige lächeln mich sogar an, gehen auf die Knie und halten mir ihre Hand hin.

Ich nähere mich ihnen nicht. Zu groß ist die Gefahr, dass sie mich dann packen und wegschleifen.

Dann stellt mir einer der jungen Männer eine Pappe mit zwei der gutriechenden, saftigen, warmen Bratwürste und einen Plastikbecher mit sauberem Wasser hin. Jetzt gucke ich ihn mit riesigen Augen an.

Waren sie wirklich bereit, mich hierzubehalten, mir Wärme und Nahrung anzubieten?

Ich rühre keinen Muskel. So viel Gutes hat mir noch keiner getan. Irgendetwas stimmt nicht. Nach einer Weile hören die fünf auf, mich anzustarren und entfernen sich von mir. Die Erste verabschiedet sich und geht, der Zweite, schließlich auch der Letzte.

Ich kauere immer noch in meinen Kuscheltieren und wage erst, von ihren Geschenken zu kosten, als ich völlig allein bin. Gierig verschlinge ich die Bratwürste und trinke von ihrem eisigen Wasser.

Warm hätte mein Mahl sicher besser geschmeckt.

Ein Geist im SchneeDonde viven las historias. Descúbrelo ahora