21. Dezember

10 4 8
                                    

Ich torkele die Straße entlang. Hunger. Alles, was ich gestern gegessen habe, ist jetzt wieder draußen. Woher hatten die Kinder meine Mahlzeiten?

Sicher nicht vom Weihnachtsmarkt. Ich sollte in einigen Läden nachsehen, ob es da etwas für mich gibt. Vielleicht solche, in denen alle kaltes Essen in Hülle und Fülle kaufen.

Solche mit gläsernen Türen, die sich von selbst bewegen, wenn man davorsteht. Nur, dass sie mich nicht erkennen. Ich laufe davor herum, stelle mich vor den Eingang, aber selbst Hüpfen hilft nicht – für Geister öffnen sich keine Türen.

Für Menschen allerdings schon. Also verstecke ich mich und husche dem nächsten nach. Ein Luftstoß Wärme bläst mir den Rücken hinab und schüttelt meinen Frost augenblicklich von meinen Gliedern.

Herrlich, wie das auf der Haut prickelt! Ich hätte wirklich schon früher herkommen sollen.

Nur wo kann ich mich verbergen? Es gibt keine Kuscheltiere zum Nachahmen, um unbemerkt zu bleiben. Lediglich tausende Tüten in Millionen Größen und Farben.

Also schnell! Ich suche mir etwas zu Essen und verschwinde, bevor ich gesehen werde.

Nicht dieses Regal, nicht das, nicht das nächste. Und überhaupt: Warum sieht jeder Gang exakt gleich aus?

Ein verführerischer Duft dringt in meine Nase und mein Mund schmilzt. Essen!

Ausgestellt hinter Glas, damit jeder – aber auch wirklich jeder – es sehen kann. Von dort kann ich unmöglich etwas klauen.

Und trotzdem ...

Ich versuche es einfach. Wie viel schlimmer soll es schon kommen? An der Schwingtür vorbei gelange ich in einen vor Kunden abgeschirmten Raum. Hier gibt es ja noch viel mehr!

Und ich bin allein.

Die Gelegenheit muss man doch nutzen!

Das Nächstbeste, was mich anduftet, stopfe ich mir in den Mund. Keine Zeit, zu genießen, nur zu essen. Satt muss ich werden, nicht mehr. Mein Bauch schmerzt von meiner ausgiebigen Mahlzeit, aber das ist egal.

Dann brüllt ein Mann hinter mir.

Im nächsten Moment trifft mich ein Schlag in die Seite und ich pralle gegen eine Metallkiste. Ich versuche, Luft zu holen, aber es geht nicht.

Der Mann packt mich am Bein und reißt es herum. Ich jaule auf und Schmerz feuert mir den ganzen Rücken hoch. Er schleudert mich umher, bis ich kopfüber in seiner Hand hänge, mein Bein völlig verdreht.

Mir bleibt der Aufschrei in der Kehle stecken.

Schließlich stapft er mit schweren Schritten durch einen Hinterausgang und wirft mich in den Schnee. Eine letzte Drohung brüllt er mir noch entgegen, bevor die Tür wieder zuknallt.

Ich bleibe liegen. Mein Bein!

Bei dem Versuch, es zu bewegen, schreie ich auf. Was hat der Mann mit mir gemacht?!

Ein Geist im SchneeWhere stories live. Discover now