7. Dezember

11 4 5
                                    

Kalt. Heute fällt wieder neuer Schnee.

Ich hasse Schnee.

Von meinem Platz unter den Tannen sehe ich auf die Wege, beobachte die dicken, weißen Flocken, die wie tödliche Wattebausche alles unter sich begraben und erfrieren. Pestgeschwüre!

Die Grillstandbetreiber haben mich rausgeworfen. Mein Nest zerstört und mich weggejagt, als ich es aufsuchen wollte. Jetzt friert meine Haut auf den eisigen Pflastersteinen beinahe fest.

Ich hätte ihre Bratwürste doch nicht ablehnen sollen.

Jetzt muss ich in der Kälte verharren und nach weggeworfenen Resten suchen. Ich sollte den Weihnachtsmarkt verlassen. Hier gibt es nichts mehr für mich.

Ich husche hinter den Ständen ins Freie, weit weg vom Getümmel derer, die diese Jahreszeit lieben. An einem Bistro gibt mir ein Mann lauwarme Häppchen und Wasser. Zum Warmwerden reicht es nicht, aber zumindest, um wieder aufzutauen. Und, um etwas im Magen zu haben.

Nach dem Essen verstecke ich mich in einer leeren Seitengasse. Der Schnee fällt immer noch, durchnässt mich auf die Knochen.

Was ist so schön am Winter?

Alle anderen tragen Kleidung, die sie schützen. Ich nicht. Sie werden nicht nass, müssen nicht frieren. Sogar die Kinder haben Decken, die sie um sich geschlungen haben.

Moment.

Ich hebe den Kopf und spähe dem Kind auf der anderen Straßenseite nach. Es hält einen weißen Plüschhasen mit roter Glöckchenschleife vor der Brust und sucht nach etwas.

Ich gehe ein, zwei Schritte auf den Gehweg. Warum schlingt es eine Decke um die Schultern, wenn es eine Jacke darunter trägt?

Das Kind blickt direkt zu mir.

Kurz sieht es erst zur einen Seite, dann zur anderen und läuft über die Straße, bis es vor mir steht. Es strahlt übers ganze Gesicht, als es mir seinen Hasen zeigt. Ich sehe auf. Will es mir danken?

Das Kind schwingt sich die Decke über den Arm und führt mich in die Gasse zurück. Es räumt Müll und Sperrholz weg und stellt einen Karton auf sie Seite, dass ein Boden und ein Dach entstehen. Die riesige Decke faltet es dreimal und legt es in den Karton, klopft freudig darauf. Ich setze mich neben das Kind.

Die Decke ist warm und duftet nach Tanne und Zimt. Wie aus einem Reflex heraus geben meine Beine nach und ich sacke auf das Polster. Das ist ja fast wie ein eigenes Zuhause!

Eine warme Hand mit kalten Fingerspitzen rubbelt mich mit einem Tuch trocken und deckt die Decke über mich. Ich versinke in einem warmen, weichen, süßen Traum.

Ein Geist im SchneeWhere stories live. Discover now